Speisen fast wie zu Luthers Zeiten

Von Norbert Heimbeck
Statt mit kitschigen Souvenirs will der Vorstand der Erlöserkirche mit einem mittelalterlichen Luther-Essen an den Reformator erinnern. Foto: Hendrik Schmidt Foto: red

Reis und Nudeln gab es schon, aber die Kartoffel fehlte noch auf Martin Luthers Tafel. Es ist gar nicht so einfach, ein Menü mit Speisen zusammenzustellen, wie sie vor 500 Jahren genossen wurden. Der Kirchenvorstand der Erlöserkirche hat es gewagt und lädt am 1. April zum „Luther-Essen“ ein.

 
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Angela Trautmann-Janovsky sagt: „Wir wollten etwas zum Reformationsjubiläum anbieten. Wir haben beschlossen, ein Menü aus der damaligen Zeit nachzukochen. Und jetzt bekommen wir allmählich Angst vor unserer eigenen Courage.“ Denn außer der Tatsache, dass es damals bestimmte Speisen nicht gab, kommt auf die Kirchenvorstandsmitglieder eine zweite Herausforderung zu: „Wir kochen üblicherweise nicht so oft für 60 Essensgäste“, sagt Pfarrerin Friederike Steiner.

60 Gäste werden erwartet

Es ist eine gehörige Portion Gottvertrauen, die die Organisatoren des Luther-Essens – außer Trautmann-Janovsky und Steiner gehört auch noch Pfarrer Michael Sonnenstatter zum engeren Kreis – antreibt. Infoblätter sind gedruckt, Einladungen geschrieben und die Musikgruppe „Lyra Musica“ ist gebucht. Ein Menü haben sie inzwischen auch zusammengestellt. Angela Trautmann-Janovsky sagt: „Wir beginnen mit einer Suppe von Pastinaken und Sellerie, als Zwischengang reichen wir Brot mit verschiedenen Aufstrichen, und als Hauptgericht bieten wir ein Wildschweinragout mit Sauerkraut, Erbsenbrei und Pilzen. Und zum Nachtisch soll es Bratäpfel geben.“ 60 Gäste dürfen am 1. April an der Tafel im Gemeindehaus der Erlöserkirche Platz nehmen.

Sauberes Trinkwasser war Luxus

Etwa ein halbes Duzend Hobbyköche werden die Herausforderung annehmen, für diese Menge zu schnippeln, zu köcheln und zu braten. Mit der Speisenauswahl wollen die Organisatoren sich grob an den überlieferten Rezepten der Katharina von Bora orientieren. Aber 1:1 nachkochen geht nicht, denn damals wurden Speisen viel stärker gewürzt als es heute üblich ist. Friederike Steiner sagt: „Die Luthers waren keine armen Leute. Aber damals waren die Menschen noch viel enger an den Jahreszeiten orientiert als wir es heute sind. Gegessen wurde, was verfügbar war. Unsere Vorstellungen von mittelalterlichem Essen sind von Filmen bestimmt – aber die geben oft ein falsches Bild.“ So sei die Verfügbarkeit von sauberem Trinkwasser „damals ein Luxus“ gewesen, sagt die Pfarrerin: „Ich bin froh, heute geboren zu sein.“ Die Dankbarkeit über gutes Essen oder die Tatsache, richtig satt zu werden, sei damals sicher größer gewesen.

Das Essen bei den Luthers diente nicht nur der Nahrungsaufnahme. Berühmt sind die Tischreden des Doktors. Aus diesen Texten werden daher die Altstädter Pfarrer beim Luther-Essen in der Erlöserkirche Auszüge vortragen.

Info: Das Menü mit Speisen wie fast zu Luthers Zeiten findet am 1. April ab 18 Uhr im Gemeindehaus der Erlöserkirche statt. Kosten: acht Euro. Anmeldung unter Telefon 09 21/ 6 10 36 oder per Mail an pfarramt.erloeserkirche.bt@elkb.de.

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