Streit um Windpark Vogelherd geht weiter

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Der Rotmilan fühlt sich in Franken wohl. Foto: dpa Foto: red

Baumfalke, Rotmilan, Schwarzstorch und Wespenbussard tummeln sich am Vogelherd. Die Unteren Naturschutzbehörden an den Landratsämtern in Kulmbach und Bayreuth haben bei Lochau und Busbach daher acht Windräder nur gegen strenge Auflagen genehmigt. Mit dem Projektentwickler Primus, der dagegen klagte, haben sie sich jetzt außergerichtlich geeinigt. Trotzdem geht der Streit um die Windräder weiter.

 
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Eigentlich hätte in zwei Monaten der Baubeginn sein sollen. Doch das juristische Ringen um die Windräder ist noch nicht beendet. Denn eine Lochauerin, die weniger als 800 Meter von den Windrädern entfernt wohnt, beantragt eine Berufung vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München. Obwohl ihre Klage wegen des geringen Abstands zu ihrem Wohnhaus, der Lärmbelästigung und naturschutzrechtlicher Bedenken vom Verwaltungsgericht Bayreuth abgelehnt worden war.

Grundsatzentscheidung vom Verwaltungsgerichtshof nötig

Ihr Rechtsanwalt Stefan Kollerer sagt, die Zehn-H-Regel und der Naturschutz seien "die Knackpunkte" der Berufung. Er erhofft sich vom VGH eine Grundsatzentscheidung. Denn die Abstandsregel sei schließlich für Nachbarn von Windkraftanlagen geschaffen worden. Diese sei seit November 2014 in Kraft, das Verwaltungsgericht berufe sich auf eine Übergangsfrist, die bis Februar galt. "Doch die Unterlagen waren da noch nicht vollständig."

Primus wehrte sich gegen Naturschutz-Auflagen

Gleich mehrere Klagen waren im Herbst 2015 am Verwaltungsgericht Bayreuth wegen des geplanten Windparks aufgelaufen. Auf Eckersdorfer Gemeindegebiet sollen sechs, auf Thurnauer zwei Windräder gebaut werden. Primus wehrte sich allerdings gegen die Naturschutz-Auflagen: Um am Vogelherd, wie es der Name schon sagt, die Vögel zu schützen, hätten die Windräder längere Zeit abgeschaltet werden müssen. Was der Entwickler für Windkraftanlagen aus Regensburg für unwirtschaftlich hielt.

Kompromiss mit der Unteren Naturschutzbehörde

Inzwischen haben sich beide Seiten geeinigt. Wie Hans-Dieter Vießmann vom Kulmbacher Landratsamt sagte, sei am 27. Januar ein Kompromiss ausgehandelt worden. Man habe eine detailliertes naturschutzfachliches Gutachten eingeholt, drei Mal sei das Gebiet kartiert worden. "Wir konnten uns schließlich auf weniger Abschaltzeiten einigen", stellte Vießmann im Gespräch mit dieser Zeitung fest. Biotop sollen den Vögeln künftig die Nahrungssuche erleichtern. Die Einigung sei in Absprache mit dem Landratsamt in Bayreuth erzielt worden.

Trotz der Berufungsankündigung sagt Primus-Geschäftsführer Jürgen Meyer-Menz:  "Wir gehen  weiterhin von einem planmäßigen Baubeginn aus." Das würde konkret bedeuten: Baubeginn im Frühjahr 2016, Inbetriebnahme Anfang 2017.

Klaus Klötzer setzt sich gegen Windparks ein

Die jeweils 140 Meter hohen Masten stehen auf einer Vorbehaltsfläche. Zu der war das ehemalige Vorranggebiet vom Regionalen Planungverband Oberfranken-Ost bereits aufgrund artenschutzrechtlicher Bedenken herabgestuft worden. Auch CSU-Stadtrat Klaus Klötzer aus Bayreuth und Mitglied im Planungsverband setzt sich dafür ein, dass die Naturlandschaft zwischen Busbach und Alladorf erhalten bleibt. Daher bat er die Gemeinde Eckersdorf, sich gegen die Windräder am Vogelherd einzusetzen. "Wenn es zu einem Kompromiss kommen sollte, dann dürfte das ein Aus bedeuten für die geschützten Vogelarten im Planungsgebiet Vogelherd: Baumfalke, Wespenbussard, Schwarzstorch und Rotmilan."

CSU: "Akt der politischen Zensur"

Doch jüngst wurde bekannt, dass sein Schreiben gar nicht alle Gemeinderäte erreichte. Winfried Parchent (CSU), ein erklärter Gegner der Windräder, hält dies für einen "Akt der politischen Zensur". Bürgermeisterin Sybille Pichl (FW) hingegen wundert sich: "Der Gemeinderat war anfangs einstimmig für die Windkraft und erst als Bürger Bedenken äußerten, hatten wir einige Umfaller." Sie habe den Brief nicht weitergeleitet, weil der Gemeinderat keine rechtlich bindenden Beschlüsse gegen den Windpark mehr treffen könne.

Tötungsrisiko reduziert

Manfred Scheidler, bei der Regierung von Oberfranken verantwortlich für Arten- und Biotopschutz, hält das zeitweise Abschalten der Windräder während der Brutzeit im Mai und Juni für richtig: "Das kann dasTötungsrisiko reduzieren." Denn am Vogelherd kommen viele Vogelarten vor, die relativ hoch fliegen. Kollisionen seien eher selten. "Das gefährliche sind die Rotorspitzen, weil sie eine Geschwindigkeit von 200 Stundenkilometern erreichen können." Daher sollen Fledermäuse, Wanderfalke oder Schwarzstorch abgelenkt werden - etwa auf Wiesen und Wasserflächen, wo sie Futter finden. Dass damit die Tiere aus ihrem angestammten Lebensraum verdrängt werden, räumte Scheidler offen ein. "Das ist in jedem Fall eine Abwägungssache." Ein Windpark, der wegen des Vogelschutzes abgelehnt worden sei, ist im jedenfalls nicht bekannt.

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