Späte Reue in Vergewaltigungsprozess

Von Manfred Scherer
Eine Bewährungsstrafe erhielt ein 33-Jähriger, der seine ehemalige Partnerin vergewaltigte. Foto: Britta Pedersen dpa/Archiv Foto: red

Ein Mann erträgt nicht, dass seine Geliebte sich von ihm trennen will. Er glaubt, er kann sie mit Gewalt halten und mit erzwungenem Sex umstimmen. Nun musste er als Angeklagter vor dem Bayreuther Schöffengericht lernen, dass die Frau viel stärker ist als er.

 
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Es war vor gut einem Jahr, da hatte die Frau genug: Ihr Lebenspartner schlug ihr derart heftig ins Gesicht, dass sie einen Nasenbeinbruch erlitt. Lange schon hatte es Unstimmigkeiten gegeben über die Art und Weise des Zusammenlebens. Die dreifache Mutter hatte einen neuen Vollzeitjob. Er dagegen arbeitete nur halbtags. Sie war glücklich mit ihrer neuen Aufgabe, er fühlte sich vernachlässigt. Er weigerte sich zu kochen, so dass sie an jenem Abend trotz der Streitereien selbst etwas zu essen machte. Er aß und sagte „Danke“. Sie las gerade ihrem jüngsten Kind etwas vor und sagte nur „hmm“. Er beschwerte sich, das sie nicht „bitte“ gesagt hatte. Im Streit holte er aus und knallte ihr die Rückhand ins Gesicht.

Er sagte: "Genau das hast du verdient"

„Ich sagte ihm, es geht nicht mehr. Die Beziehung muss enden“, sagt die Frau als Zeugin und Opfer im Prozess gegen ihren 33-jährigen Ex-Lebenspartner. Er ist wegen des Schlags auf der Nase wegen Körperverletzung angeklagt. Doch das ist „nur“ ein Nebenschauplatz, denn: Wenige Wochen nach dem Schlag auf die Nase tat der Angeklagte der etwa gleichaltrigen Frau etwas weit schwerer Wiegendes an. Er ignorierte ihr „Nein“, ihre Gegenwehr. Er packte sie an den Armen und vergewaltigte sie. In dem Bett, in dem er das Sexualverbrechen beging, schlief das gemeinsame dreijährige Kind. Das Opfer vor Gericht: „Er sagte: Genau das hast du verdient.“

Im Prozess vor dem Schöffengericht bestritt der Angeklagte zunächst. Seine Ex-Freundin habe sich die Nase in der Dusche gestoßen. Der Geschlechtsverkehr, der sei „wie gewöhnlich“ gewesen. Als Motiv für eine angebliche Falschbezichtigung nannte er dies: „Sie wollte, dass ich auf die Kinder aufpasse. Ich wollte das nicht und jetzt will sie mir Probleme bereiten.“

Verteidiger kann Zeugin nicht erschüttern

Verteidiger Andreas Angerer versuchte, die Glaubwürdigkeit der von Anwältin Cordelia Schmidt-Steingraeber vertretenen Zeugin in Zweifel zu ziehen. Auf die Fragen des Anwalts, warum sie denn das gleich daneben liegende Kind nicht aufgeweckt habe, um so zu erreichen, dass der Angeklagte von ihr ablasse, antwortete sie: „Ich wollte auf keinen Fall, dass das Kind mitbekommt, wie sein Papa seiner Mama Gewalt antut.“

Nach der Tat rief die Frau die Polizei und ging zum Arzt, um ihre Verletzungen dokumentieren zu lassen. Der Haftbefehl gegen den Angeklagten wurde unter Auflagen außer Vollzug gesetzt. Er zog zwar aus der gemeinsamen Wohnung aus, aber er stellt seiner Ex-Freundin seither nach.

Staatsanwalt will Gefängnisstrafe

Der Gerichtsvorsitzende Torsten Meyer machte ziemlich deutlich, dass er der Zeugin glaubt. Er gab dem Angeklagten den Rat, seine Einlassung zu überdenken. Nach einer längeren Pause kam Verteidiger Angerer zurück und wandte sich an die Zeugin: „Ihre Aussage war astrein.“ Sein Mandant gestehe nun die Anklagevorwürfe.

Für Staatsanwalt Matthias Burkhardt war das Geständnis nicht mehr von großem Wert. Er beantragte zwei Jahre und neun Monate Haft.

Das Schöffengericht sah in dem Geständnis den Hauptgrund, einen Ausnahmefall anzunehmen, in dem man unter der Mindeststrafe von zwei Jahren bleiben könne: Ein Jahr und zehn Monate auf Bewährung lautete das Urteil. Der Täter muss dem Opfer 4500 Euro Schmerzensgeld zahlen und darf sich der Frau nur noch bis auf 100 Meter nähern. Der Richter zum Angeklagten: „Wenn sie nicht aufhören, ihrer Ex-Freundin nachzustellen, wird die Bewährung ganz schnell widerrufen.“

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