Kulmbacher Max-Rubner-Institut erforscht schonendere Betäubungsmethoden für Mastschweine Schweineschlachtung: Weniger Stress vor dem Tod

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So könnten Schweine vor dem Tod weniger leiden: Wenn sie statt mit Kohlendioxid mit Heliium betäubt würden. Das haben Forscher am Kulmbacher Max-Rubner-Institut festgestellt. Foto: dpa Foto: red

Lässt sich das Leiden von Schweinen im Schlachthof vor dem Tod verringern? Am Max-Rubner-Institut (MRI) in Kulmbach wird das aktuell erforscht. In ihrer Doktorarbeit untersuchte Muriel Machtolf mit dem früheren Institutsleiter Prof. Klaus Troeger den Einsatz von Helium als Betäubungsmittel. Sie sind überzeugt, dass die Tiere so weniger leiden. Das Problem: Helium ist teuer.

 
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Um Schweine zu betäuben, wird üblicherweise Kohlendioxid verwendet. Im Gegensatz dazu löst das Edelgas Helium bei den Tieren kein Erstickungsgefühl aus. Sie geraten nicht in Atemnot und geben keine Laute voller Panik von sich. Die Schlachtmethode setzt die Tiere also weniger unter Stress. „Doch Helium ist teuer, begrenzt verfügbar und leichter als Luft“, stellte die Tierärztin Machtolf fest, die in den Jahren 2011 und 2012 im Team von Prof. Troeger Betäubungsversuche mit Helium vornahm.

In einem TV-Beitrag in den „Tagesthemen“ und im SWR-Fernsehen über das MRI wurde in dieser Woche gezeigt, was bei der Schlachtung passiert. Die Helium-Methode: Ein Schwein wird in einen Käfig geführt, über dem eine Plexiglasglocke hängt. Zur Beruhigung werden ihm Klauenschuhe übergestreift, an denen es kauen kann. Bei abnehmendem Sauerstoff und erhöhter Heliumkonzentration beginnt das Tier zu schwanken und kippt zur Seite.

Die Kohlendioxid-Methode: Die Schweine werden gruppenweise in einer Art Fahrstuhl in eine geschlossene Grube nach unten in einen CO2-See gefahren. Sie geraten in Atemnot, zappeln und schreien. In der Regel bekommen das die Schlachthofmitarbeiter nicht mit. Es sei denn, sie öffnen die Klappen der Gondel.

Die Idealvorstellung wäre, so Troeger in dem TV-Beitrag, die Mastschweine bekommen von der Betäubung nichts mit, entbluten schmerzlos und sterben. Wird aber Kohlendioxid verwendet, kann vor allem die Zeit vor der Bewusstlosigkeit für die Schweine qualvoll sein. Die unbewussten Muskelbewegungen nach dem Tod sind stärker als beim Einsatz von Helium. Die Stresshormone im Blut steigen an.

Eine andere Erkenntnis der Forscher: Die Fleischqualität ist beim Einsatz vom Helium sogar besser. Eine tierschonendere Methode und eine Alternative zu CO2.

Nun wäre der nächste Schritt, eine Pilotanlage mit der entsprechenden Technik für die industrielle Praxis zu entwickeln.

Doch die Chance, dass sie flächendeckend eingesetzt wird, ist derzeit noch nicht allzu groß. „Wir haben große Probleme mit der Heliumversorgung“, sagt die neue Institutsleiterin, Prof. Dagmar Brüggemann. „Der Preis hat sich verdreißigfacht. Eine geregelte Versorgung ist daher wohl nicht sicherzustellen.“ Diese Problematik habe sich leider erst nach Beginn der Helium-Forschungsarbeiten ergeben.

Von gesetzlicher Seite sind derzeit nur die Betäubung mit Kohlendioxid und die mittels elektrischem Strom erlaubt. Doch die Fixierung sei ein ungeheuerer Stress für die Tiere, so Brüggemann. „Den Einsatz von Edelgasen spüren die Tiere nicht, offenbar haben sie keine Rezeptoren dafür.“

Der Helium-Einsatz sei noch längst nicht praxisreif: „Da sind noch einige Entwicklungsschritte zu machen. Der Ansatz ist vielversprechend und wir werden weiter daran arbeiten. Die CO2-Methode ist im Moment noch das Beste, was wir haben.“

Dass die Wissenschaftler über tierschonendere Schlachtmethoden nachdenken, sei nicht allein auf die immer kritischer werdenden Verbraucher zurückzuführen. „Der Tierschutz wurde schon immer hoch eingestuft“, sagt Brüggemann, da der Zusammenhang zwischen Stress und Fleischqualität bekannt sei. „Die Fleischbranche hat natürlich Interesse daran, ihre Verluste zu minimieren.“

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