Die rechtliche Würdigung wird wohl nicht ganz einfach werden. Das Gesetz verpflichtet eine Kommune, einem Menschen in Not ein Dach über dem Kopf bieten zu müssen. Wie das beschaffen sein muss, ist ebenfalls geregelt: Mindestens zehn Quadratmeter muss das Quartier haben, einen Stuhl, einen Tisch, ein Bett. Eine Gemeinschaftstoilette ist ebenso erlaubt wie die Wasserentnahme auf dem Flur.
Eine Obdachlosenunterkunft ist nicht als Wohnung auf Dauer zu sehen. Das Problem: Weil sie aus unterschiedlichen Gründen in eine "normale" Wohnumgebung kaum zu vermitteln sind, hausen die Betroffenen oft jahrelang, manche bis an ihr Lebensende, in diesen Notunterkünften.
Nur das Dach über dem Kopf ist Sache der Stadt
Über die reine Überlassung der Unterkunft hinaus ist die Stadt für alle weiteren Dinge nicht zuständig. Nur das Dach über dem Kopf ist Sache der Stadt, sagt Juristin Diana Edelmann. Werden, beispielsweise durch die nötige Versorgung von Wunden, Hilfsmittel gebraucht, ist dafür die Sozialhilfe beim Landratsamt zuständig. Unter Umständen kommt auch der Bezirk für Hilfen in Frage. Wegen des Lebensunterhalts muss sich ein Betroffener an das Jobcenter wenden.
Überall sind Termine zu vereinbaren und einzuhalten, sind Anträge auszufüllen, Nachweise zu erbringen. Man muss nicht Experte sein, um zu sehen, dass das diese Menschen oft regelrecht weit überfordert. Es ist auch für gut gebildete und gesunde Menschen nicht ganz einfach, die Unterschiede zwischen einer reinen Verwaltungssache, der Sozialhilfe und der sozialen oder medizinischen Betreuung zu begreifen.
Ein Teufelskreis startet, der oft genug in Verwahrlosung endet. Nicht selten sind die Unterkünfte voller Müll, die Bewohner oft genug betrunken. Vielen ist zudem ein tiefes Misstrauen regelrecht eingepflanzt. Der Richter? Der will den Hartz-IV-Empfänger nur abwimmeln. Vermieter? Die wollen sich nur bereichern. Ein Krankenhaus? Da kümmert sich eh keiner. Die Stadt? Die weist einen Betroffenen womöglich gar absichtlich in eine so armselige Unterkunft ein, um ihn dauerhaft loszuwerden.
Abwärtsspirale
So kommt die Spirale in Bewegung, die immer weiter abwärts führt. "Menschen, wie wir sie oft in unseren Unterkünften haben, gehen nicht zu Ämtern. Man muss zu diesen Menschen gehen. Aufsuchende Sozialarbeit ist das Stichwort", sagt Diana Edelmann.
Genau das soll noch in diesem Jahr in der Stadt Kulmbach in die Tat umgesetzt werden. Soziale Betreuung soll den Menschen am äußersten Rand der Gesellschaft helfen, wenigstens wieder etwas besser Fuß zu fassen. Das fängt schon bei der Frage an, diese Menschen überhaupt wieder "mietfähig" zu machen, wie Diana Edelmann das nennt. Denn das ist die Grundvoraussetzung, überhaupt daran zu denken, die Obdachlosenunterkunft jemals wieder verlassen zu können.