Tausend Jahre in fünf Stunden

Von Norbert Heimbeck

Auf dem Marienplatz geht’s rund: Kinder toben, Kräuterfrauen und Pfannenflicker preisen ihre Waren an, der Türmer von St. Gangolf singt, eine große Wanne lockt zum öffentlichen Bad. Das Spektakel ist ein Vorgeschmack auf das erste Juli-Wochenende: Mehr als 200 Bürger der Stadt Hollfeld bringen Ereignisse aus der tausendjährigen Stadtgeschichte auf die Bühne.

 
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In fünf Stunden durch 1000 Jahre Hollfeld – das ist das Anliegen von Jan Burdinski. Der Regisseur des Fränkischen Theatersommers trägt die künstlerische Verantwortung für ein gewaltiges Projekt: Mehr als 200 Laiendarsteller soweit zu bringen, dass sie singend, tanzend und schauspielernd die Stadtgeschichte nachstellen. Carolin und Christoph Auer, Mitarbeiter des Theatersommers, unterstützen Burdinski in der Regiearbeit. Ihre Bühne ist der Marienplatz. Ihre Schauspieler sind Kinder, Hausfrauen, Stadträte und viele andere Bürger aus Hollfeld und den Ortsteilen Weiher, Wonsees, Krögelstein, Stechendorf und Tiefenlesau.

Bei der ersten Durchlaufprobe herrscht brütende Hitze, selbst abends um 20 Uhr ist es noch drückend schwül. Markus Seidler bläst ein Fanfarensignal und alle nehmen Aufstellung. Die Schauspieler sind fröhlich und aufgedreht, Carolin Auer hüpft barfuß zwischen ihnen umher und fängt an, Regieanweisungen zu geben. Jan Burdinski trägt trotz der Hitze einen schwarzen Hut, beugt sich zum Richtmikrofon in der Mitte der Wiese: „Spart eure Kräfte, es wird heute ein langer Abend werden.“ warnt er seine Schauspielertruppe und ermuntert sie gleich danach: „Ihr werdet sehen, im Laufe des Abends fügt sich alles in schöner Ordnung!“

Und dann geht es los: Gezeigt wird das Marktreiben in alter Zeit mit Kräuterfrauen und Kesselflickern, die Legende vom Irrglöcklein, der Einfall der Hussiten. Immer wieder kurze Unterbrechungen durch das Regieteam, Umbau der Szenerie, Neuordnung der Schauspieler. Trotzdem bleibt die Stimmung fröhlich. Manche, wie Bürgermeisterin Karin Barwisch, nutzen die Pausen, um ihren Text zu üben. Als Angelika Tzschoppe für die Badeszene im schrillen Einteiler auf die Bühne tritt, rutscht Burdinski ein „Aahh, Miss Hollfeld . . .“ heraus, Applaus.

Diese Badeszene ist offenbar die Ursache, dass Burdinski jetzt mehr als 200 Schauspieler zur Verfügung hat: „Wir arbeiten seit vielen Monaten an dem Stück. Anfangs war es mühsam, Leute dafür zu gewinnen. Beim Neujahrsempfang haben wir die Badeszene erstmals öffentlich gespielt. Damals haben die Leute gemerkt, was Amateure auf die Bühne bringen können. Und seither läuft’s.“ Die Texte hat eine Autorengruppe verfasst, die der Regisseur nur als „Hollfelder Schreibwerkstatt“ bezeichnet. Burdinski selbst hat einige der Szenen für das Spektakel bearbeitet, die beiden Auers gestalten mehrere der zehn Bilder.

Am ersten Juliwochenende wird das Spektakel vor Publikum aufgeführt. Es wird wohl kein gewöhnlicher Theaterabend werden. Zwischen den den drei Blöcken mit insgesamt zehn historischen Bildern gibt es einstündige Pausen. Am Gangolf und am alten Amtsgericht bieten mehrere Hollfelder Vereine Speis und Trank. Zusammen mit den Spielszenen müssen sich die Zuschauer also etwa fünf Stunden Zeit nehmen, um 1000 Jahre Stadtgeschichte an einem Abend zu erleben. Überfordert diese lange Dauer die Gäste nicht? Burdinski: „Wenn es kurzweilig genug ist, wohl kaum. Wir machen ja gastronomische Pausen, damit sie sich entspannen können.“ Wie sieht’s mit dem Wetter aus? Gibt es einen Plan B, falls es regnet? Burdinski: „Wir haben keine Wetter-Alternative. Da es keinen Saal gibt, der groß genug für unser Spiel ist, müssen wir im Freien bleiben. Aber ein wenig Regen soll uns nicht abhalten.“

Bis zur Premiere am 1. Juli proben die Schauspieler noch eifrig ihr großes Stück. Die Anwohner des Marienplatzes beobachten laut Jan Burdinski das Spektakel bereits sehr interessiert. Für das zahlende Publikum werden insgesamt rund 600 Sitzplätze aufgestellt.

Info: Das Spektakel wird am 1. und 2. Juli auf dem Marienplatz aufgeführt, Beginn ist jeweils 18 Uhr. Karten gibt es im Vorverkauf für fünf Euro im Rathaus, an der Abendkasse kosten sie sieben Euro. Kinder bis 16 Jahre haben freien Eintritt.

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