Steingraeber und der feine Ton

Von Roland Töpfer
Für den guten Ton muss bei Steingraeber wirklich alles ganz genau stimmen.⋌Foto: Ronald Wittek Foto: red

Der Ton macht die Musik, schon im ganz profanen Leben. Bei der Bayreuther Klaviermanufaktur Steingraeber & Söhne gehört der Ton zur DNA des Firmenkerns.

 
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Wie ist er eigentlich, dieser Ton? „Sehr farbig und sehr glitzerig. Beschwingter als der der dicken Romantiker“, sagt Firmenchef Udo Schmidt-Steingraeber. Steinway und Bösendorfer etwa seien romantisch geprägt. Mehr helle Obertöne, weniger krachende, tiefe Untertöne kommen aus den Resonanzkörpern der Bayreuther Klaviere und Flügel.

Drei Millionen Euro Umsatz

Und wie kommt er an, dieser Ton? Dieses Jahr wird wieder gut, sagt Schmidt-Steingraeber. Die letzten Jahre waren schwieriger. Die öffentliche Hand war nach der Finanzkrise auf Sparkurs, asiatische Marken wurden immer offensiver, in den USA liefen die Geschäfte schlecht. Aber nun geht es wieder aufwärts. Nach 120 Verkäufen im letzten Jahr sollen es dieses Jahr 130 werden – 70 Flügel und 60 Klaviere. Die 35 Mitarbeiter werden rund drei Millionen Euro Umsatz erwirtschaften. In den schwächeren Verkaufsjahren setzte Steingraeber stärker auf Restaurierung, Reparatur und Konzertdienste. „Wir hatten keine Kurzarbeit und haben keine roten Zahlen geschrieben“, betont der Chef.

Ein Steingraeber-Klavier kostet mindestens 24.000 Euro, Flügel gibt es ab 58.000 Euro. Geliefert wird an Pianisten, Hochschulen, Konzertsäle in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Frankreich, den USA oder China.

Neuer Anlauf in China

Einen ersten Anlauf auf dem weltgrößten Klaviermarkt China mussten die Bayreuther wieder abbrechen. Die kleine Manufaktur machte mit dem größten Klavierhersteller der Welt, Pearl River, gemeinsame Sache. Bayreuth lieferte Know-how, die Chinesen boten eine 1-Prozent-Beteiligung an. Pearl River verkaufte das Know-how der Oberfranken unter seiner High-End-Linie Kayserburg – zu drei Vierteln ein Bayreuther Produkt. Über Pearl River wollte Steingraeber in China stärker Fuß fassen. Doch das ging schief. „Die wollten eigentlich nichts anderes, als uns kaufen“, sagt Schmidt-Steingraeber. Und so habe man sich „in aller Freundschaft getrennt“.

China gibt Steingraeber aber nicht auf. Mit dem Unternehmer Ni in Guangzhou (Kanton) wurde ein Vertretungsvertrag geschlossen. Der Klavierhändler mit 52 Unterhändlern hat in Düsseldorf studiert. Die ersten fünf Flügel und drei Pianos kamen im August in China an und werden Ende Oktober auf der Music China in Shanghai, der größten Musikmesse der Welt, ausgestellt. Udo Schmidt-Steingraeber, seine Frau Cordelia und die beiden Kinder Fanny (19) und Alban (21) werden auf der Messe als „echtes Familienunternehmen“ auftreten und Gerüchten, auch Steingraeber sei ja längst aufgekauft, entgegentreten.

Will Steingraeber mit dem Engagement China in neue Dimensionen wachsen? „Wir gehen niemals auf Größe“, betont der Chef. 10, 20, 30 Flügel und Klaviere mehr im Jahr seien aber möglich.

"Neue, alte Klangmöglichkeiten"

Neue Möglichkeiten sieht Schmidt-Steingraeber auch für Flügel mit neuen, alten Klangmöglichkeiten, die statt drei Pedale vier oder mehr haben. „Jede Orgel hat auch Register“, sagt er. Im 19. Jahrhundert hätten Klaviere bis zu sieben Pedale gehabt. „Wir greifen das wieder auf. Die Pianisten sind begeistert.“

Belegschaft soll wachsen

Seine Mannschaft in Bayreuth will Schmidt-Steingraeber etwas aufstocken. „Wir brauchen dringend Personal.“ Im September kamen zwei Klavierbauer dazu. Es soll Richtung 40 Beschäftigte gehen.

Nachfolge so gut wie geregelt

Udo Schmidt-Steingraeber ist 60 Jahre alt und kann davon ausgehen, dass die Firma in Familienhand bleibt. Sohn Alban macht ein Wirtschaftsstudium und „geht auf die Nachfolge zu“. Die beiden Kinder sind auch schon an der Firma beteiligt, der Vater hält noch die Mehrheit. Es gab auch schon eine erste Gesellschafterversammlung. „Die war sehr lustig.“

Probleme mit einer eventuellen späteren Übergabe des Unternehmens scheint Schmidt-Steingraeber nicht zu haben. „Ich werde sofort abtreten, wenn man das wünscht. Ich habe auch kein Problem damit, zu assistieren oder einfach mal mein Maul zu halten.“ Das sagt er so entschlossen, dass man es durchaus glauben mag.