Schulwegstreit: Eltern in der Pflicht

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Marc muss ein Teilstücks eines Schulwegs zu Fuß gehen. Das Landratsamt hält dies im Sommer für einen Elfjährigen zumutbar. Stiefvater Günter Landendörfer ist da ganz anderer Meinung. Foto: Ronald Wittek Foto: red

Günter Landendörfer kämpft gegen das Landratsamt Kulmbach. Er will nicht akzeptieren, dass sein Stiefsohn den 1,2 Kilometer langen Schulweg von Ziegenburg nach Marktschorgast alleine gehen muss. Das Verwaltungsgericht in Bayreuth hat sich indes in seinem Urteil am Montag auf die Seite der Kreisbehörde gestellt.

 
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Damit bleibt Familie Landendörfer jetzt nur noch der Weg zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof. Ob er diesen Schritt geht, will sich Günter Landendörfer noch genau überlegen. Sind doch bereits zig Briefe hin- und hergegangen und hohe Kosten wegen des Schulwegstreits entstanden.

In der Grundschule kein Problem

Die Probleme mit dem Schulweg fingen an, als Landendörfers Stiefsohn die Grundschule in Marktschorgast beendete. Denn für Grundschüler gilt für die Beförderung eine Zwei-Kilometer-Grenze. Das bedeutet, der Junge wurde bis zur vierten Klasse zur Grundschule gefahren. Seit er im Herbst 2016 auf die Realschule in Gefrees wechselte, gelten aber andere Regeln. „Der Gesetzgeber sieht vor, dass bis zu einem Schulweg von drei Kilometern kein Anspruch auf eine Beförderung besteht“, erklärt Landendörfer, der sich mittlerweile intensiv mit der Gesetzeslage befasst hat.

Kreisbehörde soll Fahrten bezahlen

Der Weg bis zur Bushaltestelle ist etwa 2,4 Kilometer lang. Die Hälfte davon ist außerorts auf einer Landstraße ohne Gehweg und Beleuchtung zurückzulegen. Autos dürfen dort 80 Stundenkilometer fahren. Der Stiefvater hält das für Marc nicht zumutbar. „Das Landratsamt soll seiner Pflicht nachkommen und ihn zur Schule bringen“, fordert Landendörfer. Für Schülerfahrten zu Grund- und Mittelschule ist die Kommune zuständig. Besuchen Schüler wie Marc weiterführende Schulen, muss sich die Kreisbehörde als Sachaufwandsträger um den Transport kümmern.

Präzedenzfall vermeiden

Doch was ist mit der Strecke bis zu Bushaltestelle? Normalerweise fährt die Gemeinde die Grund- und Mittelschüler. „Wir haben aber momentan in Ziegenburg keine“, sagt Bürgermeister Hans Tischhöfer auf Nachfrage. „Sonst hätten wir Marc natürlich mitgenommen.“ Die Zahl der Mittelschüler würde immer geringer: Derzeit besuchen nur 15 Schüler aus Marktschorgast den Schulverbund mit Gefrees. Ab der fünften Klasse hätten bisher die Eltern den Transport selbst übernehmen müssen, sagt Tischhöfer. Einzelne Kinder könnten nicht gefahren werden, da es noch andere kleine Ortsteile gebe. „Das ist zwar hart, aber wir würden sonst einen Präzedenzfall schaffen.“

Hilfe in der dunklen Jahreszeit

Das Landratsamt hat Landendörfer angeboten, den Jungen in den Wintermonaten von Anfang November bis Ende April zu befördern. Die Familie besitzt nur ein Auto und die Mutter arbeitet im Schichtdienst. Für das Fahren bis zur Bushaltestelle erhält sie als Kostenersatz 25 Cent pro Kilometer. In diesem Jahr wurde auch der Monat Oktober einbezogen, weil die Tage schon in diesem dunkler werden. Die Kreisbehörde würde sogar ein Taxi bezahlen, falls die Eltern nicht selbst fahren können.

Sprung über die Leitplanke

Doch Landendörfer und sein Anwalt finden, der Teilschulweg sei immer eine Gefahr für das Kind. Wenn sich zwei Autos begegnen oder ein Landwirt auf der Straße fahre, werde es eng. „Soll er dann einen Stabhochsprung über die Leitplanke machen?“ Das Kind sei schutzlos möglichen kriminellen Übergriffen ausgesetzt. „Dem Landratsamt geht’s nur ums Geld“, kritisierte Landendörfer.

In einem Gutachten der Polizeiinspektion Stadtsteinach aus dem Jahr 2007 wird der Schulweg als „besonders gefährlich und beschwerlich“ bezeichnet. Er sei kurvenreich, teils unübersichtlich und ohne Fußweg, was in vor allem in den Wintermonaten schwer begehbar mache.

Im Sommer Verhältnisse anders

Der Vorsitzende Richter war der Ansicht, es handele sich generell um „eine wenig befahrene Straße“. Auch andere Schüler würden auf ihrem Schulweg nass, hätten wenig Licht und müssten die Straßenseite wechseln.

Die Vertreterin des Landratsamts, Kathrin Limmer, konnte ebenso keine ganzjährige „besondere Gefährlichkeit“ erkennen. Weder die Polizei noch der Verkehrssicherheitsbeauftragte im Landratsamt würden das so sehen. Diese müsse jedoch gegeben sein, damit eine Beförderung erfolgen könne. Ein elfjähriger Schüler sei in der Lage, den Weg in den Sommermonaten allein zu bewältigen. Im Vergleich zum Gerichtsbescheid vom August habe sich keine neue Sachlage ergeben. Wegen Landendörfers Widerspruch war es überhaupt zur mündlichen Verhandlung gekommen.

Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab. Der Vorsitzende Bernd Stammberger sagte, er verstehe nicht, warum die Eltern in den Monaten Mai bis Juli und zwei Wochen im September das Kind fahren oder begleiten könnten. Diese hätten selbst eine Verantwortung gegenüber dem Schüler. Ihn nicht zur Schule zu schicken, wie es die Familie schon getan habe, sei keine Lösung.

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