Diskutieren erlaubt
Sich darüber zu unterhalten, dagegen hat auch im Bayreuther Stadtrat niemand etwas. Christoph Rabenstein, Landtagsabgeordneter der SPD und selbst Historiker, hat schon Bücher zur Geschichte St. Georgens verfasst. Er sagt: „Es müsste zumindest einmal überprüft werden, ob ein Erhalt mit einem vertretbaren Aufwand überhaupt möglich ist.“ Etwas unter Denkmalschutz zu stellen sei schließlich nicht alleine eine Frage des Alters. In Fall des Baywa-Turms handle es sich vielmehr um ein Gebäude, das das Ortsbild über ein Jahrhundert lang prägte und das für die Industriegeschichte von Bedeutung sei.
Angst, dass dann der Investor abspringt
Ernst-Rüdiger Kettel, stellvertretender Vorsitzender der Bayreuther Gemeinschaft im Stadtrat und Ehrenvorsitzender des Bürgervereins Bayreuth-St. Georgen, hält dagegen: Bereits heute stehe nur noch ein Teil des Gebäudes. Vor allem die markanten Silos sind längst verschwunden. „Wäre man an einem Denkmal interessiert gewesen, dann hätte man es nicht scheibchenweise abreißen dürfen“, sagt Kettel. Er befürchtet zudem: Macht man dem Investor zu viele Vorgaben, könnte der schnell wieder abspringen. Dabei müsse die Stadt froh sein, dass jemand auf eigene Kosten verändern wolle, was heute katastrophal aussehe. So ähnlich sieht das auch Klaus Klötzer, Fraktionsgeschäftsführer der CSU. Er sagt: Man müsse über alles reden dürfen, er sei aber froh, dass sich auf dem Gelände endlich etwas tue. Vielleicht solle man sich das Gebäude aber doch noch einmal genauer anschauen.
Die Bürger haben jetzt das Wort
Dass das Gelände beplant werden darf und die Pläne jetzt für vier Wochen öffentlich ausgelegt werden müssen, das hat der Stadtrat beschlossen. Während dieser Zeit können sich die Bürger schriftlich zu dem Projekt äußern. Auf die Einwände muss dann wiederum die Stadtverwaltung reagieren. Ob sie das zu seiner Zufriedenheit tut, entscheidet dann wiederum der Stadtrat.
Als die ganze Gegend unter Wasser stand
Das Gebiet, das die Stadt mit Hilfe des Investors sanieren will, ist nicht nur wegen des Baywa-Turms ein geschichtsträchtiges. Tatsächlich stand all das, was jetzt mit Wohnungen und Gewerbeeinheiten bebaut werden soll, einmal unter Wasser. Von der Rückseite des Ordensschlosses bis vor die Tore Bindlachs ließ Markgraf Friedrich IV. im Jahr 1508 mehrere kleine Teiche zu einem großen zusammenlegen. 270 Jahre lang gab es diesen „Brandenburger Weiher“, aus dem die Markgrafen zunächst jährlich 15 Tonnen Fisch fischten, bis er schließlich um 1700 weiter ausgebuddelt und für Kriegsschiffe befahrbar gemacht wurde. Nachdem das Schloss wegen seiner Lage schon lange für rauschende Sommerfeste herhalten musste, wollten die Markgrafen damals Seespiele sehen.
Eine Insel für die schweren Schiffe
Weil die schweren Schiffe am flachen Ufer aber auf Grund gelaufen wären, ließen sie zum Be- und Entladen der Schiffe eine Insel aufschütten, die dem Viertel später seinen Namen gab. Ein Teil dieser Insel ist heute noch zu erkennen, weil er als einzig größerer Fleck in dem Viertel dicht mit Bäumen bewachsen ist. 1775 wurde der See schließlich abgelassen und zugeschüttet. Offenbar war er zu einem Hygieneproblem geworden. Von ungesunden Dämpfen ist damals zu lesen. Eines der größten Schiffe soll zuvor aber noch auf dem See in Brand geraten und wegen der explodierenden Kanonen an Bord unter fürchterlichem Krach gesunken sein. Jahre später fand man beim Bau des Nordrings noch die Spuren des Weihers – in Form von dunklen Schichten im Erdreich.
Das Schloss wird zum Gefängnis
Das Schloss selbst wurde um 1800 unter dem preußischen Minister Karl August von Hardenberg (nachdem eine Straße am Stadtfriedhof benannt ist) erst zum Geräteschuppen und Kornspeicher und später zum Lazarett. 100 Jahre später zog die Verwaltung des Zucht- und Arbeitshauses ein, kurz danach wurde es zum Frauengefängnis, als das es heute im Volksmund noch gilt. 1991 startete ein Verein mit Unterstützung der Stadt eine Petition, um das Schloss wieder der Öffentlichkeit zu übergeben. Ohne Erfolg. Weil weder ein Träger gefunden, noch ein Nutzungskonzept entwickelt wurde, investierte der Freistaat stattdessen zehn Millionen Euro, um aus dem Schloss die landesweit einzige Stelle für tuberkulosekranke Gefangene zu machen. Auf Nachfrage heißt es aus dem Justizministerium deshalb: Ein Abzug der Justiz aus dem Schloss sei kein Thema.
Mit Material aus dem Buch „St. Georgen – Bilder und Geschichten“ von Christoph Rabenstein und Ronald Werner aus dem Jahr 1994.