Streit ums beste Wasser

Von Thorsten Gütling
Die gute Nachricht vorweg: Überall in der Region kommt sauberes Wasser aus dem Hahn. Und dennoch: In Wasserpreis, -aufbereitung und Zustand des Leitungsnetzes gibt es deutliche Unterschiede. Archivfoto: dpa Foto: red

Die Juragruppe geht in die Offensive. Kein Wasser in der Region sei besser kontrolliert und laufe durch neuere Leitungen als das des Pegnitzer Wasserversorgers. Eine Recherche des Kuriers ergibt: In manchen Bereichen haben dagegen andere Versorger die Nase vorn. Beim Nitratwert und Wasserpreis bietet ein Nachbar der Juragruppe die Stirn. Und die Stadtwerke Bayreuth?

 
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Vergangenes Jahr hatte der Aufseßer Bürgermeister Ludwig Bäuerlein die Juragruppe im Verdacht. Als das Flüsschen Aufseß vor seiner Haustüre auf einer Länge von 200 Metern ausgetrocknet war, hieß es, der Wasserversorger habe zu viel Wasser abgepumpt. Der Vorwurf war nicht haltbar. Monate später, als in Aufseß über einen Anschluss an die Juragruppe diskutiert wurde, hieß es, das Wasser des Pegnitzer Versorgers müsse aufbereitet werden. Stimmt nicht, hält der Werksleiter der Juragruppe, Hans Hümmer, dagegen und droht mit Anzeige. Er spricht von einer Neid-Diskussion und sagt: „Wasser war auf der Welt immer schon ein Politikum.“ Warum andere neidisch sein sollten? Weil die Juragruppe offensiv mit Wasserqualität und dem modernsten Leitungsnetz wirbt. Zu Recht?

Eins vorneweg: Die Juragruppe wächst und wächst. Derzeit versorgt sie rund 24 000 Menschen in Pegnitz, Hollfeld, Waischenfeld, Pottenstein und Plankenfels mit Wasser. Bald kommen die Gemeinden Hummeltal, Ahorntal, Gößweinstein und Königsfeld dazu. Außerdem gibt es jede Menge sogenannter Wasserkunden, die sich an das Leitungsnetz der Juragruppe anschließen, für den Fall, dass die eigenen Wasserquellen einmal ausfallen. Insgesamt liefert die Juragruppe derzeit 1,2 Millionen Kubikmeter Wasser im Jahr an ihre Kunden und verfügt dazu über ein 186 Kilometer langes Leitungsnetz. Zum Vergleich: Die Stadtwerke Bayreuth versorgen mit einem 338 Kilometer langen Leitungsnetz rund 75 000 Menschen mit 5,1 Millionen Kubikmetern Wasser im Jahr. Darunter Bürger in Bayreuth, Gesees und Haag und bei Bedarf auch in Heinersreuth und Warmensteinach.

Wasserpreise von einem bis 3,65 Euro

Der Kubikmeter Wasser kostet bei der Juragruppe 1,80 Euro. Das ist etwas mehr als der Durchschnittspreis in der Region. Das günstigste Wasser gibt es derzeit beim Wasserverband Adlitz, Steifling und Brünnberg. Er ist so etwas wie das kleine gallische Dorf, liegt mittendrin im Versorgungsgebiet des Zweckverbandes Juragruppe, gehört ihm aber nicht an. Die 300 Menschen der Ahorntaler Ortsteile Adlitz und Brünnberg sowie des Pottensteiner Stadtteils Steifling benötigen etwa 21 000 Kubikmeter Trinkwasser im Jahr, und ein Kubikmeter kostet bei der Adlitzgruppe nur einen Euro. Allerdings wurde in den vergangenen Jahren mit durchschnittlich 6000 Euro auch wenig in das Wassernetz investiert. Derzeit wird über eine Sanierung von Tiefbrunnen, Hochbehälter und aller Versorgungsleitungen diskutiert. Spätestens dann wird der Wasserpreis im Ahorntal steigen.

