Prozess gegen den Täter kann den Hintergrund nicht ganz aufklären – Gericht verhängt Bewährungsstrafe Sex-Überfall auf schlafende Studentin

Von Manfred Scherer
Er kam nachts und missbrauchte eine schlafende Frau: Ein 32-Jähriger wurde dafür nun vom Amtsgericht in Bayreuth verurteilt. Foto: Bodo Marks/dpa-Archiv Foto: red

Tatort Studentenwohnheim: Das Opfer war überm Lernen eingenickt. Sie erwachte wegen dieses fremden Gefühls in ihrem Schoß. Seltsam – das Licht war aus. Und die junge Frau merkte, dass ein Männerkopf zwischen ihren Beinen war. Ein 32-jähriger Mann hat den Sex-Überfalls auf eine Schlafende gestanden und wurde jetzt verurteilt. Dennoch bleibt der Fall ein Rätsel.

 
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Der Fall bleibt deshalb ein Rätsel, weil der Angeklagte nicht nur an diesem 15. Juni 2015 in das Studentenappartement der jungen Frau eindrang, sondern noch zwei weitere Male: Am 9. Juli 2015 und am 21. Februar 2016. Und weil der Strafprozess, den nun Amtsrichter David Baasch in dem Fall zu führen hatte, zwei Jahre keine Antwort auf das Motiv und die Beweggründe des Täters lieferte. Und das trotz eines Geständnisses.

Das Geständnis geht nicht in die Tiefe

Denn das Geständnis des 32-Jährigen ging nicht in die Tiefe. Er ließ seine Verteidigerin Martina Walter erklären, dass die Anklagevorwürfe stimmen. Demzufolge hatte sich der Mann bei der zweiten Tat neben die schlafende Studentin ins Bett gelegt und sie am Rücken gestreichelt.

Zur Erklärung seines Verhaltens behauptete er starke Alkoholisierung. Seine weitere Einlassung, er habe in dem Flur des Studentenwohnheims mehrere Türen ausprobiert, ehe er die unverschlossene Tür des Opfers einfach so öffnen konnte, war der offensichtliche Versuch, nahezulegen, dass er im Suff das Appartement verwechselt haben könnte.

Die Freundin des Mannes lebte in dem Wohnheim

Der Hintergrund: Die Freundin des Mannes lebte damals in einem der kleinen Appartements. Er selbst wohnte woanders. Das ist auch der Grund, warum die Aufklärung des Falles einige Zeit dauerte. Das Opfer erkannte den Freund der Mitbewohnerin erst bei einer Gelegenheit viel später wieder.

Dass es dann noch bis zum Strafprozess weitere Zeit dauerte, lag daran, dass die Staatsanwaltschaft den Angeklagten vom Gerichtspsychiater Thomas Wenske untersuchen ließ. Der erklärte vor Gericht, dass der Fall „unbefriedigend“ sei, denn auch bei der Untersuchung habe der Angeklagte extrem starken Alkoholkonsum bei der ersten Tat behauptet.

Er gewährte keinen Einblick in seine Psyche

Einen Einblick in seine Psyche habe der Mann nicht gewährt. Somit sei die Frage nach dem sexuellen Hintergrund der Tat – etwa ob der Angeklagte durch das Einschleichen und die Wehrlosigkeit eines schlafenden Opfers spezielle Erregung empfinde – nicht zu klären. „Das ist nur zu beantworten, wenn einer bei der Untersuchung mitmacht“, sagte Wenske.

Psychiater unterstellt eine Schutzbehauptung

Dem vom Angeklagten reklamierten Vollrausch erteilte Wenske eine Absage: Nachts unbemerkt in eine Wohnung schleichen, das Licht auszumachen, das Opfer unbemerkt zu entkleiden – das erfordere soviel Koordination, dass das nicht mit einem Vollrausch vereinbar sei. Man könne dem Angeklagten allenfalls eine alkoholbedingte Enthemmung zugute halten.

Auch, dass der Angeklagte sich in der Tür geirrt haben könnte, hielt der Psychiater für abwegig. Die junge Frau hatte nach der zweiten Tat ihre Tür regelmäßig verschlossen und das nur noch einmal vergessen – nämlich am 21. Februar 2016. Prompt tauchte der Angeklagte wieder auf und wurde von dem Opfer mit einem Schrei und einem Schlag in den Rücken vertrieben.

Die missbrauchte Studentin wurde nicht vernommen. Richter Baasch erklärte, man könne ihr aufgrund des Geständnisses die Aussage ersparen.

Der Staatsanwalt beantragte 14 Monate auf Bewährung, die Verteidigerin ein Jahr, ebenfalls auf Bewährung.

Der Richter beließ es bei einer elf Monaten Bewährungsstrafe und verhängte zudem eine Geldauflage von 1000 Euro.

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