Keiner wolle nachkarten und trotzdem streiten die Stadträte über ein Bürgerentscheid, der über ein Jahr alt ist Streit: Die Graserschule kommt nicht voran

Von Thorsten Gütling
Vor über einem Jahr haben die Bayreuther entschieden, dass die Graserschule saniert werden soll. Unter anderem soll im Pausenhof eine überdachte Pausenhalle entstehen. Darüber und über viele andere Details wird im Bauausschuss gestritten. Allenvoran über die Kosten, die unterdessen gestiegen sind. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Eineinviertel Jahre ist es her, da stimmten die Bayreuther per Bürgerentscheid dafür, dass die Graserschule an Ort und Stelle saniert und nicht am Nordring neu gebaut wird. Jetzt, wo die Pläne konkret werden, wird heftig gestritten. Thomas Bauske (SPD) spricht von Betrug am Bayreuther Volk, Georg Kämpf (BG) von „alternativen Fakten“ und einer bodenlosen Unverschämtheit und Stefan Schlags (Grüne) sagt: „Es gibt Tage, da schäme ich mich, ein Mann zu sein.“

 
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Mit Hilfe eines Ingenieurbüros hat die Stadtverwaltung dem Bauausschuss zwei Alternativen aufgezeigt. Die erste und kleinere Lösung sieht eine Sanierung der Graserschule für 8,8 Millionen Euro vor. Das sind gut 800.000 Euro mehr, als BG und Grüne vor dem Bürgerbegehren geschätzt hatten. Baureferentin Urte Kelm erklärt das mit Preissteigerungen von rund sechs Prozent, wie sie im Baugewerbe üblich wären. Damit, dass zwei weitere Treppen für den Brandschutz nötig werden und dass die Untersuchung der Turnhalle eine Überraschung zutage gefördert habe: Statt 25 Zentimeter dicken Mauern befänden sich hinter einer vier Zentimeter dicken Sandsteinschicht erst vier Zentimeter Luft und dann vier Zentimeter Wärmedämmung. „So einen Wandaufbau kannten wir bisher nicht“, sagt Kelm. Die kleine Variante sieht zudem eine neue Aufteilung der Räume vor, den Bau einer Pausenhalle im Pausenhof, eine Sanierung der Turnhalle und für die Ganztagsschule eine kleine Küche zum Aufwärmen angelieferter Speisen.

Verwaltungsvorschlag kommt 2 Millionen teurer

Bei der zweiten alternative kommt zu all dem noch die Sanierung der Dächer hinzu, von denen die Verwaltung zwar der Meinung ist, dass sie noch mindestens 15 Jahre halten. Für dessen Erneuerung es im Rahmen einer Generalsanierung der Schule aber wesentlich mehr Zuschüsse gebe. Dazu könnte eine Belüftungsanlage für die Klassenzimmer eingebaut werden, sodass weder der Feinstaub, noch der Lärm entlang des Hohenzollernrings die Schüler beim Lernen stört. Außerdem könnte eine Terrasse für die Mittagsbetreuung entstehen, könnten die feuchten Wände im Keller trockengelegt werden und anstatt einer kleinen Küche zum Aufwärmen eine große Küche zum selber Kochen gebaut werden. Alles zusammen läge die Sanierung der Graserschule dann bei rund 10,5 Millionen Euro.

Bauske bringt das auf die Palme

In dem Schreiben, das die Oberbürgermeisterin dem Bauausschuss vorlegt, spricht sich die Verwaltung für eine große Küche und die Dachsanierung aus. Außerdem soll zumindest ein Teil des Kellers so hergerichtet werden, dass darin Räume für das Küchenpersonal geschaffen, sowie die bestehenden Räume für die Straßenkehrer der Innenstadt aufgewertet werden. Kosten dafür: zehn Millionen Euro. Den Fraktionssprecher der SPD, Thomas Bauske, bringt das auf die Palme. Denn BG und Grüne hatten vor dem Bürgerentscheid gemeinsam mit der Bürgerinitiative zur Rettung der Graserschule damit geworben, dass die Sanierung exakt acht Millionen Euro koste und damit acht Millionen Euro günstiger sei, als ein Neubau. Bauske vermutet, dass die Sanierungskosten absichtlich zu niedrig angegeben wurden und die Kosten für einen Neubau absichtlich zu hoch. Die SPD habe dagegen von einem Neubau für maximal zehn Millionen Euro gesprochen, folglich käme die Sanierung jetzt teurer. An die Adresse der Oberbürgermeisterin sagt Bauske daher: „Sie haben das Bayreuther Volk betrogen.“

