Schule: Bayern muss digital nachsitzen

Von Moritz Kircher
Der Bildungsforscher Prof. Wilfried Bos von der TU Dortmund hat mit dem "Länderindikator 2015" eine Studie darüber gemacht, wie Schulen digitale Medien in den Unterricht einbinden. Bayern schneidet in dieser Studie nur im Mittelfeld ab. Foto: red Foto: red

Wenn es um Bildungsstudien geht, ist Bayern erfolgsverwöhnt. Bayerische Schüler sind im deutschen Vergleich in der Regel an der Spitze zu finden. In einem besonders zukunftsträchtigen Unterrichtsfeld rangiert der Freistaat aber nur im Mittelfeld und teils sogar am Ende der Skala. Wenn es um den Einsatz digitaler Medien im Unterricht geht, hat Bayern Nachholbedarf. Warum das so ist, das erklärt der Bildungsforscher Wilfried Bos von der TU Dortmund, der dazu eine aktuelle Studie durchgeführt hat, im Kurier-Interview.

 
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Wie ist es um die digitalen Kompetenzen an den bayersichen Schulen bestellt?

Wilfried Bos: Mit der Studie „Schule digital – der Länderindikator 2015“ wurden Lehrkräfte unter anderem befragt, welche Kompetenzen der Schüler im Umgang mit digitalen Medien gefördert werden. Bayern ist nach den Einschätzungen der befragten Lehrkräfte nicht in der oberen Ländergruppe verortet. Das heißt, dass die Förderung sowohl basaler als auch anspruchsvollerer computer- und informationsbezogener Kompetenzen in Bayern noch nicht in ausreichendem Maß realisiert wird.

Bremen, Hamburg und Rheinland-Pfalz stehen in Ihrer Studie vorne. Was machen die besser als alle anderen?

Bos: Die Studie hatte vier inhaltliche Schwerpunkte: die IT-Ausstattung, die Nutzung digitaler Medien im Unterricht, die Einstellungen der Lehrkräfte zum Einsatz digitaler Medien sowie die Förderung der computerbezogenen Kompetenzen der Schüler. Bremen, Hamburg und Rheinland-Pfalz wurden von den befragten Lehrkräften aus den jeweiligen Ländern teils sehr gut bewertet. Auch bei der Nutzung digitaler Medien sind Bremen und Rheinland-Pfalz den anderen Bundesländern ebenfalls voraus. Zudem nutzen vergleichsweise viele Lehrkräfte in Bremen digitale Medien im Unterricht.

Ein Bildungsindex, in dem Bayern mal nur im Mittelfeld landet: Überrascht Sie das?

Bos: Bayern wurde von den befragten Lehrkräften zum Teil sehr positiv bewertet. Bayern ist zum Beispiel Spitzenreiter bezüglich der Nutzungshäufigkeit digitaler Medien im Unterricht. Für andere Bereiche, zum Beispiel hinsichtlich der Förderung der IT-bezogenen Kompetenzen von Schülern, besteht noch deutlicher Nachholbedarf. In Bayern geben auch vergleichsweise viele Lehrkräfte an, dass es an ihrer Schule kein Medienkonzept gibt. Gleichzeitig gehört Bayern zu den Ländern, in denen vergleichsweise viele Lehrkräfte Unterstützungsbedarf für den Einsatz digitaler Medien äußern.

Ab welcher Klasse sollte der Umgang mit digitalen Medien gelehrt und digitale Medien in den Unterricht eingebunden werden?

Bos: Wenn Lernprozesse verbessert werden und der Medieneinsatz das Erreichen der Lernziele erleichtert, spricht nichts dagegen digitale Medien bereits früh in den Unterricht zu integrieren. Kinder wachsen mit digitalen Medien auf und computer- und informationsbezogene Kompetenzen sind heutzutage in allen privaten und beruflichen Bereichen relevant. Das was Kinder schon können aufzugreifen und im Unterricht weiter zu fördern, ist vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Anforderungen im 21. Jahrhundert wichtig. Digitale Medien sollten daher immer dort in den Unterricht eingebunden werden, wo es aus pädagogischer Sicht sinnvoll ist.

Das bayerische Kultusministerium und der Bayerische Lehrerverband sagen, dass jede Schule für sich das passende Konzept für den Umgang mit neuen Medien finden muss. Ist das der richtige Weg?

Bos: Das ist aus pädagogischer Sicht der beste Weg. Die Einzelschule muss angepasst an ihre Situation und die vorhandenen Ressourcen ein Medienkonzept entwickeln. Dabei benötigen die Schulen allerdings Unterstützung. Eine enge Zusammenarbeit mit den Schulträgern, die beispielsweise die IT-Ausstattung finanzieren und den technischen Support regeln, ist hilfreich. Aber auch Unterstützung auf Ebene der Kommunen und der Ministerien ist wichtig. Der Länderindikator 2015 zeigt, dass die Mehrheit der befragten Lehrkräfte den Wunsch nach mehr Unterstützung zum Einsatz digitaler Medien im Unterricht äußert und diese Unterstützung auf mehreren Ebenen gewünscht wird.

Gibt es eine digitale Grundausstattung, die jede Schule haben sollte?

Bos: Eine gewisse Grundausstattung muss vorhanden sein, damit in den Schulen adäquat mit digitalen Medien gelernt und gelehrt werden kann. Es ist also sinnvoll die Ausstattung an das pädagogische Medienkonzept der Einzelschule anzupassen, nicht umgekehrt.

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