So macht die neue Sprache Spaß

Von Andrea Pauly
Der Flüchtlingskinderchor Weidenberg unter Leitung von Hans Schöffel beim Andreasmarkt, Foto: Andrea Pauly Foto: red

Kinderchöre haben etwas Besonderes: Manchmal singen die Kinder nicht ganz textsicher, manchmal stimmen die Melodien nicht ganz. Das stört aber nie, denn dafür singen die Kinder oft mit spürbarer Begeisterung. Dass die Kinder, die beim Andreasmarkt am Sonntag sangen, die deutsche Sprache erst seit einem Jahr lernen, war ihnen kaum anzumerken.

 
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Mit erhobenem Regenschirm bahnt sich Hans Schöffel einen Weg durch die Leute in den Budengassen auf dem Rathausplatz. Hinter ihm ist Trubel: die Jungen und Mädchen aus den beiden Flüchtlingsunterkünften laufen hinter ihm her, singen, lachen und rufen. Sie bahnen sich ihren Weg zur Rathaustreppe, wo sie gleich ihren kleinen Auftritt haben werden.

Ein bisschen Durcheinander

Die Kinder stellen sich auf, es herrscht ein bisschen Durcheinander, weil genug Platz auf der Treppe bleiben muss, damit die Besucher noch durch die Rathaustür kommen. Als alle halbwegs geordnet stehen, fangen die ersten zu singen an. "Halt, halt, noch nicht", ruft Hans Schöffel ihnen zu. Er dreht sich zu den Besuchern des Andreasmarktes um und kündigt den Chor der Flüchtlingskinder an. Die Jungen und Mädchen haben nur auf sein Signal gewartet.

Aus dem Irak, Syrien, Ukraine, Iran

Sie singen "Backe, backe, Kuchen", "Bruder Jakob" und "Aram sam sam" - und zwar lautstark, mit viel Energie und sichtlichem Spaß. Seit einem Jahr sind die meisten Kinder in Weidenberg, leben in einer der beiden Flüchtlingsunterkünfte im alten Schloss und im alten Forstamt. Die meisten Jungen und Mädchen stammen aus Syrien, aber auch ukrainische, irakische, iranische und kurdische Kinder sind dabei.

Seit April gehen sie in die Schule oder den Kindergarten und lernen Deutsch. "Das klappt schon ganz gut", sagt Hans Schöffel, der die Lieder mit den Kindern eingeübt hat. "Am Anfang war das noch mit Händen und Füßen, jetzt verstehen sie mich meistens."

Keine Angst vor religiösem Kontext

Hans Schöffel engagiert sich seit 20 Jahren ehrenamtlich in der Integrationsarbeit. Seit einiger Zeit kümmert er sich besonders um die Kinder, indem er ihnen Lieder beibringt und gemeinsam mit ihnen singt. Dass die Kinder keine Weihnachtslieder singen, liegt nicht daran, dass Schöffel den religiösen Kontext außen vor lassen wollte, sagt er, sondern schlicht daran, dass es ein wenig länger dauert,  bis die Kinder ein neues Lied gelernt haben. "'Bruder Jakob' ist auch ein Lied mit christlichem Hintergrund, schließlich geht es um einen Mönch, der von seinen Brüdern gerufen wird." Und "Aram sam sam" sei hebräischen Ursprungs und drehe sich darum, dass Vater und Sohn gemeinsam frohlocken - damit sei auch dort ein religiöser Hintergrund gegeben.

Persönliches Lob von den Zuhörern

Egal, ob weihnachtlich oder nicht: Das Weidenberger Publikum belohnt Hans Schöffel und seinen kleinen Chor mit Applaus. Und bevor die Jungen und Mädchen den Rathausplatz verlassen, kriegt so mancher von ihnen noch ein persönliches Lob von den Zuhörern. Und so schnell die Kleinen die Treppe gestürmt haben, so schnell sind sie auch wieder verschwunden.

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