Streit um die Umlage Sieben Kreisräte stimmen gegen den Haushalt des Landkreises Bayreuth

Von Thorsten Gütling
Paukenschlag im Kreistag: Die Zweckverbände im Landkreis kommen auf den Prüfstand. Foto: red

7,8 Millionen will der Landkreis Bayreuth in diesem Jahr investieren. Vor allem in Schulen und Straßen. Das ist eine halbe Million mehr, als im Vorjahr. Zudem steigen die Kosten für Jugendhilfe und Personal weiter an. Und trotzdem sollen keine neuen Schulden gemacht werden. Das geht unter anderem deswegen, weil der Kreis den Betrag, den ihm der Bezirk dieses Jahr weniger abnimmt, für sich behält, anstatt seine Gemeinden zu entlasten. Sieben Kreisräten stinkt das gewaltig.

 
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780 000 Euro fordert der Bezirk in diesem Jahr weniger vom Landkreis Bayreuth. Ein Großteil des Geldes werde aber bereits von den Kostensteigerungen im sozialen Bereich aufgefressen, sagt Landrat Hermann Hübner. Weil die Verwaltung der Flüchtlingsunterkünfte zu Buche schlägt und weil immer mehr junge Flüchtlinge ohne Begleitung im Landkreis ankämen. 40 werden es bis Ende des Jahres sein, schätzt der Landrat und für sie ist der Kreis zuständig. Und weil auch heimische junge Leute vermehrt betreut werden müssten. 50 seien derzeit stationär untergebracht, weil es zuhause Probleme gäbe. Und dennoch: Abzüglich aller Mehrkosten hat der Landkreis am Ende wohl 150 000 Euro übrig. Und was damit zu tun ist, darüber gibt es höchst unterschiedliche Meinungen.

Der Kreistag ist zweigeteilt

Da sind zum einen die Fraktionen von CSU, Junger Liste, Grünen und Wahlgemeinschaft (WG). Sie teilen die Ansicht von Landrat Hermann Hübner, wonach 150 000 Euro aufgeteilt auf 33 Gemeinden ein Tropfen auf den heißen Stein sei. Dass damit keiner der klammen Kommunen merklich geholfen wäre. Im Gegenzug der Landkreis aber die Gunst der Stunde nutzen könnte, um Schulden ab- und einen Puffer für schwerere Zeiten aufzubauen.

Andere Räte, nämlich die von SPD und Freien Wähler, fordern zumindest eine symbolische Entlastung der Gemeinden. Freie Wähler gleich um einen ganzen Prozentpunkt, die Umlage wäre dann mit 45 Punkten immer noch so hoch, wie in den vergangenen 25 Jahren nur dreimal vorher. Sozialdemokraten fordern nur 0,2 Prozent und sehen darin einen Kompromiss. Weil damit zumindest der ein oder andere Spielplatz saniert werden könnte, sagt Cornelia Herm, die noch im vergangenen Jahr von ihrer Partei als Kandidatin um das Amt des Landrats ins Rennen geschickt wurde. Auf der anderen Seite aber der Landkreis immernoch mehr Schulden zurückzahlen könne, als er neue machen müsse. Zum fünften Mal infolge wäre das dann so. Am Ende stimmt aus dem Lager der SPD neben Herm aber nur der Pegnitzer Werner Mildner gegen den Haushalt.

"Eine besorgniserregende Entwicklung"

„Jeder muss seine Prioritäten setzen“, sagt der Genosse und Pegnitzer Bürgermeister, Uwe Raab. Bei den Vorberatungen hatte er noch am lautesten für eine Absenkung der Kreisumlage geworben. Dass er dem Haushalt trotzdem zustimmt, erklärt er damit, dass „ein einstimmig verabschiedeter Haushalt ein genauso positives Signal für den Standort“ wäre. Und dass in dem Haushalt doch auch viel Gutes stehe: die Sanierung der Realschule Pegnitz und mehr Geld für die Jugendhilfe zum Beispiel. Um 10,2 Vollzeitstellen ist das Personal dort zuletzt gewachsen. 207, 5 Stellen zählt das Landratsamt jetzt insgesamt. So viel wie nie zuvor. Weitere 6,5 sollen in diesem Jahr dazu kommen. Auch das ist ein Streitpunkt. „Eine besorgniserregende Entwicklung“, sagt selbst der Landrat, wird aber nicht müde zu betonen, dass der Kreis mit immer mehr Aufgaben betraut werde und jede einzelne Stelle nötig sei.

