Analyse: Prozess gerät aus Zeitplan – Entscheidendes Gutachten vertagt Soko-Ermittler weisen Foltervorwurf zurück

Von Manfred Scherer
Der Fall-Analytiker Alexander Horn hatte am 2. Verhandlungstag ausgesagt. Er erstellte die umstrittene Tathergangshypothese. Foto: Wittek Foto: red

Das Landgericht Hof brauchte im Jahr 2003 und 2004 für den Fall Peggy 26 Prozesstage. Das Landgericht Bayreuth will die Wiederaufnahme in neun Tagen stemmen, also einem Drittel der Zeit. Am dritten Verhandlungstag am Dienstag wird klar: Das ist wohl nicht zu schaffen.

 
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Das Gericht hat zusätzliche Zeugen geladen, darunter den ehemaligen Verteidiger von Ulvi K.lac. Das für Dienstag vorgesehene Glaubwürdigkeitsgutachten über das umstrittene und später widerrufene Geständnis des geistig behinderten Angeklagten soll der Gutachter, der Psychiater Hans-Ludwig Kröber, nun erst am 6. Mai erstatten. Kröber hatte im ersten Prozess Kulacs Geständnis, Peggy Knobloch am 7. Mai 2001 getötet zu haben, für glaubwürdig erachtet.

Dass das Geständnis nicht von einem üblichen Verdächtigen kam und es erst nach mehreren Nachvernehmungen feststand, räumten mehrere Ermittler ein. Die Beamten der zweiten Sonderkommission gaben auch zu: Ja, dem Verdächtigen mit der kindlichen Persönlichkeit konnte man weniger offene Fragen stellen, sondern eher Fragen mit inhaltlichen Vorgaben. Ein Beamter bestätigte wenigstens eine Situation, in der Kulac „unsere Erwartungshaltung befriedigen wollte.“

Die Zeugen wiesen es aber zurück, dass ein vorab durchgesprochener Tathergang suggeriert worden sei oder das Geständnis unter psychischem Druck oder gar „Folter“ zustande gekommen sei, wie die Verteidigung behauptet. Der Polizist, dem Kulac am 2. Juli 2002 den Mord in einem „Spontan“-Geständnis gestanden haben soll, bestritt als Zeuge vehement, er habe Kulac mit den Worten bedrängt: „Sag die Wahrheit, wenn du willst, dass ich dein Freund bleibe.“

Zu der Tathergangshypothese eines Münchner Profilers für den Fall Peggy sagte einer der Ermittler: „Das war für mich nicht so wichtig. Überlegungen, wie eines solche Tat gewesen sein kann, muss ein jeder Ermittler immer für sich anstellen.“ Die Tathergangshypothese des Profilers ist einer der zentralen Wiederaufnahmegründe für das Bayreuther Landgericht. Das Gericht meint, Gutachter Kröber hätte möglicherweise anders geurteilt, wenn er gewusst hätte, dass es ein solches Szenario gab.

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