So war die Limmersdorfer Lindenkerwa

Von Ulrike Sommerer

Der Hammel glotzt, als würde er ahnen, welches Schicksal ihm droht. Erst wird ihm ein Geschirr angelegt, dann auch noch eine Blumengirlande umgebunden und jetzt geht es mit Tschingderassabumm durchs Dorf. Da soll man nicht störrisch werden? Aber Bolti hält durch. Auch wenn die Hammelführer-Jungen ganz schön ziehen und zerren müssen, um Bolti in der Bahn zu halten. Es ist Lindenkerwa in Limmersdorf. Ein Dorf im Ausnahmezustand. Hier sind die Hauptpersonen.

 
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Der Hammel: Heißt in diesem Jahr, wie erwähnt, Bolti. Er ist nervös. Und das, obwohl die Hammelführer im Vorfeld tagelang mit ihm spazieren gehen geprobt haben. Sogar mit Musik. Zur Übung mit CD-Player. Im Ernstfall dann mit Blaskapelle. Das mag wohl etwas lauter sein, als zur Probe. Und die vielen Leute hatte man beim Testdurchlauf auch nicht zur Hand. Bolti bockt also etwas, bekommt vor lauter Aufregung Durchfall. Aber ansonsten ist Bolti ein wunderbarer Platzhammel. Ein Hammel, erklärt Veit Pöhlmann, Lindenkerwa-Urgestein aus Limmersdorf, habe wohl schon immer den Kerwazug angeführt. Die Platzpaare besorgen das Tier, zum Kerwa-Abschluss wird der Hammel dann verlost. Ein Trost für Bolti: „Die wenigsten landen später in der Pfanne“, sagt Marina Schneider, eine Limmersdorferin.

Die Hammelführer und Sprenger-Träger: Ihre Liebe Not mit Bolti haben Aaron, Leonard, Toni, Marco und Norwin. Sie haben die Aufgabe übernommen, Bolti zu führen und aufzupassen, dass niemand ihn stiehlt. Außerdem müssen die Jungen den Biersprenger der Plootzer tragen. Die Plootzer: Blumenschmuck am Zylinder, weiße Schürze, schwarze Weste, Juchzer aus voller Kehle: Die Kerwa-Plootzer, die Platzburschen also, sind leicht zu erkennen. Ledig müssen sie sein und aus Limmersdorf. Mehr Qualitäten gilt es gar nicht zu erfüllen, erklärt Fabian Kraus. Er ist 24 und zum vierten und wohl letzten Mal ein Plootzer. Denn der Aufwand, der mit der Kerwa verbunden ist, sei enorm, sagt er. Fabian Kraus hat zwei Wochen Urlaub genommen, um die Kerwa mit zu organisieren. „Tradition“ ist seine Antwort auf jede Frage. Warum er das macht, warum es nur vier Paare sind, warum der Hammel den Zug anführt, warum die Plootzer farbige Bänder an einem Finger gebunden tragen.

Die Madla: Werden von den Plootzern zu Hause abgeholt, was den Zug durchs Dorf erklärt. Luisa Pöhlmann ist 16 Jahre alt, bei ihr hält der Zug als erstes an. Ihr Plootzer ist Max Näther, 19. Auf ihn wartet sie vor der Haustür. Dort wird getanzt, gegessen, getrunken.

Die Versorgung: Darum kümmert sich oft die ganze Verwandtschaft der Madla. Petra Ziegler zum Beispiel hat mit Cousinen und Tanten und Freundinnen der Tochter sieben große Weißbrotstangen und drei große Laib Brot zu Häppchen verarbeitet und hält sie bereit, als der Zug bei ihr eintrifft.

Die Ersatzdamen: Bis ein jeder Plootzer sein Madla im Arm hält, tanzt er mit einem Ersatzmadla. Chereen Heinrich ist eine davon, sie war selbst schon Kerwamadla, jetzt dient sie als Ersatz. „Das gehört halt auch dazu“, sagt sie.

Die Wiederholung: Wer das Spektakel noch einmal sehen will, kann das am Montag tun. Dann wird das gesamte Prozedere wiederholt. Nur, dass diesmal die Männer abgeholt werden.

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