Werberat rügte 2014 so viele Unternehmen wie nie zuvor Sexistische Werbung verbannen?

Von Kerstin Fritzsche

"Sex sells" - das gilt in der Werbung nach wie vor, gedruckt wie im Fernsehen und auch auf Messen. Leichtbekleidete Frauen, die sich auf Autohauben räkeln. Hausfrauen mit Mordsdekolleté, die besonders lustvoll einen Pudding essen und danach den Löffel ablecken. Miss IFA, das rothaarige "Maskottchen" der Funkausstellung, deren Rock jedes Jahr kürzer wird. In London ist nun sexistische Werbung im Nahverkehr verboten. Ein Weg auch für Deutschland? Denn frauenfeindliche Werbung nimmt zu, meldet der Werberat. Damit haben wir uns schon 2015 beschäftigt.

 
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In Londons öffentlichem Nahverkehr wird es schon bald keine Werbung mehr mit Models geben, die falsche Idealmaße vorgaukeln und damit vor allem junge Menschen unter Nachahmungsdruck setzen. Ab Juli seien alle Plakate verboten, die eine "unrealistische oder ungesunde Körperform" vermittelten und damit Komplexe auslösen könnten, erklärte Bürgermeister Sadiq Khan am Montag.

Im vergangenen Jahr hatte eine Werbung für ein Diätgetränk in der Londoner Tube für öffentliche Diskussionen gesorgt. Sie zeigte ein Model im gelben Bikini und fragte die Betrachter, ob sie schon ihre Strandfigur hätten. Viele Nutzer empfanden die Werbung als "sexistisch". Wär das auch ein Weg für deutsche Städte? Wir haben uns letztes Jahr vor dem Frauentag schon mit dem Thema "sexistische Werbung" beschäftigt. Denn sie nimmt zu, sagt der Werberat.

Jeder kennt das Motiv: Eine Frau mit Tuch um den Kopf und entschlossenem Gesichtsausdruck krempelt sich die Ärmel hoch. Darüber steht "We can do it!" (Wir können das!). Rosie, die Nieterin, warb 1941 Frauen in den USA für die Rüstungsindustrie - und wurde zum Symbolbild der nächsten Feminismus-Welle.

Heute gibt es wenige Arbeiterinnen, dafür aber viele Hausfrauen in der Werbung. Und die Hausfrauen von heute sind knapp bekleidet und preisen ein Produkt an, meistens in klischeehaft "passender" Umgebung mit Blumen und in Rosa, Pink oder Lila. Zwar gibt es auch Werbung, in denen Frauen gar nicht vorkommen, etwa gleich eine ganze Kampagne von Sixt.

Aber auch dann ist die Aussage oft frauenfeindlich. In diesem Fall wurde eine Reihe von Unfällen gezeigt mit dem Spruch: "Ja, wir vermieten auch an Frauen." Als Werbung zum Frauentag 2010 in Frankreich. Bei einem Motiv für Deutschland ist erst auf den zweiten Blick im Kleingedruckten zu erkennen, dass der Autovermieter sogar lieber an Frauen vermietet, weil die weniger Unfälle bauen. Geworben wird aber mit dem Klischee der Links-/Rechtsschwäche.

Werberat sprach 14 Rügen aus

Sexistische Werbung habe zugenommen, stellt der Werberat fest. Nach eigenen Aussagen habe das Gremium 2014 so viel Werbung auf Frauenfeindlichkeit hin untersucht wie noch nie. 566 Motive wurden aus der Bevölkerung gemeldet und geprüft, bei knapp einem Drittel teilte der Werberat die Bedenken. In 88 von 111 Fälle konnte er erreichen, dass die entsprechenden Unternehmen ihre Werbung einstellten, in weiteren neun änderten sie ihre Motive ab oder schnitten den TV-Spot um. In 14 Fällen wurden öffentliche Rügen ausgesprochen. Die größten Anstöße erregten eher kleinere Firmen: eine Tischlerei, eine Brauerei, ein Pizza-Dienst, ein TV-Service, ein Schuh-Discounter, ein Möbel-Mitnahmemarkt, aber auch ein Unternehmen für Städtewerbung.

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