Stadthalle: Harsche Kritik am Kulturreferenten und seinem Nutzungskonzept - mit Gegenstimmen abgesegnet Stadthalle: Zoff ums Nutzungskonzept

Von Susanne Will
02.01.2016, Bayreuth, Stadthalle, Mother Africa, Foto: Andreas Harbach Foto: red

Harsche Kritik an Kulturreferent Fabian Kern. Es ging im Stadtrat um das Nutzungskonzept der neuen Stadthalle. Von Teilen des Gremiums – vornehmlich denen, die gegen die schon immer gegen die große und teure Lösung waren - wurde es förmlich zerrissen. Jedoch: Ohne Nutzungskonzept keine Förderungen für das  55 Millionen-Euro-Bauwerk. Obwohl das jedem hätte klar sein sollen, dauerte die Diskussion darüber Stunden.

 
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Kulturreferent Kern konnte sich nicht wehren – er war erkrankt. So blieb die undankbare Aufgabe an der Leiterin des Kulturamts, Gabriele Röhler, hängen. Die wichtigsten Neuerungen: künftig können Großes Haus und Balkonsaal parallel genutzt werden. Deshalb wird  ab 2020 mit 584 Veranstaltungs-„Tagen“ gerechnet, 2013/14, als die größeren  Säle nur einzeln bespielbar waren, waren es 237.

Geld gibt's nur bei viel Kultur

In früheren Diskussionen wollten die Stadträte die Stadthalle auch für viele Seminare oder Versammlungen genutzt sehen. Aus der vorgesehenen Anzahl wird es nichts mehr. Und das hängt mit den Förderrichtlinien zusammen: Bayerns Finanzminister Markus Söder sagte einen Zuschuss von 75 Prozent der förderfähigen Kosten zu. Das aber, wenn die Halle zu mindestens 80 Prozent mit Kultur-Events bestückt wird. Das ist spätestens seit der Förderzusage klar. Im Nutzungskonzept heißt es: Kulturelle Nutzung 87,2 Prozent, sonstige Nutzung 12,8 Prozent.

Mit heißer Nadel

Eine an sich einfache Rechnung: Wer sich nicht an die Vorgaben hält, bekommt kein Geld. Und um das Geld zu bekommen, forderte die Regierung das Nutzungskonzept ein. Das allerdings mahnte die Fraktion Junges Bayreuth bereits vor eineinhalb Jahren an. „Das Konzept ist mit der heißen Nadel gestrickt und rein spekulativ“, polterte denn auch SPD-Chef Thomas Bauske, erwiesener Gegner der laufenden Planung. Seine Kritik vorhersehbar. Er  malte den  „Super-GAU“ an die Wand: „Was, wenn wir eine tolle Stadthalle haben und wegen des Förderungs-Knebels den Tanzschulen absagen müssen, weil es sich dabei nicht um Kultur handelt?“ Ganz klar: Seine Fraktion werde dem Konzept nicht zustimmen.

"Große Bauchschmerzen"

Dass die Grünen trotz signalisierter Zustimmung so deutlich von „großen Bauchschmerzen“ berichteten, die das Konzept bei ihnen hervorrufe, überraschte schon eher. Sie hätten keine Halle rein für die Hochkultur gewollt, so Stefan Schlags. Dort sollte Leben für alle stattfinden. „Wir werden zu Sklaven eines Förderrechts, das ein sehr enges Verständnis von Kultur hat.“ Die Grünen würden dafür kämpfen, in der neuen Halle auch andere Veranstaltungen stattfinden zu lassen.

"Punkt ohne Rückkehr"

Als „Punkt ohne Rückkehr“ bezeichnete Thomas Hacker (FDP) das Nutzungskonzept, „das wir nicht mittragen können“. So seien konjunkturbedingte Preissteigerungen im Konzept nicht aufgeführt; auch werde nicht auf die Inflation eingegangen; auch halte er die Fördersituation für vage. Hier grätschte Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe dazwischen: „Ich habe keinen Grund anzunehmen, dem Wort des Ministers nicht zu trauen.“

Verdreifachung der Erlöse?

