Soldaten erschießen Motorradfahrer

Das deutsche Konsulat in Mazar-e-Sharif nach dem Anschlag. Foto: Mutalib Sultani/dpa Foto: red

Ein Lastwagen voller Sprengstoff, mindestens sieben Tote, Schäden in Millionenhöhe - und die Deutschen finden sich plötzlich in vorderster Schusslinie der Taliban wieder. Bundeswehrsoldaten erschießen zwei Motorradfahrer. Eine traurige, folgenreiche Nacht in Nordafghanistan.

 
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Nach einem massiven Bombenanschlag auf das deutsche Generalkonsulat haben Bundeswehrsoldaten in der nordafghanischen Stadt Masar-i-Scharif zwei Motorradfahrer erschossen. Diese hätten am Morgen nach dem Attentat nicht angehalten, als sie dazu aufgefordert worden waren. Das erklärte der Sprecher des Gouverneurs der Provinz, Munir Farhad, am Freitagmittag (Ortszeit).

Farhad zufolge kamen bei dem Anschlag am Donnerstagabend und dem Vorfall am Freitagmorgen insgesamt sechs Zivilisten ums Leben, darunter die beiden Motorradfahrer. Das Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» berichtete, von den Schüssen der Bundeswehrsoldaten sei ein dritter Motorradfahrer schwer verletzt worden.

Ein Attentäter hatte am Donnerstagabend einen mit Sprengstoff beladenen Lastwagen in eine Außenmauer des Konsulats gerammt. Dabei kam der Angreifer um; 128 Menschen wurden zudem nach Klinikangaben verletzt. Ein zweiter Attentäter sei lebend festgenommen worden, sagte Munir. Er korrigierte damit am Freitag seine frühere Einschätzung, es habe noch einen dritten Angreifer gegeben.

Im Generalkonsulat im Zentrum der Großstadt Masar-i-Scharif unweit der berühmten Blauen Moschee arbeiten etwa zwei Dutzend Deutsche. Sie sind laut Auswärtigem Amt alle «sicher und unverletzt».

Die massive Detonation hatte nicht nur am Konsulatsgebäude immensen Schaden angerichtet. Auch Privathäuser und Geschäfte waren betroffen. Der Schaden gehe in die Millionen Afghani, sagte Munir Farhad.

Ein Anwohner, Mirza Mohammed, beschrieb, wie in einem weiten Umkreis in allen Häusern die Fensterscheiben herausgesprengt worden seien. «Die Straßen sind voller Glas, Geschäfte haben keine Türen mehr.»

«Das Dach mein Ladens ist eingebrochen, und ich habe nicht das Geld, es reparieren zu lassen», sagte ein junger Ladenbesitzer, Salahuddin. «Das ist eine Katastrophe. Jetzt habe ich nichts mehr.»

Ein anderer Geschäftsmann, Abdul Khali, sagte: «Ich bin so böse auf die Regierung. Entweder soll sie die Ausländer loswerden oder die Taliban. Alle meine Waren sind kaputt. Wer zahlt mir den Schaden? Das war meine einzige Einkommensquelle.»

Die Taliban hatten sich schon in der Nacht zum Freitag zu der Tat bekannt. Sie begründeten den Anschlag mit einer Mitschuld der Deutschen an einem US-Luftangriff auf Taliban in Kundus in der Nacht des 3. November. Damals waren auch rund 30 Zivilisten, darunter viele Kinder und Frauen getötet worden. Die Deutschen hätten den US-Streitkräften die notwendigen nachrichtendienstlichen Informationen zukommen lassen, sagte ein Talibansprecher der Deutschen Presse-Agentur.

Nach Auskunft der Bundesregierung war die Bundeswehr am fraglichen Luftangriff nicht beteiligt. Der Sprecher der US-Streitkräfte in Afghanistan, General Charles Cleveland, hatte der dpa nach dem Angriff per E-Mail bestätigt, dass die USA einen Luftangriff zum Schutz einer unter Beschuss geratenen afghanisch-amerikanischen Bodenoffensive ausgeführt hatten.

Talibansprecher Mudschahid sagte allerdings: «Wieso sollten wir die Deutschen nicht angreifen? Deutschland war direkt beteiligt an dem Luftschlag, der Zivilisten das Leben gekostet hat. Jeder weiß, dass sie noch ein Lager in Nordafghanistan haben. Deutsche Soldaten sind noch immer dort.»

dpa

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