Hollfeld: Einknicken aus Tradition

Von Thorsten Gütling
Mai 2015: Weil einige Bürger Stimmung gegen die Windkraftpläne der Stadt Hollfeld machten, ließ der Stadtrat das Projekt kurzerhand fallen. Nicht das einzige Mal, dass das Gremium einknickte. Foto: red

Wendehälse nennt der Hollfelder Stadtrat Gerhard Thiem seine Ratskollegen. Im Streit darum, ob der Ort Schönfeld endlich einen Gehweg bekommt, drohen die Räte wiedereinmal eine Entscheidung zu kippen, die wichtig wäre, aber unangenehm ist. Das hat in Hollfeld eine lange Tradition.

 
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Thiem hat Recht. Die Stadträte haben sich im vergangenen Jahr dafür entschieden, eine sogenannte Straßenausbaubeitragssatzung einzuführen. Die Stadt regelt damit, dass die Anwohner beim Ausbau einer Straße mitbezahlen. Im Gegenzug erhielt Hollfeld 500 000 Euro vom Freistaat, eine sogenannte Stabilisierungshilfe zum Abbau des rund zehn Millionen Euro großen Schuldenbergs. Immer wieder hieß es danach: Als Erste könnten die Schönfelder die neue Satzung zu spüren bekommen. Vier Monate später beauftragte man ein Ingenieurbüro damit, in Schönfeld einen Gehweg zu planen. Jetzt, wo sich die beschweren, die dafür bezahlen sollen, behaupten die Räte: Davon, dass sich die Kosten nicht auf alle umlegen lassen, habe man nichts gewusst. Was für ein falsches Spiel! Genauso falsch: Mit dem Planungsauftrag habe man nicht zum Ausdruck gebracht, dass man einen Gehweg wolle. Das bedeutet: Der Stadtrat war bereit, die 17 000 Euro, die die Pläne bisher gekostet haben sollen, zum Fenster hinauszuwerfen.

Eingeknickt beim Windpark

Eingeknickt, als es ungemütlich wurde, sind die Stadträte zuletzt im vergangenen Mai. Als sie einen jahrelang geplanten Windpark erst beschlossen und dann doch wieder über Bord warfen. Weil ein paar Krögelsteiner Bürger – instrumentalisiert von Windkraftgegnern aus Weismain und Wonsees – lauthals dagegen rebellierten. Angeblich aus Angst vor den Kosten, die ein Bürgerentscheid verursacht hätte, nahm der Stadtrat die Entscheidung zugunsten der Minderheit vorweg. Nach der Meinung von über 3600 Wahlberechtigten hatte niemand mehr gefragt. Genauso wenig nach dem finanziellen Schaden durch eine jahrelange und schließlich doch überflüssige Planung. "Diese Stadträte haben keinen Arsch in der Hose", schimpfte Bürgermeisterin Karin Barwisch damals.

Eingeknickt beim Kanalbau

In Hollfeld hat eine solche Politik Tradition. Um Ärger aus dem Weg zu gehen, hat man dort beim Kanalbau auf Erschließungsbeiträge verzichtet, und damit die ganze Stadt in finanzielle Schieflage gebracht. Davor wiederum, als es für den Kanalbau noch ein Vielfaches an Zuschüssen gab, wollte man es sich mit Lärm und Staub nicht bei den Bürgern verscherzen. Jetzt ist die Chance da, mit dieser Tradition zu brechen. Zum Wohle der Schönfelder, die an der Bundesstraße wohnen.