Gott oder Geist: Warum die Menschen fasten

Martina Bay
Michael Wagner. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Kein Fleisch, kein Alkohol, weniger Fernsehen, weniger reden: Heute beginnt die Fastenzeit. 40 Tage lang beschließen manche, auf bestimmte Dinge im Alltag zu verzichten. Wir haben mit verschiedenen Menschen gesprochen, für die Fasten ein Thema ist. Und wir haben die Menschen auf der Straße gefragt: Auf was verzichten Sie in den nächsten 40 Tagen?

 
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Das sagt der Yogalehrer

An die christliche Fastenzeit hält sich Michael Wagner nicht. Der Leiter der Yogaschule Bayreuth hat seine eigenen Fastenzeiten. „März, April oder der Herbst sind für mich Zeiten, in denen ich gut fasten kann“, sagt Wagner. Für seinen Körper sei es in dieser Zeit am besten. Dann trinkt der 51-Jährige nur Tee, Saft oder verdünnten Gemüsesaft. Sieben bis 21 Tage lang. „Es geht darum, den Körper zu reinigen“, sagt er.

Zwischen Weihnachten und Neujahr macht er das sogenannte Reizfasten, bei dem er über einen längeren Zeitraum schweigt und sich auf sein Inneres konzentriert. Wagner braucht diese Momente der Stille. Er besuchte auch einmal ein fünftätiges Schweigeseminar. „Das ist am Anfang sehr ungewöhnlich. Man kommt in den Raum und sagt nicht hallo“, sagt er. Aber danach habe er seine Worte bewusster gewählt.

Das sagt der Pfarrer

Einfach ist Fasten nicht. Das findet auch der katholische Pfarrer Sven Grillmeier aus Speichersdorf. „Wenn es einem leichtfallen würde, wäre es kein Fasten“, sagt er. Und das Essen, auf das man verzichte, schmecke auf einmal ganz besonders lecker. Das Fasten ist schriftlich verankert und zwar in der kirchlichen Bußordnung. „Einmal am Tag soll man sich mit einer warmen Mahlzeit sattessen“, sagt Grillmeier. Kleinere Brotzeiten seien zwischendurch erlaubt.

Fasten bedeutet für ihn nicht nur Verzicht. „Fasten heißt nicht weniger, sondern mehr Zeit für Andere“, sagt Grillmeier. Oder auch Zeit für das Gebet oder den Gottesdienst. Fasten hat für den 40-Jährigen auch etwas Spirituelles: „Man fastet aus religiösem Gebot heraus, um das Leiden Jesu nachempfinden zu können.“ Grillmeier verzichtet in der Fastenzeit auf Alkohol und Fleisch, aber leicht fällt ihm das nicht. „Der Schweinsbraten schmeckt halt einfach gut.“

Das sagt die Motivationstrainerin

„Man braucht ein Ziel und man muss sich fragen, ob man voll dahinersteht“, sagt Dorothea Geominy, Motivationstrainerin aus Bayreuth. Dann klappe es auch mit dem Fasten. Am besten halte man sich jeden Morgen noch einmal sein Ziel vor Augen. Und wenn man einmal nicht durchhalte, sei das auch nicht schlimm. „Dann macht man am nächsten Tag wieder weiter“, sagt sie. Man dürfe nicht verbissen an die Sache rangehen, müsse gut zu sich sein. „Denn alles, was wir uns vornehmen und nicht schaffen, schwächt uns.“

Das sagt der Mediziner

„Es hängt immer davon ab, wer fastet“, sagt Steffen Mühldorfer, Chefarzt der Klinik für Gastroenterologie am Klinikum Bayreuth. Der 57-Jährige denkt dabei an das strenge Fasten, wenn man sich also nur einmal am Tag vegan ernährt. Krebspatienten, die eine Chemotherapie machen, rät Mühldorfer vom Fasten ab. „Sie müssen während der Chemotherapie genügend Nährstoffe bekommen“, sagt er.

Auch Jugendlichen, Kindern, Schwangeren oder stillenden Frauen empfiehlt Mühldorfer das strenge Fasten nicht. Menschen mit Übergewicht und Diabetes täte das strenge Fasten erst einmal gut. Mühldorfer möchte seinen Süßigkeitenkonsum einschränken, vor allem Schokolade. Aber ganz verzichten möchte er dann doch nicht. „Ich werde ihn zu 90 Prozent reduzieren.“

Den Fastenblog der Kurier-Redakteure lesen Sie hier

Umfrage: Verzichten Sie in der Fastenzeit auf etwas?

Sven Deucker, 37, aus Bindlach: „Ich habe noch nie gefastet, dazu bin ich einfach zu faul. Und wenn man keine guten Vorsätze hat, kann man sie schon nicht brechen. Nur am Aschermittwoch und am Karfreitag essen wir kein Fleisch. Das war schon so, als ich ein Kind war, und ist einfach bis heute noch drin. Meine Frau ist evangelisch, die hat früher nie auf Fleisch verzichtet. Aber heute zieht sie das mit mir durch.“

Katja Mandel, 44, aus Pegnitz: „In der Fastenzeit werde ich ein bisschen mehr darauf achten, was ich esse. Denn wenn man bewusst auf etwas verzichtet, kann man wieder wertschätzen, was wir uns alles leisten können. Meine Freundinnen machen das ähnlich. Früher habe ich mal von der Kirche aus eine Woche lang nur Suppe und Brot gegessen. Das würde ich heute nicht mehr machen, ist ja auch nicht gesund.“

Heinrich Hartung, 81, aus Pegnitz: „Ich habe noch nie gefastet und mache das auch heuer nicht. Vor vier Jahren lag ich mal über fünf Monate im künstlichen Koma, das Fasten damals hat mir gereicht. Na ja, ab und zu werde ich vielleicht doch etwas weniger essen und an ein paar Tagen mal kein Bier trinken. Aber das war’s dann auch. Ich bin zwar gut genährt, aber so gesund, dass Fasten sinnvoll wäre, bin ich nicht.“

Susanne Götz, 32, aus Eschenbach: „Ich nehme mir öfter vor zu fasten, auch unterm Jahr, aber meistens klappt es nicht. Ich versuche dann, weniger Süßes und weniger Fleisch zu essen. Einen religiösen Hintergrund hat das nicht, ich mache es eher, weil es gesund ist. Meine Familie muss dann einfach mitmachen, weil ich koche. Aber ich versuche immer, zwischen Diätrezepten und normalen Gerichten abzuwechseln.“

Konrad Scherm, 51, aus Michelfeld: „In der Fastenzeit trinke ich keinen Alkohol und nasche nicht. Das mache ich schon fast 30 Jahre lang so und habe nur zweimal vorzeitig abgebrochen. Nicht viele meiner Bekannten fasten, deswegen werde ich am Anfang auch manchmal blöd angewaaft. Denn in die Wirtschaft gehe ich trotzdem und trinke eben Wasser. Am Anfang ist das schon schwer, aber nach einer Weile geht’s.“

Johanna Muck, 69, aus Thurndorf: „Ich faste das ganze Jahr, weil ich Diabetes habe. Das mache ich aber schon so lange, dass es mir nichts mehr ausmacht. Ich verstehe aber auch, wenn man fastet, um neue Erfahrungen zu machen oder frei zu werden oder was auch immer die Menschen sich davon erhoffen. Ich schaffe mir meinen Ausgleich durch soziales Engagement: Ich gebe und bekomme dafür sogar noch etwas zurück.“

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