Sommerliches Burgenland in Bayreuth

Von Michael Weiser
Bedrohliche Phalanx: Harro Pirch vor einem seiner Stierbilder, bei der Vernissage am Mittwoch. Foto: Ronald Wittek Foto: red

Das Burgenland zu Gast in Bayreuth: Im Programm der Kulturpartnerschaft zwischen dem österreichischen Bundesland und der Bezirkshauptstadt Oberfrankens stellt Harro Pirch seine Bilder aus. Mit Landschaft, noch mehr Landschaft, und mit vielen Häusern - und keinen Menschen.

 
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Äcker, Himmel, Haine sind mit kräftigen Strichen schraffiert, es wirkt, als flirrten die Erde, die Luft und das sommersatte Chlorophyll unter südlicher Sonne. Die Rede ist aber nicht von Vincent van Gogh, sondern von einem gebürtigen Steirer, der im Burgenland lebt. Der Österreicher könnte zwar einige Bilder von van Gogh zumindest mal kurz angeschaut haben, etwaige Anregungen aber hat er in etwas eigenes umgesetzt. In manchen der stärksten Bilder von Harro Pirch verwandeln sich Landschaften in Kompositionen, die wie konstruiert wirken. Das Abbild der Landschaft wird zu etwas eigenem; eben kein bloßes Abbild mehr, sondern etwas, was der Maler sah – und fühlte. Es wird zur Seelenlandschaft des Malers.

Raus in die Natur

Wegbegleiter wissen zu berichten, dass Pirch schon als Kind viel Zeit in der Natur verbrachte, die natürlich selten nur wirklich reine Natur ist, sondern meist durch den Menschen bis zur Unkenntlichkeit gestaltet, modelliert und – das kann man nach dem Studium der Bilder Pirchs schon sagen – überzeichnet wurde. In den gepflegten Rainen, den geraden Baumreihen einer Allee, in der fast schon rhythmisch geführten Reihung der sommerlichen Felder hat sich der Mensch tief in die Natur eingeschrieben. Diese Lettern hat Pirch quasi verdichtet.

Meist in Pastellkreide auf Seide ausgeführt, entfalten diese Bilder ein geheimnisvolles Schillern, das den Betrachter in die Atmosphäre eines Sommernachmittags entführt. Bilder aus dem Herbst, dem Frühling und dem Winter sind – zumindest in der Auswahl, die in der Ausstellungshalle des neuen Rathauses zu sehen ist – klar in der Minderheit. Was auch auffällt: Die Spuren des Menschen sind allenthalben zu sehen, mehr noch, sie prägen längst die Natur. Doch auf keinem der Bilder sind Menschen zu sehen. Wir müssen uns den Künstler als glücklichen Solisten vorstellen, ganz allein im Angesicht seiner Landschaft.

Kraft und Eleganz

Die sinnlich erfahrbare Welt hält er in anderen Bildern in geometrischen Formen wie eingefroren fest. In Ansichten etwa von Istanbul, vom Gewucher von Altstädten: Von oben fällt der Blick auf ein Häusermeer, dessen Wogen die Giebel und die auf- und absteigenden Dachflächen sind. Das Neben- und Miteinander von Flächen und Formen in verschiedenen Rottönen und Weiß wirkt auf den flüchtigen Blick wie Konstruktivismus. Dann erst löst sich das Muster in Dächer, Mauern, Höfe, Häuser auf.

Wenn Lebewesen in der Bayreuther Präsentation auftauchen, dann eher als Symbol für das Zusammengehen von Kraft und Eleganz – in Gestalt von Stieren. Wie in einem Pulk gedrängt malt er sie von oben, in Bildern mit dem Titel „Stierkampf“. Es wirkt, als habe Pirch verschiedene Phasen eines Kampfes in einer einzigen Momentaufnahme nebeneinandergestellt. Genau auf Augenhöhe des Charakters, als bedrohliche Phalanx, bildet er sie auf anderen Bildern ab. Und die sommerliche Landschaft ist auf einmal nur noch ein Gesicht der Natur.

INFO: Harro Pirch, Ausstellung im Programm der Kulturpartnerschaft mit dem Burgenland im Neuen Rathaus in Bayreuth. Bis 28. Oktober.

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