Skischanze mit Handicap

Von Andreas Gewinner
Im Winter eine So-da-Schanze: Die fehlende Nutzbarkeit der Ochsenkopfarena im Winter treibt den Skiclub Bischofsgrün um. Den Skispringern fehlt die Trainingsmöglichkeit. Foto: red Foto: red

Für den Skispringernachwuchs geht die Zeit ohne Sprünge zu Ende. Denn ihre Trainingsstätte, die Ochsenkopf-Schanzenarena, hat ein Handicap: Im Winter kann man im Grunde auf keiner der drei Schanzen Skisprünge machen. Eine Lösung gäbe es. Doch die kostet Geld.

 
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Verkehrte Welt am Ochsenkopf: Vor über 60 Jahren entstand in Bischofsgrün eine Sensation – die erste Sommerskisprungschanze in der westlichen Welt. Mehr als ein halbes Jahrhundert später ist die mittlerweile dritte Schanze immer noch genau das: eine Sommerschanze, die im Winter praktisch nicht nutzbar ist.

Das hat gravierende Konsequenzen für die Athleten: Tobias Munder, selbst früher erfolgreicher Skispringer und Kombinierer, trainiert den Skispringernachwuchs und erklärt warum: „Ein Skispringer wird im Sommer gemacht. Aber Training braucht es das ganze Jahr. Dem Nachwuchs fehlen die Trainingssprünge im Winterhalbjahr.“

Die Beste hat die wenigsten Probleme

Die wenigsten Konsequenzen hat das ironischerweise für das derzeit größte Skisprungtalent der Region: Isabell Kandziora vom Skiclub Bischofsgrün. Sie hat vor wenigen Tagen mit einem sechsten Platz in Hinterzarten den Deutschen Schülercup im Skispringen abgeschlossen. „Sie hat im Winter regelmäßig Trainings- und Wettkampfsprünge, weil fast jedes Wochenende irgendwo Wettkampf ist“, schildert SC-Vorsitzender Hans Häfner, „dadurch kann sie den Winter relativ gut überbrücken.“

Wer nicht vorne mitspringt, hat diese Möglichkeit nicht. Und ist angewiesen auf gelegentliche Exkursionen mit Trainingslager etwa in Rastbüchl. „Rastbüchl ist das Musterbeispiel“, sagt Munder, „dort kann seit Dezember durchgehend trainiert werden.“ Doch Rastbüchl, unweit von Passau, ist rund 350 Kilometer vom Fichtelgebirge entfernt.

Teils gar keine Sprünge

Fritz Schwärzer vom Skiclub Bischofsgrün macht die Dimensionen deutlich: „Zu den bisher stattgefundenen Wettbewerben auf Landesebene und Bundesebene haben zum Beispiel Konkurrenten aus Partenkirchen und Oberstdorf weit über 150 Schneesprünge gemacht und ein kleiner Teil unserer Sportler vielleicht 15. Unsere großen Springer und Springerinnen haben großteils überhaupt keine Schneesprünge absolvieren können.“

Was genau ist das Problem? Eine beschneite Skischanze kann nicht einfach benutzt werden. Die Schneeauflage in Anlauf und Aufsprung muss präpariert (verdichtet) werden. Bei der alten Schanze, die bis vor rund 15 Jahren stand, wurde das mit Manpower gemacht: Menschen auf Skiern stampften den Schnee. Mit der neuen Schanze geht das im Grunde nicht mehr. Die Manpower fehlt. Und das neue Schanzenprofil mit bis zu rund 30 Prozent Gefälle und rund doppelt so großer Fläche macht diese Methode schwierig bis unmöglich. Deswegen ist seither die neue Schanze nur einmal auf diese Weise präpariert worden, weiß Michael Baumgärtel, ebenfalls ehemaliger Skispringer und heute Nachwuchstrainer.

Traditionsspringen fällt aus

Kaum besser ist es mit den beiden kleineren Schanzen. Dort ist das Problem die Wetterabhängigkeit: „In der diesjährigen Saison konnten die kleine (15 Meter) und mittlere Schanze (30 Meter) zweimal sprungfertig von Hand präpariert werden. Kaum war dies gelungen, haben warme Temperaturen und Regen das Ganze zunichte gemacht. So war kein einziger Sprung auf den Anlagen möglich“, schildert Fritz Schwärzer. Auch die einst traditionellen Weihnachtsspringen am Ochsenkopf oder andere Winterwettbewerbe sind bis auf Weiteres den Gegebenheiten zum Opfer gefallen.

Und auch ein Imageproblem treibt den Skiclub um: „Zu sehen ist außerdem, dass im Winter Tausende von Ochsenkopfliftfahrern über die Anlage schweben und den Eindruck haben müssen, dass die Anlage wie unter einem Leinentuch schläft und tot ist. Das ist Negativwerbung pur!“, bedauert Schwärzer.

Eine Lösung gibt es

Was es braucht, sind im Grunde wenige Dinge: Eine Pistenraupe mit Seilwinde oder eine Schneewalze. Eine Galgenkonstruktion zum Anhängen der Raupe/Walze. Und eine künstliche Beschneiung; ferner eine Spurfräse für den Anlauf. Beim Neubau der Schanze vor über zehn Jahren wurden Vorkehrungen für diese Nachrüstungen getroffen. Der Skiclub hat sich viele mögliche Lösungen auf anderen Anlagen angeschaut.

Die Lösung steht und fällt jedoch mit der Geldfrage. Geld, das der Skiclub, vor allem aber die Kommune aufbringen müsste. Im Raum stehen Kosten zwischen 250 000 und 400 000 Euro. Bürgermeister Stephan Unglaub bestätigt auf Nachfrage, dass man auch im Rathaus schon länger mit dem Thema befasst ist. Aber er weiß auch: „Es darf weder Verein noch Kommune überfordern.“ Eine gebrauchte Pistenraupe würde nur den Bruchteil einer neuen kosten. Aber für die gäbe es keine Zuschüsse; für eine neue bis zu 70 Prozent. Auch deswegen ist Unglaub fürs Erste auf der Suche nach einer gemeinschaftlichen Nutzung für eine Pistenraupe: „Die soll nicht 350 Tage stehen.“ Und weil die Finanzierung dann breiter aufgestellt werden kann.

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