Hacker weiter: „Das Konzept hätte ausführlich im Kulturausschuss besprochen werden müssen, es gibt schließlich seit eineinhalb Jahren einen Auftrag dazu – warum müssen wir es quasi über Nacht beschließen?“ Verärgert war Hacker auch über die angenommenen Besucherzahlen und das jährliche Defizit der Halle (eine gute Million Euro vor Abschreibungen) bis 2045. Das Konzept geht davon aus, dass die Erlöse aus den Veranstaltungen jedes Jahr wachsen. So von 527 000 Euro (2020) auf 1 784 000 im Jahr 2045. „Wie wollen wir diese Verdreifachung erreichen? Etwa über eine Verdreifachung der Miete?“ Und wenn mehr Veranstaltungen gebucht würden, brauche es mehr Mitarbeiter. Von denen und den Personalkosten lese er aber nichts im Konzept.

Kein kultureller Mehrwert

Stephan Huttner  (FDP/DU) schlug sich auf Schlags Seite: „Es ging darum, eine Halle mit Mehrwert zu schaffen. Doch mit diesem Konzept haben wir den Mehrwert nicht. Mit so einem Businessplan werden Sie bei  einer Bank scheitern, wenn es nur darum geht, Fördermittel abzugreifen.“ Im Konzept seien nur „ein bisschen Zahlen multipliziert“ worden, die Seminare zugunsten der Kunst-Förderung gestrichen worden. „Ein kultureller Mehrwert für Bayreuth ist für mich nicht erkennbar. Ich bin bei den Grünen – und dort bin ich sonst nie.“

Striedls Ironie

Und auch das Junge Bayreuth kritisierte den Kulturfokus. Stephan Schuh: „Bei 87 zu 13 Prozent legen wir uns fest. Was, wenn Anfragen von Nutzern kommen, die die Stadt deshalb ablehnen muss, weil sie sonst gegen die Förderrichtlinie verstößt?“ Baureferent Hans-Dieter Striedl antwortete ironisch: „Wir können natürlich auf die Förderung verzichten, dann sind wir frei.“ Klar sei, dass man die Bedingungen akzeptieren müsse.

Applaus von CSU und BG

Es gab auch Zustimmung  von CSU und BG. CSU-Fraktionsvorsitzender Stefan Specht: „Nur die Verwirklichung der großen Lösung ist eine sinnvolle Lösung. Und wir haben eine optimale Fördersituation für das Projekt geschaffen.“ Stephan Müller, Fraktionsvorsitzender der BG: „Es ist eine großartige Fördersituation.“ Er setzt auf die Bespielung des Kleinen Hauses, „das kann die örtliche Kulturszene sehr beleben“.

Hohl will Protokoll-Zusatz

In der CSU scherte einer aus dem Jubel aus: Michael Hohl. Auch er verwies auf den Konflikt, dass Förderrückzahlungen drohen könnten, wenn in der Praxis weniger Kultur und mehr Seminare stattfinden würden. Auch die Finanzierung bereitete ihm Sorge. Obwohl er sich als „Söderianer“ bezeichnete, hätte er gerne seinen Vorbehalt schriftlich festgehalten. Er pochte auf einen Zusatz im Protokoll, dass der Beschluss auf der Grundlage der zugesagten Förderungen von 75 Prozent der förderfähigen Kosten gefällt wurde.

SPD verschläft Abstimmung

Bei der Abstimmung hoben 15 Stadträte die Hand gegen das Nutzungskonzept, 26 waren dafür. Man sollte meinen, dass das Ergebnis in der zweiten Abstimmung dasselbe sein sollte. Dort ging es um den Beschluss, nun Architekten und Bauarbeiter zu beauftragen, also die Riesensumme von 55 Millionen Euro jetzt  unters Volk zu bringen. Sie endete allerdings mit nur sieben Gegenstimmen. Des Rätsels Lösung: Nach der stundenlangen und  anstrengenden Diskussion hatte SPD-Chef Bauske die Abstimmung verpasst. Und weil der die Hand nicht gehoben hatte, hoben sie auch die Genossen nicht.  Es hätte auch nichts am Ergebnis geändert.

 

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