Kein Generalverdacht
Bausback betonte, es gehe bei den Maßnahmen nicht darum, bestimmte Berufsgruppen unter Generalverdacht zu stellen. „Es geht lediglich um die kleine Zahl schwarzer Schafe, die das System missbräuchlich ausnutzt.“
Fachwissen erforderlich
Weil für die Bearbeitung von Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen detailliertes Fachwissen erforderlich sei, habe Müllers Arbeitsgruppe eine Spezialisierung und Zentralisierung der Ermittler vorgeschlagen, sagte Herrmann. Bisher seien die Ermittlungen vor allem in Wirtschaftskommissariaten geführt worden. Künftig solle es in jedem Polizeipräsidium ein Wirtschaftskommissariat mit Spezialermittlern gegen Betrug im Gesundheitswesen geben. Die Ermittler würden seit 2015 entsprechend fortgebildet.
Planung läuft in Oberfranken
Wie viele Spezialermittler künftig an welchen Dienststellen in Oberfranken eingesetzt werden, konnte Polizeisprecherin Anne Höfer gestern auf Anfrage nicht beantworten. Derzeit laufe die Planung. Ermittlungen im Gesundheitsbereich seien sehr aufwendig und komplex und könnten mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Und wie im Fall des Bayreuther Kinderwunscharztes kämen im Lauf der Ermittlungen oft noch andere Straftaten ans Licht.
Kripomann Albert Müller riet Patienten und Angehörigen, bei Verdacht auf Abrechnungsbetrug die Polizei einzuschalten. Gleiches gelte für Pflegepersonal, wenn es von illegalen Praktiken erfahre oder gar zum Mitmachen angestiftet werde. Wer sich darauf einlasse, mache sich mit strafbar.
Kommentar: Fehler im System
Gelegenheit macht Diebe, sagt der Volksmund. Eine Milliarde Euro wird jeden Tag im expandierenden deutschen Gesundheitswesen umgesetzt. Da ist die Versuchung für manche Akteure groß, sich selber gesundzustoßen. Auf 14 Milliarden Euro schätzen die Kranken- und Pflegekassen das Ausmaß des Abrechnungsbetruges im Gesundheitswesen. Wie viele Arzneien könnten für dieses Geld billiger abgegeben, wie viele Pflegekräfte eingestellt und besser bezahlt werden? Das Geld aber verschwindet in dunklen Kanälen.
Dass die Polizei jetzt Spezialkräfte ausbildet und einsetzen will, um den Betrügern das Handwerk zu legen, kann man nur begrüßen. Aber: Warum muss eigentlich wieder die Polizei eine Suppe auslöffeln, die andere eingebrockt haben? Wenn die Kassen selber schätzen, dass sie durch interne Kontrollen nur lächerliche 0,25 Prozent des tatsächlichen Schadens aufklären, dann steckt der Fehler im System. Dann muss die Frage zunächst lauten: Wie kann ich die Finanzierung von Gesundheit und Pflege weniger betrugsanfällig und die Kontrollen effektiver machen? Das ist reichlich Stoff für die nächste Pflegereform. Klar, es geht um sensible Daten und Lebensbereiche. Aber ehe der Staat wieder den Pflegebeitrag anhebt oder an den Patienten spart, sollte er erst mal die Kontrolldefizite aufarbeiten.