Stadtarchiv an Bernecker Straße

Von Michael Weiser
Vorne Steno, hinten Schreibmaschinenmuseum: Die Leerssche Villa. Dort und dahinter könnte bald das Stadtarchiv eine Bleibe finden. Foto: Archiv/Ronald Wittek Foto: red

So was nennt man dann wohl einen Befreiungsvorschlag: Das Baureferat empfiehlt das Leerssche Anwesen an der Bernecker Straße als Standort fürs Stadtarchiv – und erntet einhellige Zustimmung vom Bauausschuss. Damit sinken die Chancen für den Alten Bauhof, dessen Abriss im Raum steht - obwohl sich Oberbürgermeisterin Merk-Erbe für ihn ins Zeug legte.

 
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Stefan Specht von der CSU lobte den Vortrag von Stadtbaureferentin Urte Kelm und die „Tischvorlage mit Pro und Contra auf eine Art und Weise, wie ich mir das öfter für Vorschläge der Verwaltung wünschen würde“. Das Auffällige daran: Auch seine Nachredner stimmten in den Lobpreis ein. Seinen „Glückwunsch“ äußerte Thomas Hacker von der FDP, Thomas Bauske von der SPD fand sogar, dass die Vorarbeit der Verwaltung den „ehrlichen Umgang“ im Gremium fördere.

Ein Coup des Baureferats

Da war klar, dass Urte Kelm und Stefan Bouillon vom Hochbauamt etwas Überraschendes gelungen sein musste. Der Befreiungsschlag, der befreiende Vorschlag. Dass das Archiv raus muss aus den alten, verwinkelten Räumen im Spitalhof, ist seit Jahren klar. Nur – wohin? So kam man erstmal auf den Alten Bauhof. Der prägnante Riegel am Hohenzollernring fällt ins Auge, ist sogar denkmalgeschützt. Aber er ist auch marode. Nur zum Teil steht das Gebäude auf festem Grund, die Osthälfte droht abzusinken.

 

 

Eine Sanierung käme teuer – ohne dass man damit eine optimale Lösung fürs Archiv gefunden hätte. Der Stadtrat hatte nach einer Begehung des Bauhofs denn auch von diesem Plan Abstand genommen. Dann hatte man das Areal des Rathauses II auserkoren.

Fast nur Vorteile

Und jetzt das: Kelm stellte am Dienstag dem Bauausschuss - perfekt mit Pro- und Contrapunkten aufgelistet - die Lösung vor, die offenbar fast nur Vorteile hat. Spielraum gibt es dort, die Chance, flexibel nach Platzbedarf zu bauen und zu erweitern, die Möglichkeit des barrierefreien Zugangs, eine Bushaltestelle in der Nähe, und ein historisches Gebäude würde man damit auf lange Sicht ebenfalls retten: die Leerssche Villa an der Bernecker Straße.

Rathaus-II-Areal soll Wohngebiet werden

Angesichts dieser Perspektive wurden die Standortalternativen – der Alte Bauhof eben und die Stelle, in der sich bislang das Rathaus II befindet – nur kurz diskutiert. Zu teuer der Bauhof, zu heikel das Rathaus-II-Areal. Das wird zwar frei werden, die Behörde wird zumindest teilweise in die Schlossgalerie umziehen, doch würde ein Archiv-Neubau die „für Wohnbauten vorgesehenen Flächen zerschneiden“, sagte Kelm in ihrem Bericht. Sie nannte auch statische Bedenken wegen der Felsenkeller. Georg Kämpf von der Bayreuther Gemeinschaft warnte davor, das „Filetstück“ eines neuen Wohnquartiers zu schmälern.

Wohin mit Steno und Schreibmaschine?

Davon kann in St. Georgen, im Geviert zwischen Seestraße und Inselstraße, nicht die Rede sein. Hinter der Leersschen Villa schließt sich ein großes Areal an – und dort findet sich der Haken an der Geschichte: In Baracken befinden sich dort Depot und Ausstellungsräume des Schreibmaschinenmuseums. Wohin nun damit? Und wohin mit der Forschungs- und Ausbildungsstätte für Kurzschrift und Textverarbeitung, die in der Villa sitzt?

Räume mieten für den Verkehrsüberwachungsdienst

Der grobe Entwurf sieht folgendes vor: Die Villa an der Bernecker Straße, einst ein Waisenhaus, könnte sozusagen das Schaugebäude des neuen Stadtarchivs werden, in dem sich unter anderem die Büros befinden. Dahinter schließen sich in zwei Riegeln die Depoträume des Archivs an. In diesen Räumen könnte Platz auch für das Schreibmaschinenmuseum geschaffen werden, regte Oberbürgermeisterin Merk-Erbe an.

Kein guter Platz für Kunst

Stefan Schlags von den Grünen sieht darin sogar Depoträume für andere Bayreuther Museen. Bauske gab Contra, mit der Expertise der Kunstmuseums-Chefin: „Frau von Assel sagt, das geht überhaupt nicht. Das Depot muss am Kunstmuseum sein.“ Bauske wandte sich anschließend auch gegen Merk-Erbes Absicht, Verkehrsamt und Verkehrsüberwachungsdienst in den Bauhof umziehen zu lassen. „Eine weitere Zergliederung ist kontraproduktiv. Wir sind eine Stadtverwaltung“, sagte er. Stefan Specht hatte zuvor schon die Nutzen des E-Governments erwähnt und Zweifel geäußert, dass große Büroräume künftig noch nötig seien. Den VÜD könne man auch in den Markgrafenhallen unterbringen, denkbar sei auch eine Mietlösung – das sei günstiger als die teure Sanierung des Bauhofs.

Bauhof abreißen?

Offen ist, wo Schreibmaschinenmuseum oder Kfz-Zulassung hinkommen werden. Für den Alten Bauhof dagegen scheint die Zeit abzulaufen. „Aus unserer Sicht hat der Bauhof keinen gravierenderen historischen Wert“, sagte Stefan Schuh vom Jungen Bayreuth. Er warnte vor dauerhaften Lasten und sprach von Verkauf oder Abriss. Dem wollte sich Brigitte Merk-Erbe ganz und gar nicht anschließen. „Wir haben in Bayreuth sehr viele Gebäude abgerissen, von denen wir heute sagen, hätten wir die nur nicht abgerissen.“ Mit seinem 10:7-Votum gegen den Bauhof als Domizil fürs Verkehrsamt hat der Bauausschuss die Chancen des alten Gemäuers allerdings nicht gerade erhöht.

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