Spezial-Rollstuhl war "Schrott"

Von Peter Engelbrecht
 Foto: red

Seit mehr als eineinhalb Jahren wartet Norbert Arndt aus Bischofsgrün auf einen einsatzfähigen Spezial-Rollstuhl. Er wirft der Krankenkasse Zermürbungstaktik vor, „die warten, bis ich gestorben bin“. Die DAK räumt einen „sehr langen Versorgungszeitraum“ ein.

 
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Der Schwerlast-Rollstuhl wurde dem stark übergewichtigen 47-Jährigen im Juli 2016 verordnet, er sollte über eine elektrische Brems- und Schiebehilfe verfügen. Ein auswärtiges Sanitätshaus lieferte das Gerät für rund 11.000 Euro – und damit begann der Ärger.

Der Rollstuhl habe sich in keinem gebrauchsfähigen Zustand befunden, sowohl die Sitzpositionierung, die Armlehnen, die Fußstütze als auch das Rückenteil seien für ihn nicht geeignet, berichtete Arndt. Zudem könne der Bleiakku unter dem Sitz, der Strom für den Motor liefert, durch seine schwingende Aufhängung beim ruckhaften Halten oder Anfahren die Beine verletzen. Und es gab weitere Mängel.

Nach entsprechenden Beschwerden hatte ein Außendienstmitarbeiter des Sanitätshauses im April 2017 nach einem Hausbesuch behauptet, die Anpassung des Rollstuhls sei „bedarfsgerecht ausgeführt“ worden.

Ärztin: Rollstuhl nicht geeignet

Die behandelnde Ärztin wiederum hielt den Rollstuhl für nicht geeignet. Und ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) hatte im Dezember 2017 die Mängel des Patienten in vollem Umfang bestätigt.

Es sei Sache der Krankenversicherung, einen neuen Rollstuhl zu beschaffen oder diesen entsprechend anzupassen, empfahl der MDK. Die Anpassungen seien aus medizinischer Sicht „dringend erforderlich und notwendig“.

Bereits bei Auslieferung hätte das Sanitätshaus die Mindestanforderungen an den Rollstuhl erkennen können. Doch all das ließ die Krankenkasse kalt. Daraufhin erhob der Schwerbehinderte im März 2018 gegen die DAK eine Untätigkeitsklage wegen Versorgung mit geeignetem Hilfsmittel. Diese liegt beim Sozialgericht Bayreuth, ein Verhandlungstermin steht noch nicht fest.

„Von der DAK im Stich gelassen“

Der Versicherte fühlt sich von der DAK im Stich gelassen. Er wirft ihr vor, sich nicht entsprechend um einen Ersatz zu kümmern. Der mangelhafte Rollstuhl gehöre der DAK, sie müsste das Sanitätshaus in Regress nehmen. „Doch nichts ist geschehen“, klagte der Kranke.

Er bezeichnete den gelieferten Rollstuhl als „Schrott“, der nun bei ihm herumstehe und nicht einmal abgeholt werde. Arndt glaubt, dass ihn die DAK zermürben will, „die warten, bis ich gestorben bin“. Die Krankenkasse habe vollständig versagt.

Arndt kann ohne einsatzfähigen Rollstuhl das Haus nicht verlassen, kann seine Hausärztin nicht besuchen und ist ohne jegliche sozialen Kontakte. Aus Verzweiflung wandte er sich an unsere Zeitung.

Kompliziert und kostenintensiv

DAK-Pressesprecher Daniel Caroppo mit Sitz in Stuttgart sagte auf Anfrage, es handle sich hier um eine sehr komplizierte und kostenintensive Versorgung. Der Versicherte stelle „sehr hohe Erwartungen“ an die Versorgung, die zum Teil nicht in das Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung fielen, wie der Wunsch, dass der Rollstuhl leicht genug sein sollte, um in ein Auto verladen werden zu können.

Der keinesfalls übliche sehr lange Versorgungszeitraum sei das Ergebnis vieler kleiner Verzögerungen, die alle Beteiligten zu verantworten hätten: Sanitätshaus, Krankenkasse und Versicherter.

Bei der DAK sei es zu Verzögerungen ab Februar 2018 gekommen, hier sei der Vorgang vier Wochen lang unbearbeitet geblieben. „Für diese Verzögerung möchten wir uns ausdrücklich entschuldigen“, sagte Caroppo. Die neuen Kostenvoranschläge sowie eine Interimsversorgung seien bereits angemahnt.

Wann ein brauchbarer Rollstuhl geliefert wird, blieb offen.

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