Er spricht gerne über seine Musik und seine TV-Projekte, aber nicht über Antiamerikanismus und Verschwörungstheorien So kompliziert ist ein Interview mit Xavier Naidoo

Von Moritz Kircher
Als Musiker auf der Bühne beliebt, für seine politischen Auftritte umstritten: Xavier Naidoo. Foto: Uwe Anspach/dpa Foto: red

Xavier Naidoo hat den deutschsprachigen Soul und R&B populär gemacht, wie kein anderer. Mit seinen Songs über die Liebe will er Menschen inspirieren. Das wollte er in der Vergangenheit auch schon mit politischen Auftritten. Darüber möchte er heute nicht mehr sprechen. Vor seinem Open-Air-Konzert am 28. August in Bayreuth gab er dem Kurier nach viel Hin und Her nur schriftlich ein Interview. Und einige Fragen hat er erst gar nicht beantwortet.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Folgende Fragen beantwortete Xavier Naidoo nicht:

Bei Youtube sind diverse Auftritte von Ihnen festgehalten. Auch bei umstrittenen Organisationen wie den Reichsbürgern. Haben Sie kein Problem damit, bei diesen Leuten auf der Bühne zu stehen?

Bei einigen solcher Auftritte behaupten Sie, Deutschland sei kein freies Land. Sind Sie tatsächlich dieser Ansicht?

Sie dürfen sich auf eine Bühne stellen und genau diese Meinung frei verkünden. Ist das nicht der Beweis, dass Deutschland ein freies Land ist?

Wenn Deutschland kein freies Land ist, wer hat dann hier das Sagen?

Folgende Fragen beantwortete Xavier Naidoo schriftlich:

Herr Naidoo, Soul und R&B waren auch in Deutschland lange eine englischsprachige Domäne. Bis Sie kamen. War die Zeit einfach reif für eine deutsche Nummer eins aus diesem Genre oder haben Sie etwas anders gemacht?
Xavier Naidoo: Es gab natürlich schon vor mir Sänger und Sängerinnen, die die deutsche Sprache rhythmisch anspruchsvoll präsentiert haben. Zum Beispiel Joy Fleming, Holger Biege oder Edo Zanki. Als wir damit kamen, hat aber trotzdem keiner so recht glauben wollen, dass Musik so klingt und deutschsprachig ist und auch noch erfolgreich sein kann.

Brauchen Sie heute noch musikalische Vorbilder oder sind Sie längst selbst für andere eins geworden?
Naidoo: Ich glaube, alle Kreativen treffen hin und wieder Menschen, die sie inspirieren. Das ist auch der Grund dafür, warum ich so gerne kollaboriere. 

Sie singen viel von der Liebe. Was wollen Sie damit bewirken?
Naidoo: Liebe ist in so vielem verflochten, dass es einfach essentiell ist für Musik und die damit verbundenen Emotionen und die Leidenschaft. Die Liebe ist wohl überhaupt das wichtigste Thema bei Soul/Popsongs.

Sie haben der Casting-Show „The Voice of Germany“ den Rücken gekehrt und präsentieren sich in „Sing meinen Song“ lieber mit etablierten Künstlerkollegen im Fernsehen. Hatten Sie keine Lust mehr, alle paar Monate einen neuen Star zu suchen, der dann doch keiner wird?
Naidoo: Das sind zwei völlig verschiedene Formate, die man überhaupt nicht vergleichen kann. Mich reizen neue Projekte, so war es bei „The Voice of Germany“ und auch bei „Sing meinen Song - das Tauschkonzert“.

Sie haben mal gesagt, dass Sie nicht wählen gehen. Und dass Sie sich lieber mit Ihrer Botschaft an die nächste Straßenecke stellen und zwei Stunden später stehe das Zeug bei Youtube. Ist das nicht eine fragwürdige Einstellung? Millionen andere haben diesen Luxus nicht.
Naidoo: Das ist nicht richtig, ich gehe schon wählen.

So entstand das Interview

Ein Interview mit Xavier Naidoo zu bekommen, ist nicht leicht. Persönlich mit ihm am Telefon zu sprechen, wie sonst bei anderen Musikern vor großen Konzerten üblich, ist nicht drin. Die Fragen sollen per Mail kommen. Nicht an ihn direkt. Nicht einmal an sein Management. Sondern an den Konzertveranstalter, der sie dann an das Management weiterleitet. So ist nicht einmal sicher, ob Naidoo die Fragen selbst beantwortet.

Von vornherein versucht das Management, inhaltliche Vorgaben zu machen. Fragen wolle man nur zu Open-Airs, Projekte wie „Sing meinen Song“ oder Söhne Mannheims zulassen. Die Kurier-Redaktion lehnt das ab. Nach etwas Hin und Her erklärt sich das Management bereit, sich die Fragen schicken zu lassen. Naidoo entscheide dann, was er beantwortet und was nicht. Auf die oben aufgeführten Fragen kommt keine Antwort. Xavier Naidoo habe sich zu diesem Themenkomplex mehrfach klar positioniert, heißt es. Unter anderem in einem "Stern"-Interview am 12. März 2015. Dem sei nichts hinzuzufügen.

Wer das "Stern"-Heft nicht aufgehoben hat, dem bleiben nur die Auszüge aus dem Gespräch, die auf der Internetseite des Magazins stehen. Weil es geheime Absprachen zwischen Deutschland und den USA gebe, dürften die Amerikaner die Deutschen überwachen, soll Naidoo gesagt haben. "Deutschland ist insoweit kein souveränes Land. Wir sind nicht frei", stellt der Musiker im "Stern"-Interview fest.

Das Magazin hatte Naidoo auch zu seinem umstrittenen Auftritt in Berlin bei einer Demonstration der sogenannten Reichsbürger befragt. Die Reichsbürgerbewegung ist ein Sammelbecken für politische Verschwörungstheoretiker. Einige davon mit rechtsextremen Ansichten. Ein Rechtspopulist - wie ihm nach dem Auftritt bei den Reichsbürgern vorgeworfen wurde - sei er nicht, sagt Naidoo. Er habe sich nicht mit der Sache der Reichsbürger gemein gemacht. "Man kann es mir doch nicht verübeln, mich zu informieren."

Ob er sich bei der Demonstration vor dem Reichstag informiert hat, ist nicht dokumentiert. Wohl aber, dass er die Demonstrationsteilnehmer informierte. Mit dem Mikrofon von der Bühne herab. Das hat die Berliner Zeitung in einem Video festgehalten. Zu den Terroranschlägen vom 11. September 2001 sagt er: "Wer das als Wahrheit hingenommen hat, der hat den Schleier vor den Augen."

Er spricht darüber, dass es auf der Welt seit den Anschlägen auf das World Trade Center bergab geht. Er spricht über die amerikanische Besatzung in Deutschland, US-Atombomben auf deutschem Staatsgebiet und über den amerikanischen Drohnenkrieg. "Und deswegen ist es für mich ein Traum, hier zu stehen", ruft er den anwesenden Demonstranten entgegen. Auch wenn er, wie er am Ende seiner Rede sagt, "keine Ahnung" habe, vor wem er da überhaupt spricht.

__________

Lesen Sie auch:

Parken rund um das Naidoo-Open-Air auf dem Volksfestplatz

So wird das Naidoo-Konzert geplant