Steuerbetrug aus dem Knast heraus

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In Fußfesseln wurde der Angeklagte im Landgericht in Hof zum Schwurgerichtssaal geführt. Foto: Nicolas Armer/dpa Foto: red

Weil er Einkommensteuern in Höhe von 2,1 Millionen Euro hinterzogen haben soll, muss sich der 65-jährige Unternehmer Dieter M. aus dem Landkreis Coburg seit dem Montag vor der vierten Strafkammer des Landgerichts Hof verantworten. Eine der Besonderheiten dieses Verfahrens: Seine Straftaten soll der Dieter M. aus der Zelle des Bayreuther Gefängnisses heraus begangen haben.

 
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Dort saß er, weil ihn das Landgericht Hof am 23. Mai 2012 zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt hatte – ebenfalls wegen Steuerhinterziehung.

Dieter M. verdient sein Geld vorwiegend mit dem Betrieb und der Verpachtung von Pflegeheimen von Senioren und von Menschen mit Behinderung. Dafür hat er ein ganzes Konsortium verschiedenster Firmen gegründet, hinter den nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft aber immer er steht. Um der Steuerpflicht zu entgehen, gab er gegenüber den Behörden an, dass er ins Ausland gezogen sei. Als Wohnsitz nannte er wechselnde Adressen in Österreich und in London . In Wahrheit jedoch sei er immer in Ahorn-Witzmannsberg geblieben, seinem Geburtsort, ist sich die Staatsanwaltschaft sicher.

Firmen in den Emiraten und auf Belize

Auch die zahlreichen Firmen von Dieter M. wechselten oft ihren Sitz. Die Anklage listet acht Firmen auf, darunter auch jeweils eine in den Vereinigten Arabischen Emiraten und eine auf Belize. Die Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftsdelikte in Hof geht davon aus, dass diese Konstruktionen eigens gewählt wurden, um Steuern zu hinterziehen.

Konkret geht es um ein Seniorenheim im Landkreis Coburg und Anteile an ein Kinder- und Pflegeheim in Wassertrüdingen. Sie soll Dieter M. in den Jahren 2009 und 2010 für insgesamt fast acht Millionen Euro verkauft haben. Das Geld floss auf ein Schweizer Konto der Firma in Belize.  Da hinter dieser Firma wieder Dieter M. stehen soll, wertet die Staatsanwaltschaft dies als eine verdeckte Gewinnausschüttung. Dieter D. hätte darauf den für Kapitalerträge üblichen Steuersatz von 25 Prozent entrichten müssen. Tatsächlich aber habe Dieter M. seit 2005 beim für ihn zuständigen Finanzamt in Coburg seit 2005 gar keine Steuererklärung mehr abgeben.

Haft ist keine Entschuldigung

Seine Haftzeiten könne der Unternehmer dafür nicht als Entschuldigung hernehmen, findet die Staatsanwaltschaft. Die Steuererklärung hätte er auch in der Zelle abgeben können. Es wäre ihm sogar ein Leichtes gewesen, „war er doch während seiner gesamten Inhaftierung steuerlich beraten und hatte regelmäßige und außergewöhnlich viele Haftbesuche von Steuerberatern“, sagte Staatsanwältin Judith Oltajow-Funck.

Nachdem er seine letzte Haftstrafe zu zwei Dritteln abgesessen hatte, konnte Dieter M. die neugewonnene Freiheit nur kurze Zeit genießen. Seit dem 15. März des vergangenen Jahres sitzt er wieder in Untersuchungshaft, nun aber in der Justizvollzugsanstalt Hof. In Fußfesseln schlurfte der 65-Jährige am Montag in den Schwurgerichtssaal. Dort lässt er seine Interessen von drei Wahl- und drei Pflichtverteidigern vertreten. Am ersten Verhandlungstag gab er nicht mehr als seine Personalien preis. Zu der Anklage möchte er sich erst in den nächsten Verhandlungstagen äußern. Bislang hat die Kammer unter ihrer neuen Vorsitzenden Richterin Ulrike Varga elf Verhandlungstage angesetzt.

Akten füllen Schrankwände

Man kann Dieter M. durchaus als so etwas wie einen der größten Arbeitgeber der Justiz in Hof betrachten. Die Akten der Verfahren, die gegen ihn geführt wurden oder mit ihm zusammenhängen, füllen ganze Schrankwände. Zuletzt wurden seine ehemaligen Steuerberater aus dem Landkreis Bamberg nach einem aufwendigen Prozess zu Bewährungsstrafen verurteilt. Selbst gegen den Hausmeister eines der Heime wird ermittelt, weil Dieter M. ihn als Geschäftsführer einer seiner Firmen eingesetzt hatte.

Auch der Sohn im Visier der Justiz

Im vergangenen Jahr versuchte eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Hof seinem ältesten Sohn wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung den Prozess zu machen. Dies schlug zweimal fehl. Beim ersten Anlauf meldete sich Alexander M. nach dem neunten Verhandlungstag aus der Türkei. Er liege dort in einem Sanatorium und sei nicht reisefähig. Das Verfahren musste ausgesetzt und von neuem begonnen werden. Beim zweiten Anlauf war Monate später schon am ersten Verhandlungstag Schuss. Alexander M. legte ein Attest vor, wonach er wegen einer posttraumatischen Störung nicht verhandlungsfähig sei. Er war während des Putschversuchs auf dem Istanbuler Flughafen in eine Schießerei geraten. Wann er wieder verhandlungsfähig sein wird, ist noch unbekannt.

 

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