Am teuersten ist das Trinkwasser in Bad Berneck, wo der Kubikmeter 3,65 Euro kostet. Bad Bernecks Bürgermeister Jürgen Zinnert erklärt das damit, dass das Wasser aus zehn verschiedenen Quellen im Fichtelgebirge kommt und zu weich ist. Im Ortsteil Heinersreuth musste daher eine Aufbereitungsanlage gebaut werden, die dem Wasser Kalk zusetzt. Die Kosten dafür zahlen die Verbraucher. Außerdem muss die Stadt mit ihren 35 Stadtteilen ein relativ großes Leitungsnetz unterhalten. Zum Vergleich: Das Wasser des zweiten Wasserwerkes, das nur die Stadtteile Rimlas, Wasserknoden, Hohenknoden und Köslar versorgt, kostet mit 1,67 Euro fast zwei Euro weniger pro Kubikmeter.

Bei den Stadtwerken Bayreuth kostet ein Kubikmeter Wasser 2,09 Euro. Den überdurchschnittlichen Preis rechtfertigen die Stadtwerke damit, dass sie 15 Tiefbrunnen bei Lehen, Seybothenreuth und am Eichelacker im Westen der Stadt unterhalten und damit so viele wie kein anderer in der Region. Dazu kommt das mit 338 Kilometern mit Abstand längste Leitungsnetz. Zudem sei das Verlegen und Reparieren von Rohren unter Asphaltdecken in der Stadt deutlich teurer als im Ackerboden auf dem Land. Die Benker Gruppe versorgt Teile von Bindlach, Goldkronach, Bad Berneck und Himmelkron mit jährlich 225 000 Kubikmeter Trinkwasser. Dort kostet ein Kubikmeter 1,38 Euro, in der Gemeinde Glashütten 1,43 Euro, bei der Seybothenreuther Gruppe 1,64 Euro, in Weidenberg 2,21 Euro und in Heinersreuth 2,50 Euro. Alle Preise sind Nettopreise. Sieben Prozent Mehrwertsteuer kommen obendrauf.

Alle bis auf zwei müssen aufbereiten

Unter den untersuchten Versorgern bereiten nur die Juragruppe und der Wasserverband Adlitz, Steifling, Brünnberg ihr Wasser nicht auf. Der Hauptgrund: Die Tiefe der Brunnen und die Beschaffenheit des Bodens. Das Wasser der Adlitzgruppe kommt aus einem 164 Meter tiefen Brunnen bei Adlitz im Ahorntal. Das der Juragruppe stammt nicht weit davon, aus einem bis zu 240 Meter tiefen Brunnen bei Scherleithen, Moggendorf und Bronn. Geografisch spricht man von der Veldensteiner und der Hollfelder Mulde, zwei der größten Trinkwasservorkommen Nordbayerns und dem größten Karst Bayerns. Über 20 Millionen Liter Neuwasser entstehen dort pro Jahr und von Menschenhand unberührt. Hümmer spricht von einem Glücksfall. Alle anderen Versorger müssen ihr Wasser aufbereiten. Das der Gemeinde Glashütten zum Beispiel stammt aus einem 100 Meter tiefen Brunnen am Ortsrand der Gemeinde und aus der Erzbühlquelle im Süden Glashüttens. Bevor es in das Leitungsnetz gepumpt wird, muss das Quellwasser entsäuert und von Uran befreit werden. Dem Brunnenwasser wird Mangan entzogen. Das Wasser der Gemeinde Heinersreuth stammt aus zwei Quellen bei Unterwaiz und Dörnhof und muss aufbereitet werden, weil es einen zu geringen pH-Wert aufweist. Aus dem gleichen Grund müssen die Gemeinde Weidenberg und die Seybothenreuther Gruppe ihr Wasser nachbessern. Und: Seit die Trinkwasserverordnung will, dass der Uranwert des Wassers gemessen werden muss, braucht die Benker Gruppe für einen ihrer Tiefbrunnen eine Uranfilteranlage.

