Tränen fließen bei der Abreise der Künstler
Zwischen vier und neun Tagen sind Case, Mross, Stohead, Nychos, Eliot The Super (München) und Drew Merrit (Los Angeles) in Bayreuth. Einige von ihnen arbeiten auch am MWG, bereiten die Kunst an der Wand vor. "Sie haben sehr geduldig die Fragen der Schüler beantwortet, ihre Geschichte erzählt, die künstlerische Position, die sie haben, erläutert. Haben den Schülern gezeigt, was Kunst für sie ist. Vom pädagogischen Standpunkt war das Gold wert", sagt Mayer. "Die T-Shirts, die die Künstler ihnen signiert haben, haben sie fast täglich an im Unterricht, das wird nicht gewaschen." Als die Künstler wieder gefahren sind, "sind bei einigen Tränen geflossen". Bei der Finanzierung der Kunstwerke hilft der Förderkreis Skulpturenmeile entscheidend mit, sagt der Vorsitzende Jörg Lichtenegger. Lichtenegger und der Schatzmeister Guntram Preißinger bauen Brücken unter anderem zur Oberfrankenstiftungen, helfen bei den Genehmigungen weiter. „Alle sind für sich genommen genial“, sagt Lichtenegger, selbst Streetart-Fan. "Benjamin Lotze von der Stadt Bayreuth hat ebenso wie die Stadtbaureferentin Urte Kelm den Weg geebnet, dass wir die Wände bekommen haben", sagt Mayer.
Viele Bayreuther schauen zu
Die Murals, die Kunstwerke an der Wand, selbst entstehen unter großer Anteilnahme der Bayreuther. "Nur positive Reaktionen", sagt Matijevic. Auch die Welt schaut auf Bayreuth. Die Aktion - eine der wenigen Streetart-Festivals mit einer Themavorgabe - verbreitet sich rasend schnell übers Netz. Allein das Video von der Entstehung des Nychos-Kunstwerks in der Badstraße 27 ist mehr als 50.000 Mal angesehen worden.
Die Kunstwerke und ihre Wände - und die Geschichte dahinter
Drew Merrit, Münzgasse 8: Die Schöne an der Wand "zeigt Drews Interpretation von Wilhelmines Tochter Sophie", sagt Jessica Matijevic. "Casanova hatte sie als die schönste Prinzessin bezeichnet." Die Übersetzung in die Neuzeit gelingt mit "einer Freundin von Case, Schauspielerin und Model Veronica Dash". Sie ist "so positioniert, dass sie auf das Opernhaus blickt", sagt Stefan Mayer.
Stohead, Richard-Wagner-Straße 21: "Für eine Bibliothek die geniale Lösung. Eines der Werke, die inhaltlich und formal am besten passen", sagt Mayer. Stohead hat für sein Mural eine Tirade Wilhelmines gegen den Markgrafen zu Ansbach gewählt. Hinstellen, genau hinschauen. Die Schüler haben es geschafft, die Schrift zu entziffern.
Matthias Mross, Richard-Wagner-Straße 42: Die Hähne heißt das Werk von Mross. Und es schlägt, sagt Matijevic, die Brücke "zu Wilhelmines Bediensteter Alzire, so benannt nach einem Bühnenstück Voltaires, das Wilhelmine geliebt hat". In dem Stück geht es um zwei Kontrahenten, die um die Inka-Tochter Alzire buhlen.
Case Maclaim, Badstraße 33: Die Schöne an der Wand ist die Galeristin selbst. Eine eher spontane Entscheidung von Case, sagt Matijevic. "Fünf Stunden, bevor das Mural entstanden ist, mussten wir nach einer neuen Wand suchen, am Liebesbier, wo das Bild geplant war, ging es nicht. Familie Groh-Walther hat sich sehr kurzfristig bereit erlärt, ihre Wand zur Verfügung zu stellen." Was Case charmant fand: "Ich habe am gleichen Tag Geburtstag wie Wilhelmine. Und versuche als junges Stadtkind eine neue Kunstform nach Bayreuth zu bringen." Eine weitere Parallele: Wilhelmine brachte den Freimaurer-Mopsorden von Frankfurt nach Bayreuth. "Und Case stammt aus Frankfurt."
Nychos, Badstraße 27: "Das Masterpiece", sagt Stefan Mayer. Ein irres Bild, das Wilhelmine und ihren Hund Folichon in der Mitte auseinandergeschnitten zeigt. "Ein Markenzeichen von Nychos, das Aufschneiden von Tieren und Menschen." Der Künstler, "ein Kind der 80er", wie Maijevic sagt, stammt aus einer Jäger-Familie, ist mit dem Thema früh konfrontiert. Anatomie begeistert ihn wie einst Michaelangelo oder Leonardo da Vinci. Die Show des Heavy-Metal-Fans beim Arbeiten sei verrückt gewesen. "Von links nach rechts und von oben nach unten ist er gesprungen." Eine Arbeit, komplett "frei Hand mit der Dose", sagt Matijevic. Die Details beeindrucken, fesseln. "Wie zum Beispiel das Skalpell neckisch über Folichon blitzt..." Viele Blogger, sagt Matijevic, hätten schon den Weg zu den Murals in Bayreuth gesucht, "und sich cool davor in Szene gesetzt".