Vor allem die Freien Wähler sehen das anders. Neben den beiden Sozialdemokraten kommen die Gegenstimmen zum Haushalt nur aus ihrem Lager. Dass der Kreis Aufgaben übernehme, für die er gar nicht zuständig sei, sagt Fraktionssprecher Hans Hümmer. Beispielsweise in der Schulsozialarbeit. Dass der Landkreis zu feige sei, notfalls gegen den Freistaat zu klagen. Dass die Zeche am Ende immer die Bürger zahlen müssen und dass das den Kreisräten seit Jahren egal sei. Weil sich bisher immer eine Gebühr oder Steuer finden lasse, die noch erhöht werden könne.

Sieben Räte stimmen dagegen

Am Ende stimmen neben Herm, Mildner und Hümmer nur die Bürgermeister Stefan Frühbeißer (Pottenstein), Edmund Pirkelmann (Waischenfeld), Sybille Pichl (Eckersdorf) und Martin Dannhäußer (Creußen) gegen den Haushalt.

Das sagen die Fraktionschefs:

Günter Dörfler (CSU): Die Steigerung der Personalstellen ist richtig und wichtig. Wäre beispielsweise aufgrund der Unterbesetzung im Jugendamt auch nur ein Kind zu Schaden gekommen, hätte der Staatsanwalt sofort vor der Tür gestanden.

Stephan Unglaub (SPD): Für die Grundsicherung im Alter und Asylbewerber ist der Staat zuständig, für die Verwaltung dieser Aufgaben aber wir. Alleine das kostet uns in diesem Jahr 200 000 Euro. Dass der Personalkostenanteil im Vergleich zum Vorjahr um 8,9 Prozent gestiegen ist, bereitet uns Kopfzerbrechen. Wir bitten in Zukunft zunächst hausinterne Umstrukturierungen zu prüfen, bevor neues Personal eingestellt wird.

Hans Hümmer (FWG): In den letzten sechs Jahren ist der Kreis trotz zügelloser Ausgabenpolitik nur handlungsfähig geblieben, weil er sich bei den Gemeinden bediente. Fakt ist, dass sich die von 1994 bis 2008 immer zwischen 20 und 23,5 Millionen Euro bewegte und seit 2009 explosionsartig um rund 14 Millionen Euro gestiegen ist. Dass in einer Zeit boomender Wirtschaft und niedrigster Arbeitslosigkeit viele Gemeinden weder Schulden abbauen noch Investitionen tätigen können, sollte uns zu denken geben.

Karl Lappe (WG): Von den 88 Millionen Euro, die der Kreishaushalt umfasst, haben die Kommunen über die Umlage gut 37,5 Millionen zu berappen. Eine Steigerung von über 1,1 Millionen Euro bei den Personalausgaben hatten wir in den vergangenen 25 Jahren nie.

Georg Röhm (Junge Liste): Bei ständig wachsenden Aufgaben, gerade im Bereich des Bauens, wäre es wünschenswert, wenn wir die ein oder andere verschobene Stelle wieder dorthin zurückgeben könnten. Es kann auch nicht sein, dass eine Kommune viel zu lange auf Bescheide für die Genehmigung der Abwasserbeseitigung warten muss. Und wenn eine 240 000 Euro teure Breitrutsche in der Therme Obernsees in der hochfrequentierten Winterzeit wegen Unfallgefahr gesperrt ist, muss etwas schief gelaufen sein.

Manfred Neumeister (Grüne): Lasst uns die Personalpolitik nicht immer wieder infrage stellen, diskutieren wir vielmehr die Trägerschaft und Verantwortlichkeit. Es ist auch nicht motivierend für die Mitarbeiter, wenn ihre Notwendigkeit ständig angezweifelt wird. Kritischer sehen wir die Therme Obernsees und die Förderung des Wintersports im Fichtelgebirge. Ein Draufzahlen von mehreren 100 000 Euro jährlich ist nicht vertretbar. Wintersport wird es in absehbarer Zeit in unserer Region nicht mehr geben.

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