Das Wasser der Stadtwerke Bayreuth wiederum ist zu weich und enthält zu viel Kohlensäure. Würde es nicht aufbereitet, würden mit der Zeit Rohre und Hausanschlüsse kaputtgehen. Jan Koch, Pressesprecher der Stadtwerke, sagt: „Es ist kein Qualitätsmerkmal für Trinkwasser, ob es aufbereitet werden musste oder nicht. Sobald es der Trinkwasserverordnung entspricht, kann es bedenkenlos ein Leben lang getrunken werden.“

Soviel wie die Juragruppe investiert kein anderer

Wie viel Wasser innerhalb des Leitungsnetzes verloren geht, deutet unter anderem darauf hin, ob das Netz marode oder in einem guten Zustand ist. Versorger in städtischen Gebieten haben aber grundsätzlich mehr Wasserverluste, weil mehr Hausanschlüsse auch mehr Schwachstellen bedeuten. Weil die Zweckverbände kostendeckend arbeiten müssen, bezahlen die Kunden das verlorene Wasser mit. Die Investitionsrate gibt an, wie viel Geld die Versorger pro verkauftem Kubikmeter Wasser in die Sanierung ihres Netzes investieren. Bei den Stadtwerken Bayreuth liegt dieser Wert mit 22 Cent unter dem Durchschnitt. Bei der Juragruppe sind es 93 Cent und damit so viel wie bei keinem anderen Versorger in der Region. Unter anderem deshalb gehen in Bayreuth pro Stunde und Kilometer Leitung 0,12 Kubikmeter Wasser verloren, bei der Juragruppe nur 0,01 Kubikmeter. Im Vergleich mit anderen städtischen Versorgern stehen die Stadtwerke damit im Mittelfeld, die Juragruppe im Vergleich mit anderen ländlichen Versorgern an der Spitze.

Die durchschnittliche Investitionsrate liegt in Bayern bei 31 Cent je Kubikmeter verkauftem Wasser. Ein Wert, über dem aber auch viele andere Versorger der Region liegen. In Heinersreuth werden 1,08 Euro pro Kubikmeter wieder in das Netz investiert. Vergangenes Jahr gingen dort über sieben Prozent des Wassers im Netz verloren. Bei der Benker Gruppe werden 47 Cent investiert, der Wasserverlust liegt dort bei drei Prozent.

Große Unterschiede beim Nitrat im Wasser

Beim Nitratwert unterscheidet sich das Trinkwasser in der Region stark. Nitrate sind Salze, die über Dünger in den Boden und damit in das Grundwasser kommen. Der Nitratwert der Juragruppe liegt in Pegnitz bei 14 Milligramm je Liter, in Hollfeld bei 27 Milligramm. Erlaubt sind 50 Milligramm. Mancher Wasserversorger in der Region liegt deutlich über dem Wert der Juragruppe, mancher aber auch deutlich darunter. Bei der Adlitzgruppe liegt der Nitratwert unter einem Milligramm pro Liter und damit so niedrig wie sonst nirgendwo in der Region. Im Wasser der Benker Gruppe finden sich 27 Milligramm Nitrat pro Liter, in Heinersreuth 24 Milligramm, in Altenplos nur 2,3 Milligramm. Große Unterschiede gibt es auch innerhalb der VG Weidenberg: Während der Nitratwert bei der Seybothenreuther Gruppe bei nur 1,4 Milligramm liegt, beträgt er in Weidenberg 30 Milligramm.

Den relativ niedrigen Nitratwert des Juragruppen-Wassers führt Hümmer auf freiwillige Ausgleichszahlungen an Landwirte im Wasserschutzgebiet zurück. Die sollen den Bauern dabei helfen, möglichst wenig Nitrat in den Boden zu bringen oder Zwischenfrüchte anzubauen, die das Nitrat wieder herausholen. Solche Ausgleichszahlungen leistet aber nicht nur die Juragruppe. Auch die Creußener Gruppe, die Gemeinden Heinersreuth und Weidenberg, die Seybothenreuther Gruppe und die Stadtwerke Bayreuth haben seit Jahrzehnten Kooperationen mit Landwirten. Für freiwillige Prämienzahlungen an die Bauer im Wasserschutzgebiet wendet die Benker Gruppe zwischen 15.000 und 20 000 Euro im Jahr auf. Das entspricht rund fünf Cent pro Kubikmeter Wasser und damit dem Wert der Juragruppe. 20.000 Euro an freiwillige Ausgleichszahlungen leisten auch die Stadtwerke Bayreuth, allerdings bei der fünffachen Wassermenge. Die Adlitzgruppe, mit dem niedrigsten Nitratwert, zahlt nichts.

