Klassik mit höchstem Unterhaltungsfaktor: Salut Salon demnächst in Bayreuth - Interview mit Iris Siegfried Spaß mit der Musik, ganz demokratisch

Wer da nicht zum Klassikfan wird, der wird es so schnell auch nicht mehr: Die vier Musikerinnen von Salut Salon präsentieren Musik von Mozart bis Piazolla mit viel Spaß, großem Können und größtem Unterhaltungsfaktor. Am 22. Mai ist das Quartett mit seinem Programm "Die Nacht des Schicksals" in Bayreuth zu erleben. Für uns ein Anlass, mit der Mitbegründerin Iris Siegfried über Spaß an der Musik  zu reden und darüber, was eine Geigerin von Jimi Hendrix lernen kann. 

 
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Salon Salut stammt aus Hamburg. Haben Sie schon einen Termin für das Heimspiel in der Elbphilharmonie?

Iris Siegfried: Ob wir den noch erleben, wäre wohl die richtige Frage… (lacht). Immerhin, jetzt ist die Rede davon, dass die Elbphilharmonie 2017 fertig werden soll. Es würde mich freuen, wenn wir dann auch dort auf der Bühne stehen dürften.

Nachdem Sie sonst nahezu überall schon gespielt haben, und das auch noch mit großem Erfolg...

Siegfried: Ja, wenn man bedenkt, wie wir damals begonnen haben, sozusagen als Sonntagsnachmittagsspaß, dann ist es eigentlich kaum zu glauben, dass wir mittlerweile regelmäßig in Häusern wie dem Prinzregententheater auftreten, in der Tonhalle in Zürich, in der Philharmonie in Essen Philharmonie, im Thalia Theater in Hamburg, demnächst auch im Konzerthaus am Gendarmenmarkt...

...und demnächst sogar in Bayreuth.

Siegfried (lacht): Ja, sogar dort.

Den Spaß nehme ich Ihnen sofort ab. Nicht aber die Beiläufigkeit, so mal schnell am Sonntagnachmittag....

Siegfried: Das war eben so, dass ich mit meiner Freundin Angelika schon in der Schule im Schulorchester zusammengespielt habe. Wir haben dann in einer WG zusammen gelebt, sind zusammen auf Weltreise gegangen, haben uns die Reise mit Straßenmusik finanziert. Und für den Jour Fixe in Hamburg, worunter man einen Salon im besten Sinne verstehen kann, haben wir immer zusammen geprobt und verschiedene Dinge musikalisch ausprobiert. Immer einmal im Monat, jeden letzten Freitag. Heute schaffen wir es immerhin noch zwei-, dreimal im Jahr, aber es kommen immer noch alle Freunde von damals zusammen. Und wir probieren auch heute noch alle Stücke für unsere neuen Programme aus. Wir sind gut ausgebildet, das schon, aber wer hätte schon gedacht, dass wir mit dem Quartett und unserer ja eher ungewöhnlichen Mischung aus Klassik, Chansons und akrobatischen Einlagen so weit kommen?

Virtuos sind Sie und Ihre Mitstreiterinnen. Wie wichtig aber ist das Verständnis untereinander?

Siegfried: Für diese Form der kreativen Arbeit muss man sich sehr gut verstehen. Und da haben wir großes Glück gehabt. Alle haben ihren eigenen Kopf, können aber auch gut im Team zusammenarbeiten. Und wir arbeiten auch daran, dass es so bleibt: So machen wir bei unseren Proben auch immer etwas, das wir "Rotationsrunde" nennen. Damit jeder zu Wort kommt. Und am Ende einer Probe gibt es Feedbackrunden. Miteinander reden ist einfach wichtig, wenn man sich auf der Bühne musikalisch blind verstehen will.

Wer ist denn die Chefin in der Truppe?

Siegfried: So etwas haben wir nicht. Angelika und ich haben das Quartett gegründet, wir machen auch alles drum herum, aber künstlerisch sind alle gleichberechtigt. Das läuft bei uns ganz demokratisch. 

