Strafe für wilde Verfolgungsjagd

Von Manfred Scherer
Foto: Britta Pedersen dpa-Archiv Foto: red

Ein längst verdautes Bier und 20 Sachen zu schnell - das hat ein junger Mann vor Gericht als Grund für eine "Panikattacke" angegeben. Folge der Panikattacke war eine wilde Verfolgungsjagd mit der Polizei. Der 19-Jährige aus Plech wurde dafür von Jugendrichter Alois Meixner schuldig gesprochen, der ihm die Begründung nicht so recht abnehmen wollte. Die Strafe: 1500 Euro Geldauflage und ein Wochenend-Jugendarrest.

 
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Der 19-Jährige war zusammen mit zwei Freunden auf Kneipentour in Bayreuth. Er wurde als Fahrer auserkoren, das Fahrzeug, das sie wieder heimbringen wollte, gehörte einem der beiden Freunde, die laut dem Angeklagten "erst mal vorgeglüht" haben. Dabei, so berichtete der 19-Jährige, habe er am frühen Abend auch ein Bier getrunken.

Man ging in die Disko, wechselte den Vergnügungsort, um in einer Shisha-Bar "Mädels" zu treffen, zog weiter in eine Kneipe, um zuletzt erneut in der Disko zu feiern. Die Heimfahrt nach Plech trat das Trio gegen 5 Uhr morgens am 22. Oktober vergangenen Jahres an, wie vereinbart: Die zwei alkoholisierten Kumpels setzten sich auf Rück- und Beifahrersitz, der als Fahrer ausgeschaute Angeklagte drehte den Zündschlüssel und startete. Die Fahrt begann am Hohenzollernring. Dann war da das Polizeiauto hinter ihnen.

Auf der Flucht die Polizei ausgebremst

"Ja, ich glaube, ich war zu schnell", sagt der Angeklagte vor Gericht. "Deutlich zu schnell", erinnert sich der Polizist, der den Streifenwagen fuhr: "Mindestens 20 Sachen. Wir entschlossen uns zur Kontrolle." Am Dach des Streifenwagens erschien die Leuchtschrift "Stopp. Kontrolle".

"Ich lehne mich mal aus dem Fenster", sagte Jugendrichter Alois Meixner. "Vorausgesetzt, ihre Einlassung mit dem einen Bier stimmt - deswegen und wegen 20 Kilometern pro Stunde zu schnell - da wäre ihnen gar nichts passiert. Der Alkohol wäre nach sieben Stunden längst abgebaut gewesen. Die Polizisten hätten sie vielleicht wegen des zu schnellen Fahrens ermahnt."

Der Angeklagte behauptet: "Ich hatte Angst um meinen Führerschein. Ich bekam Panik. Mir ist noch nie so der Schweiß runtergelaufen." Er gab Gas. Der Fahrer der Streifenwagens gab an die Einsatzzentrale durch: "Verdächtiger versucht, sich Kontrolle zu entziehen" und schaltete Blaulicht und Sirene ein. Mit einem Tempo von etwa 100 Kilometern pro Stunde raste der Angeklagte den Ring entlang, bog nach links in die Nürnberger Straße ab, touchierte mit den Rädern den Bordstein.

Insassen behaupten "Schock"

In der Äußeren Nürnberger Straße missachtete der Fahrer die zwei roten Ampeln in Höhe der Abfahrten auf die Autobahn."Es war ein Glück, dass das Verkehrsaufkommen zu dieser Zeit sehr gering war", sagte der Polizist als Zeuge. Und doch beschreibt er die Fahrweise des Angeklagten als "riskant, halsbrecherisch". In Wolfsbach bog der 19-Jährige auf das Gelände eines Autohauses, drehte dort eine Runde. Als die verfolgenden Polizisten schon glaubten, der Wagen würde gestoppt und die Insassen würden vielleicht zu Fuß flüchten, wurde der Fluchtwagen wieder auf die B 2 gesteuert und raste Richtung Süden. Zweimal musste der Streifenbeamte eine Vollbremsung und eine Ausweichmanöver machen, weil der Fluchtfahrer abrupt abbremste und danach wieder das Gaspedal durchtrat.

Zwischen Wolfsbach und Creußen gab der der Polizist auf: "Er fuhr so schnell, dass ich nichts mehr riskieren wollte. Und ich wollte den Verfolgten nicht ins Unglück treiben." Über das Kennzeichen ermittelte die Polizei später dennoch den Fahrer.

Der junge Mann, dessen Auto der Angeklagte gefahren hatte, berichtete als Zeuge vor Gericht, dass es eigentlich keinen Grund gegeben habe, vor der Polizei zu flüchten. Man habe dem Kumpel am Steuer durchaus gesagt, er möge anhalten, aber wohl nicht mit allzu großem Nachdruck. Er behauptet: "Wir standen alle unter Schock."

Ein altgedienter Sozialarbeiter des Kreisjugendamtes stufte das rasante Fahrverhalten als "jugendtypisch" ein: "Es erinnert mich an ein Computerspiel."

Bei seiner Fahrt beging der Jugendliche mehrere Straftaten: Straßenverkehrsgefährdung, Unfallflucht und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Richter Meixner ordnete an, dass der Angeklagte erst in elf Monaten wieder eine Fahrerlaubnis beantragen darf, und er resümierte: "Man kann es nicht beweisen, aber der Verdacht drängt sich auf, dass vielleicht mehr dahinter steckt."

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