Sonnenplatz für seltene Mehlbeeren

Von Gisela Leinberger
Die Felsen hinter der Betzensteiner Schule werden freigelegt - damit die Mehlbeere im Sommer mehr Licht bekommt. Foto: Bernhard Nniemczyk Foto: red

Im Auftrag des Landespflegeverbandes Fränkische Schweiz-Rotmaintal legt die Firma Vertical Tours derzeit eine Felsformation in der Nähe der Betzensteiner Schule frei. Die Mehrbeeren sollen mehr Sonne abbekommen.

 
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Auf einer Fläche von rund 3000 Quadratmetern an und um die Felsformation werden die Konkurrenten der urfränkischen Hersbrucker Mehlbeere seitdem ausgelichtet.

Durch gezielte Entnahme von beschattenden und schneller wachsenden Gehölzen wie Buche und Haselnuss sollen die Mehlbeeren wieder einen Platz an der Sonne bekommen. Die sehr genügsamen Sonnenanbeter gedeihen im lichten Kiefernwald, am Waldrand, auf Magerrasen und Felsköpfen am besten.

Eine sehr seltene Art

Bei den Exemplaren in Betzenstein handelt es sich um die Hersbrucker Mehlbeere (Sorbus pseudothuringiaca), eine sehr seltene und endemische (nur in kleinräumiger Verbreitung) vorkommende Art. Diese beschränkt sich auf rund tausend Exemplare im fränkischen Jura zwischen Hersbruck und Pegnitz, Gößweinstein und an der Wiesent sowie Ebermannstadt und Forchheim.

Früchte dienten als Mehlersatz

Ihren Namen verdanken die Mehlbeeren wohl dem Umstand, dass die Früchte in Notzeiten getrocknet und gemahlen als Mehlersatz und zur Haltbarmachung von Brot dienten. Alle endemischen Mehlbeeren in der Region sind gefährdet, einige sogar vom Aussterben bedroht. Insbesondere durch die Aufgabe historischer Nutzungsformen und dem damit verbundenen Umbau in Hochwald sind sie aus den Wäldern großflächig verschwunden und nur noch an Waldrändern oder Felsköpfen zu finden. Gemäß der Roten Liste Bayerns wird die Art mit Stufe drei als gefährdet eingeordnet.

Naturschutzprojekt der Kirche

Ende der 90er Jahre definierte das Naturschutzprojekt der evangelischen Kirche „Ein jeder Baum nach seiner Art“ Gehölze und Flächen, die einer besonderen Aufmerksamkeit und Unterstützung bedürfen. Ein Maßnahmen- und Pflegekatalog wurde auch für die Felsen am Mehlbeerenweg festgelegt.

Für die Kontrolle dieser Bereiche und die Überwachung der Aktivitäten sorgt der Landschaftspflegeverband Fränkische Schweiz-Rotmaintal, dessen Vorstand drittelparitätisch mit Vertretern aus Gemeinden, Naturschutzverbänden und Landwirten besetzt ist. Er trägt auch zehn Prozent der Kosten, während das Land Bayern den Großteil von 90 Prozent übernimmt.

Zur Rettung der seltenen endemischen Arten versucht der Landschaftspflegeverband darüber hinaus zusammen mit der Regierung Oberfranken, dem Landratsamt Forchheim und den Botanischen Gärten Erlangen, Bayreuth und Regensburg in der Obstbauversuchsanlage des Landkreises Forchheim in Hiltpoltstein eine Erhaltungszucht aufzubauen.

Mehlbeeren werden gerne von Vögeln gefressen

Mehlbeeren gehören zum Kernobst aus der Familie der Rosengewächse, ebenso wie Äpfel und Birnen. Ihre Früchte sind jedoch viel kleiner und meistens auffällig rot oder orange gefärbt. Sie werden gerne von Vögeln gefressen, welche die Kerne dann mit dem Kot verbreiten. Blätter und Rinde sehen von Art zu Art recht unterschiedlich aus. Einige Mehlbeeren wie etwa die Vogelbeere, auch Eberesche genannt, sind sehr häufig und weit verbreitet, andere Arten, zum Beispiel die Gößweinsteiner Mehlbeere, kommen nur in einem eng begrenzten Areal vor.

Diese Arten sind wahrscheinlich erst nach der letzten Eiszeit vor rund 10 000 Jahren entstanden, naturgeschichtlich betrachtet also noch sehr junge Arten.