Wenn man sich das Publikum mancherorts ansieht, wird einem angst und bang um die Zukunft der klassischen Musik. Sind solche Konzerte zu museal, um auf Dauer ihr Publikum zu finden? 

Siegfried: Ich persönlich mag die rein klassischen Konzerte sehr gern, ich weiß aber auch, dass es Menschen gibt, die bisher noch nicht so viel mit Klassik in Berührung gekommen sind. Auf diese Menschen wirkt der etwas „steifere Umgangston“ vielleicht abschreckend. Aber es ist natürlich auch so, dass viele Leute klassische Musik erst in einem späteren Lebensalter als Bereicherung erfahren. Auf der anderen Seite arbeitet man daran, klassische Musik noch besser zu vermitteln, mit Einführungen vor oder auch während der Konzerte. Da gibt es schon einige viel versprechende Konzepte. 

Was die Entwicklung der klassischen Musik betrifft, da endet der Fortschritt für die meisten Leute doch mit Mahler.

Siegfried: Nicht aber für unsere Cellistin, Sonja Lena Schmid, sie spielt selbst viel neue Musik. Ich höre Neue Musik gern, aber lieber live als auf Platte. Aber davon mal abgesehen: Jeder sucht sich doch seine Nischen. Wo kann man heute noch Jazz live hören? Eben, auch das ist Musik für Nischen. Das ist also nicht nur bei moderner Klassik so.

Was kann man von Jimi Hendrix lernen, außer sein Instrument hinterm Rücken zu spielen?

Siegfried: Oder mit der Zunge (lacht). Ich hab sogar schon einen Jimi Hendrix-Abend mit Nigel Kennedy gehört, der damit auf Tournee gegangen ist. Man kann so viel kombinieren und von allem lernen, nicht nur von Jimi Hendrix. Wir lassen uns mit dem Quartett auch von anderen Ländern, anderen Kulturen inspirieren, bringen da immer wieder neue Töne, sogar neue Instrumente mit. Und auch über YouTube kann man sich heute alles anschauen, sogar die ganz alten Aufnahmen großer Geiger. Lauter Quellen der Inspiration - unerschöpflich.

Eine Anregung, die Sie aus dem Ausland mitbrachten, war, eine Schule in Chile zu unterstützen...

Siegfried: Genau, eine Schule in einem Armenviertel in der Nähe von Viña del Mar. Mehr als dreihundert  Kinder gehen dort inzwischen zur Schule. Wir sind auch immer wieder vor Ort, machen Tourneen durch Chile gemacht, bei denen die chilenischen Kinder die Zugabe spielen dürfen. Wir sammeln nach jedem Konzert für diese tolle Schule und sind mit Herzblut dabei. 

Und wovon ließen Sie sich bei Ihrem neuen Programm "Die Nacht des Schicksals" inspirieren?

Siegfried: Vom Schicksalsthema, so, wie es bei den Philosophen vorkommt, in der Religion und in der Musik. Wir haben uns gefragt, wie sich Komponisten durch dieses Thema haben anregen lassen. Oder Musik verwendet, die selbst schon wie Schicksal klingt.  Etwa den Mephisto-Walzer von Franz Liszt, oder die "Milonga del angel" von Piazolla, einen Danse Macabre von Camille Saint-Saens, und dann wieder eine unglaublich virtuose Geigenimprovisation von Nino Rota, die klingt einfach wie pure Schicksalsmusik. Wir haben viel Moll im Programm, das haben wir aber auch erst später festgestellt. Wichtig ist uns die Zusammenstellung des Programms, dass die Moderationen alles schön ineinander führen. Der Spaß kommt natürlich auch nicht zu kurz, wir besingen dann auch gern das eigene Schicksal, ich verliere zum Beispiel immer alles…

Den Faden, zum Beispiel...

Siegfried: Auch den Faden, genau. Und die Cellistin singt in Anlehnung an Udo Lindenberg "Ich spiele Cello". Ja, so ist das, diese Mischung macht uns Spaß, und hoffentlich auch unserem Publikum. 

Das Gespräch führte Michael Weiser

Autor