Pflanzenschutzmittel nur in zwei Brunnen nachweisbar

Hans Hümmer legt Wert darauf, dass die Werte des Pflanzenschutzmittels Atrazin und dessen Abbauprodukts Desethylatrazin unter den Grenzwerten liegen. Die Stoffe sind seit Jahrzehnten verboten, finden sich aber immer noch im Boden. Die Werte im Wasser sind aber bei allen untersuchten Wasserversorgern der Region gleich niedrig. Sie liegen unter 0,02 Mikrogramm pro Liter und sind damit kaum noch messbar. Einzig in den Messprotokollen der Juragruppe taucht für den Brunnen in Moggendorf ein Wert von 0,04 Mikrogramm und für den Brunnen Hollfeld ein Wert von 0,08 Mikrogramm Desethylatrazin pro Liter auf. Auch der Atrazinwert liegt beim Hollfelder Brunnen mit 0,03 Milligramm pro Liter über dem Durchschnitt, genauso wie die Werte für Atrazin (0,03) und Desethylatrazin (0,05). Alle Werte liegen aber immernoch unter dem Grenzwert von 0,1 Milligramm pro Liter.

Kaum einer testet auf Arznei- und Röntgenkontrastmittel

Das hat bis auf die Juragruppe und die Stadtwerke Bayreuth tatsächlich noch keiner der Wasserversorger getestet. Muss nach der Trinkwasserverordnung aber auch nicht sein. Das freiwillig zu tun, lehnen einige Unternehmen ab. Man beziehe schließlich kein Wasser aus Uferfiltrat- oder Oberflächenwasseraufbereitungsanlagen. Das Wasser könne daher gar nicht belastet sein. Hans Hümmer hat es dennoch überprüfen lassen. Nachdem herauskam, dass in Baden-Württemberg zwölf von 20 Wasserproben belastet waren. Hümmer sagt: „Der Druck von Medien und Bevölkerung wird dazu führen, dass das Wasser eines Tages auf diese Mittel getestet werden muss.“

Wo das Wasser herkommt

Die Gemeinde Weidenberg hat drei Tiefbrunnen bei Schafhof, sowie die Weissenbachquelle im Sophienthaler Forst. Darüber hinaus kauft die Gemeinde rund 90000 Kubikmeter Wasser zu - aus  Kirchenpingarten und von der Seybothenreuther Gruppe. Auch diese verfügt über einen eigenen Tiefbrunnen in Draisenfeld. Der kleine Nachbarort versorgt selbst nur rund 2000 Personen, verkauft aber 140000 Kubikmeter Wasser im Jahr an sogenannte Wasserkunden.

Die Stadtwerke Bayreuth betreiben insgesamt 15 Tiefbrunnen, die bis zu 180 Meter tief sind. Sie stehen bei Lehen, Seybothenreuth und am Eichelacker im Westen der Stadt. Dazu kommen Quellen aus dem Fichtelgebirge. Über die Hälfte der fünf Millionen Kubikmeter Wasser bezieht Bayreuth aber von der Fernwasserversorgung Oberfranken.

Die Benker Gruppe versorgt die Bindlacher Ortsteile Benk, Deps und Katzeneichen, die Goldkronacher Stadtteile Dressendorf, Leisau und Kottersreuth, sowie die Bad Bernecker Stadtteile Neudorf und Goldmühl mit Trinkwasser. Dazu kaufen die Städte Goldkronach und Bad Berneck und die Gemeinde Himmelkron Wasser ein. Insgesamt verkauft der Zweckverband so rund 225000 Kubikmeter Trinkwasser. Das Wasser stammt aus Brunnen zwischen Bindlach und Ramsenthal und wird aus einer Tiefe von rund 150 Metern gefördert.

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