"Einfach mal einen raus hauen"

Georg Kämpf (BG) nennt die Berechnung Bauskes „unseriös“. Der Fraktionsvorsitzende der SPD mache Stimmung mit alternativen Fakten. Wolle „mal einen raus hauen, um in der Zeitung zu stehen“. Kämpf sagt: „Das ist eine bodenlose Unverschämtheit. Es ist Zeit, dass sie aus Ihrer Ecke herauskommen, anstatt hier alles zu verhindern.“ Oberbürgermeisterin Merk-Erbe selbst nennt Bauskes Vorwurf „mehr als dreist“. Ohne die Einbeziehung der üblichen Kostensteigerungen koste die kleine Lösung 7,96 Millionen Euro und sei damit eine „Punktlandung“. Und: Mit dem Flyer habe sie als Oberbürgermeisterin nichts zu tun. Das sei alleine das Werk der Bürgerinitiative zur Rettung der Graserschule.

"Sie tun so, als hätten Sie damit nichts zu tun"

Das wiederum will der Fraktionssprecher von FDP und Unabhängigen nicht gelten lassen. Thomas Hacker sagt: „Ist die Oberbürgermeisterin etwa nicht mehr Mitglied der BG?“ Denn die habe den Flyer unterzeichnet und stelle ihn auf ihrer Internetseite immernoch zur Schau. „Dass Sie Farbe bekennen ist doch legitim“, sagt Hacker. „Aber heute tun Sie so als hätten sie damit nichts zu tun.“ Der Stadtrat habe zudem darum gebeten, in die Vorgespräche eingebunden zu werden, was aber nicht passiert sei. Stattdessen lege die Verwaltung jetzt eine Preissteigerung von zwei Millionen Euro vor. „Das ist das Gegenteil von Transparenz“, so Hacker. Man habe dem Bauausschuss alles zusammengetragen, was Experten, Lehrer und Ingenieure diskutiert haben, hält Merk-Erbe dagegen.

Das genügt einigen Stadträten aber nicht. Christopher Süss (Junges Bayreuth) zum Beispiel, fehlen Aussagen dazu, was die Mehrausgaben für die Bauzeit und damit für die Belastung der Schüler bedeuten. Auch seine Frage, wofür die Oberbürgermeisterin eigentlich sei, bleibt unbeantwortet.

Viele Fragen offen

Auch der Fraktionsvorsitzende der CSU, Stefan Specht, will noch mehr wissen. Warum die Zahl der Räume von 17 auf 26 steigen soll. Und ob weiterhin mit 240 Schülern geplant wird oder mit mehr. Specht sagt: „Ich bin erstaunt über die sehr erhebliche Kostensteigerung, die jetzt in eine Wunschliste ausartet.“ Und: „Obwohl wir in Sachen Bürgerentscheid nicht nachkarten wollen, stellen wir uns die Frage, ob eine Sanierung für 8,8 Millionen Euro wirklich die wirtschaftlichste Lösung ist.“ Specht bezeichnet den Verwaltungsvorschlag dann auch als „nicht entscheidungsreif“ und fordert, der Haupt- und Finanzausschuss, der für Fragen des Schulwesens zuständig sei, möge sich zuerst mit den Konzepten und der Raumplanung beschäftigen. „So, wie es üblich ist“, findet Hacker, der zwar auch nicht nachkarten wolle, sich aber nicht verkneifen kann zu sagen: „Es sind so viele Maßnahmen nötig, weil der Standort der falsche ist.“

"Machogehabe"

Als „Machogehabe“ Kelm und Merk-Erbe gegenüber bezeichnet das Stefan Schlags (Grüne). Und als Nachgekarte, um „beiden nochmal eins mitzugeben“. Schlags sagt: „Es gibt Tage, da schäme ich mich, ein Mann zu sein.“ Die Öffentlichkeit werde schon begreifen, dass es sich um eine „weitere Bremsaktion, der im Bürgerentscheid unterlegenen Fraktionen“ handle.

Neue Runde im Hauptausschuss

Neun der 17 Mitglieder des Bauausschusses stimmen schließlich dafür, dass die Sanierung der Graserschule in den Hauptausschuss verwiesen wird. Der soll dem Bauausschuss schließlich empfehlen, was dieser dann wiederum dem Stadtrat empfehlen soll. Von einer weiteren Beratungsrunde, die keine neuen Erkenntnisse bringen werden, aber Zeit koste, sprechen Merk-Erbe, Grüne und BG. Verzögerungen, die nicht der Stadtrat zu vertreten habe, nennt es Stefan Specht.

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