Thema Fall Peggy: Ein Stück Rechtsfrieden

Von Manfred Scherer
Kurier-Gerichtsreporter Manfred Scherer Foto: Harbach Foto: red

Ein verschwundenes Mädchen schreibt Kriminal- und Justizgeschichte. Peggy Knobloch, das Mädchen mit den strahlenden blauen Augen, ist verschwunden. Wie vom Erdboden verschluckt. Tot? Man weiß es nicht, man glaubt es.

 
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Dass das Landgericht Bayreuth gestern Ulvi Kulac vom Vorwurf des Mordes an Peggy freigesprochen hat, war für viele schon vor dem spektakulären Wiederaufnahmeverfahren ausgemachte Sache. Zwingend logisch war es vor dem Prozess nicht.

Denn die öffentliche Kritik an der ersten Verurteilung griff sehr kurz: Ein Dorfdepp mit einem Intelligenzquotienten von 60 wird zum Sündenbock gemacht, als Täter präsentiert, als Antwort auf die Sehnsucht nach der Aufklärung eines Mysteriums. Als Antwort auf die Frage: Wo ist Peggy? Nach dem Ersturteil gegen Kulac schossen Spekulationen ins Kraut, Verschwörungstheoretiker schwadronierten, Mollathisten und Ulvianer witterten Skandal. Der Rechtsfrieden war gestört.

Erst im Verlauf des Wiederaufnahmeverfahrens wurde der Freispruch zwingend logisch. Es gibt immer noch keine Sachbeweise. Es gibt nicht zu behebende Zweifel an dem Geständnis, das Ulvi Kulac damals widerrufen hatte und das die Basis für den Schuldspruch in Hof gewesen war. Und wenn der einzige Beweis wackelt, dann ist eben freizusprechen.

Dem Landgericht in Bayreuth ist ein transparentes Gerichtsverfahren gelungen. Es hat die Zweifel an der Glaubhaftigkeit des umstrittenen Geständnisses vorbildlich herausgearbeitet. Es war ein Verfahren, das die Probleme und die Widersprüche in den Ermittlungen aufgezeigt hat: Kulacs Geständnis war der einzige Strohhalm, an den die Ermittler sich klammerten – vielleicht zu sehr.

Es war ein Verfahren, das mit Verschwörungstheorien und Mythen rund um den Fall Peggy aufgeräumt hat. Es war ein Verfahren, in dem die Justiz auch über sich selbst zu Gericht gesessen hat. Dass sie sich selbst korrigieren kann, wenn auch unter großen Mühen, das ist die Botschaft dieses Urteils. Eine Botschaft, die ein Stück Rechtsfrieden zurückbringt. 


manfred.scherer@kurier.tmt.de

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