Brief aus München an Angela Merkel Staatsregierung bereitet Verfassungsklage vor

Von Uli Bachmeier
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann stellt vier Forderungen an Bundeskanzlerin Angela Merkel. Foto: Matthias Balk/dpa Foto: red

Ein Drohbrief? Nein. Ein Bittbrief? Nein, auch nicht. Ja, was ist das denn nun für ein Schreiben, das die Bayerische Staatsregierung im Streit um die Flüchtlingskrise an die Bundesregierung richtet? In der Pressekonferenz nach der Sitzung des bayerischen Kabinetts in München herrschte am Dienstag zunächst einige Verwirrung, welchen Namen man dieser ungewöhnlichen Aktion denn nun geben solle.

 
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Es kommt schließlich nicht alle Tage vor, dass ein Land den Bund schriftlich bezichtigt, gegen das Grundgesetz zu verstoßen, und eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ankündigt, falls sich daran nicht unverzüglich etwas ändert.

Bayerns Justizminister Winfried Bausback (CSU), von Beruf ein Professor der Rechtswissenschaft, hatte nach einigem Hin und Her dann doch eine Bezeichnung parat. „Es ist ein Anspruchsbrief“, sagte er.

Den Anspruch, den Bayern gestützt auf ein Rechtsgutachten des früheren Verfassungsrichters Udo di Fabio erhebt, fassten Bausback und sein Kollege Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Dienstag in vier Forderungen zusammen.

Vier Forderungen:

Erstens: Der Bund müsse auf europäischer Ebene eine wirksame Sicherung der EU-Außengrenzen sowie eine effektive und faire Verteilung der Flüchtlinge in Europa durchsetzen.

Zweitens: Bis es so weit ist, müsse die Bundesregierung für effektive Grenzkontrollen an allen deutschen Grenzübergängen sorgen. Dazu gehöre insbesondere eine vollständige Registrierung der Flüchtlinge.

Drittens: Bei der Aufnahme von Flüchtlingen in Deutschland müsse es eine Obergrenze von 200 000 Personen pro Jahr geben.

Viertens: Die im Grundgesetz verankerte Drittstaatenregelung, die eine Zurückweisung von Flüchtlingen zum Beispiel aus Österreich, aber auch aus allen anderen Nachbarstaaten Deutschlands ermöglicht, müsse wieder angewendet werden.

Begründet werden diese Forderungen unter anderem mit der massiven Belastung Bayerns durch die hohe Zahl der Asylsuchenden. Herrmann sagte: „Bayern braucht sofort wirksame Maßnahmen.“ Solange es keine gesamteuropäische Lösung gebe und Flüchtlinge einfach nur nach Deutschland durchgereicht werden, müssten nationale Schritte zur Begrenzung der Flüchtlingszahlen ergriffen werden. „Der Bund steht hier in der Pflicht zu handeln. Deutschland kann nicht grenzenlos Flüchtlinge aufnehmen“, sagte Herrmann.

Keine Frist gesetzt

Der Brief ist nach Darstellung der Staatsregierung aus juristischen Gründen nötig, obwohl die bayerischen Forderungen in Berlin längst bekannt sind. Es handle sich, so Herrmann, um einen formellen Akt, der einer möglichen Klage Bayerns vor dem Bundesverfassungsgericht vorausgehen müsse. Ob sie dann tatsächlich klagt, will die Staatsregierung, wie mehrfach berichtet, von der Reaktion der Bundesregierung abhängig machen. Eine Frist wurde der Bundesregierung nicht gesetzt. Schließlich sei, so Bausback, jedem Juristen eindeutig klar, was der Begriff unverzüglich bedeute, nämlich ohne schuldhaftes Verzögern. Auf ein konkretes Datum festlegen wollten sich die Minister aber nicht.

Veröffentlicht werden soll der Wortlaut des Briefes erst am Freitag dieser Woche im Internet. Zwar sei das Schreiben, so Herrmann, schon vor der Pressekonferenz per Fax an das Bundeskanzleramt gegangen. Die Regeln des Anstands machten es aber nötig, den Wortlaut erst dann zu veröffentlichen, wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den Brief im Original mit der persönlichen Unterschrift des Ministerpräsidenten in Händen habe.

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