Fritz Sörgel kann klären, ob Bamberger Mediziner die Hauptzeugin betäubt hat "Sexarzt"-Prozess: Doping-Experte soll Chefarzt helfen

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Der ehemalige Chefarzt des Bamberger Klinikums, Horst W. (49), am Landgericht Bamberg. Foto: Otto Lapp Foto: red

Überraschungsgutachter vor dem Landgericht Bamberg: Fritz Sörgel kümmert sich um Fußball- und Radprofis, die gedopt sind. Jetzt soll der Doping-Experte aus Nürnberg klären, ob der Bamberger Chefarzt Heinz W. (49), der zwölf Frauen betäubt haben soll um dann Handlungen an ihnen zu vollziehen, die wichtigste Zeugin überhaupt betäubt haben kann.

 
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Das wichtigste Indiz wackelt, das Indiz, auf dem die Anklage fußt: Der Wert, mit dem das Betäubungsmittel im Blut eines der angeblichen Opfer nachgewiesen werden sollte. Doch mit dem Wert kann etwas nicht stimmen. „Schlampige Ermittlungen“ werfen W. und seine Verteidiger den Bamberger Ermittlungsbehörden vor. Denn sie hätten die Werte nicht von einem Experten prüfen lassen, die im Blut von Romana S. (28) in er Nacht gefunden wurden, als sie vorher bei W. zur „Untersuchung“ war. W. soll sie betäubt haben und ihr Analstöpsel eingeführt haben. Davon hat er Fotos gemacht. Er sagt: Alles aus medizinischen Gründen, zur Forschung.

Die Verteidigung hatte die Werte im Blut von Romana S. hochrechnen lassen und war zum Ergebnis gekommen: Die junge Frau war zu der Zeit gar nicht betäubt, als W. sich an ihr vergangen haben soll. Einerseits belegt das ein Video, auf dem sie mit W. kommuniziert. Andererseits sei das von den Werten, die im Blut gefunden wurden, her gar nicht möglich. Danach hätte W. sie mehr als zwei Stunden später betäuben müssen. Oder sie wäre zur angeblichen Tatzeit völlig bewusstlos gewesen, wenn man die in einem Erlanger Labor gefundenen Werte zugrunde legt. Beides widerspricht den Ermittlungsergebnissen.

Selbst bei Staatsanwalt und Gericht lösten diese Berechnungen Zweifel aus. „Die Zeiten sind ein Problem“, sagte Oberstaatsanwalt Bernd Lieb. Allerdings dürfte das nicht ausreichen, damit W. nach fast einem Jahr aus der Untersuchungshaft in der Bamberger JVA herauskommt. „Diese Zweifel betreffen nur eines der Indizien“, heißt es in einem Beschluss des Bamberger Landgerichtes, der dem Kurier vorliegt. „Der Grundsatz im Zweifel für den Angeklagten gilt jedoch nicht für einzelne“ Indizien, heißt es dort weiter. Allerdings forderte auch das Gericht, die Zweifel um das Betäubungsmittel von einem Gutachter klären zu lassen.

Die Zeit drängt

Die Zeit drängt, denn W. sitzt immer noch. Zudem wirft W. den Ermittlungsbehörden vor, seine Anklage und die U-Haft allein mit einem privat in Auftrag gegebenen Gutachten zu begründen. Denn das Gutachten für die Blutwerte von Romana S. hatte deren Vater, ein Internist, in Auftrag gegeben, der seiner Tochter am Tag der angeblichen Tat nachts auf einem Parkplatz selbst Blut abgenommen hatte.

Die Verteidiger hatten übers Wochenende eilig den Nürnberger Pharmazeuten und Doping-Experten Fritz Sörgel aus dem Hut gezaubert. Dem vom Gericht bestellten Gutachter Dieter Patzelt (73) trauten sie nicht – schon mehrmals hatten sie versucht, ihn aus der Verhandlung zu kicken. Vergeblich. Ob der Doping-Experte zur Betäubungsmittel-Frage Stellung nehmen darf, wird das Gericht entscheiden.

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