Seit fast 400 Jahren ein Provisorium Stadtarchiv: Sylvia Habermann auf der Suche nach dem richtigen Ort

Von Frank Schmälzle
"Ich bin zuversichtlich": Sylvia Habermann, Leiterin des Stadtarchivs, rechnet damit, dass die Stadt einen neuen Standort für das Archiv finden wird. Foto: Wittek Foto: red

Doppelt so groß wie bislang, damit alle Dokumente und alle Nutzer Platz haben. Nahe an der Innenstadt, nahe am Historischen Museum und an der Stadtbibliothek. So stellt sich die Leiterin der Stadtarchivs, Sylvia Habermann, den neuen Platz für das Archiv vor. Seit Jahrzehnten sind die Probleme bekannt, seit Jahrzehnten diskutieren Stadträte darüber. Diesmal aber scheint eine Lösung für das Stadtarchiv in greifbarer Nähe.

 
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Das Problem schwelt wahrlich schon lange. Genau genommen seit 1621, seit dem großen Bayreuther Stadtbrand. Damals brannte auch das Rathaus auf dem Marktplatz bis auf die Grundmauern nieder. Der Magistrat zog um ins Bürgerspital, gleich neben der Spitalkirche. Und Stadtschreiber Hans Wolf Heller sammelte die wenigen Dokumente, die das Feuer nicht aufgefressen hatte, im Spital in einem „Archiv-Gewölblein“. Ein Provisorium war es schon damals. Eines, das fast 400 Jahre überdauerte. Und das sich jetzt dem Ende zuneigt.

Es würde gar keinen neuen Stadtbrand brauchen. Ein Funkenflug, ein Kurzschluss an einer der vielen offen verlegten Stromleitungen im Stadtarchiv, das inzwischen den Nordostflügel des Bürgerspitals einnimmt, würde genügen. „Dann würde Bayreuth große Teile seines Gedächtnisses verlieren“, sagt Sylvia Habermann, die das Archiv leitet. Seit Jahrzehnten weiß man an den verantwortlichen Stellen der Stadtverwaltung: Sollte es im Bürgerspital brennen, es wäre nicht viel zu retten. Selbstschließende Brandschutztüren? Fehlanzeige. Dafür allerorten Elektroinstallationen, die Experten die Sorgenfalten auf die Stirn treiben.

Stadtarchiv platzt aus allen Nähten

Mehr noch liegt im Argen: Auf nur 480 Quadratmetern müssen die drei Archivare die auf über 30 000 Dokumente und Akten angewachsenen Bestände verwahren und zugänglich machen. Im Rathaus schlummern noch mehr Dokumenten – die Archivare rechnen schon in Kilometern. Knapp zwei Kilometer Dokumentenmaterial ist noch nicht einmal gesichtet, geschweige denn archiviert. Weil im Stadtarchiv einfach kein Platz mehr ist. Sylvia Habermann sagt: „Damit wir zusammenfassen können, was erhaltenswert ist und für den Zuwachs der nächsten 30 Jahre gerüstet sind, brauchen wir mindestens die doppelte Fläche.“ Knapp 1000 Quadratmeter also.

Leiterin des Stadtarchivs: "Ich bin zuversichtlich"

33 Jahre lang leitet Habermann das Stadtarchiv und genauso lange mahnt sie und wartet darauf, dass sich etwas tut. Dass das Stadtarchiv ein größeres und ein sicheres Domizil bekommt. Immer wieder hatte es Diskussionen und Debatten im Stadtrat gegeben, wie Bayreuth mit seinem historischen Schatz umgehen sollte. Wie man diesem Ritt auf dem Pulverfass ein Ende machten könnte. Diesmal, sagt Habermann, habe sie ein gutes Gefühl. „Ich bin zuversichtlich.“ Denn diesmal handelt endlich jemand. Die Hospitalstiftung, der das Bürgerspital gehört, hat sich die Zustimmung der Stadträte zu einem Umbau gesichert, der im Herbst 2015 beginnen und fast vier Millionen Euro kosten soll. Ein Umbau des Gesamtensembles, von dem das Archiv nur einen Flügel nutzt. Rauswerfen werde man das Stadtarchiv auch danach nicht, sagt Stiftungs-Geschäftsführer Reinhard Burger. Aber er legt der Stadt nahe, sie solle nach einem neuen Standort für das Archiv suchen. Auch während der Sanierung kann das Stadtarchiv im Bürgerspital bleiben. Dann allerdings auf noch engerem Raum. „Wir werden für ein paar Monate schließen müssen“, sagt Habermann.

Dass trotz des Umbaus niemand das Stadtarchiv hopplahopp ausquartiert, ist ein Glück. Und eine Gefahr zugleich. Wird die Suche nach dem neuen Standort damit einmal mehr auf die ganz lange Bank geschoben? Die Stadträte haben jetzt im Ältestenausschuss beschlossen: Ein neues Konzept und ein neues Domizil fürs Stadtarchiv muss her. Doch solche Willensbekundungen gab es schon öfter. Diesmal aber ist Sylvia Habermann zuversichtlich. Weil alle mitziehen, sagt sie. Alle Fraktionen im Stadtrat und alle Ämter in der Stadtverwaltung.

Die Anforderungen an ein neues Domizil

Wenn sich die Leiterin des Stadtarchivs etwas wünschen dürfte, dann hätte sie gerne ein großzügiges Anwesen, das zentral oder zumindest am Rande der Innenstadt liegt. Damit der Bezug zum Historischen Museum und der Stadtbibliothek erhalten bliebt. Wenn sie sich etwas wünschen dürfte, dann hätte sie gerne ein älteres Gebäude, das zum Charakter des Archivs passt. Eines, das man mit moderner Technik ausrüsten kann und das Platz bietet für die Akten und für die, die das Archiv nutzen. Heimatforscher, Familienforscher und vor allem immer mehr Schüler. Ein Gebäude, das sich bestenfalls bereits im Eigentum der Stadt befindet.

Was Sylvia Habermann sagt, das unterstütze er ausdrücklich, erklärt Stephan Müller. „Man kann es beklagen, dass die fast 400-jährige Tradition des Stadtarchivs im Bürgerspital zu Ende geht“, so der Fraktionsvorsitzende der Bayreuther Gemeinschaft. „Aber das geht an der Sache vorbei.“ Platz und Sicherheit haben Vorrang. Müller will das Thema auf der kommunalpolitischen Tagesordnung halten. Die jetzigen Räume als Übergangslösung erhalten– „das wäre ja wohl finanziell völlig unangemessen.“ Müller will ein neues Domizil und fordert deshalb die Verwaltung zur Stellungnahme im Stadtrat auf: Gibt es bereits konkrete Überlegungen für einen neuen Standort? Der muss her. Denn das Problem schwelt schon viel zu lange.

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