Schuhe aus dem 3D-Drucker

Von Norbert Heimbeck
Fabian Joas (links) und Bernd Rosemann zeigen Schuhmodell aus dem 3D-Drucker. Die Bayreuther Fraunhofer-Projektgruppe Prozessinnovation will das fränkische Schumacherhandwerk zukunftsfähig machen. Foto: Ronald Wittek Foto: red

Fußballstars sind es gewöhnt: Sie bekommen individuell angepasste, maßgefertigte Sportschuhe. Da zwickt und zwackt nichts. Eine Idee, wie diesen Komfort am Fuß jedermann genießen kann, entwickeln derzeit die Bayreuther Fraunhofer-Ingenieure: Per 3D-Scanner vermessene und im 3D-Drucker gefertigte Schuhe.

 
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Bernd Rosemann gehört zum Leitungsteam der Fraunhofer-Projektgruppe Prozessinnovation. Er sagt: „Was heißt individuell? Sie können heute im Internet Sportschuhe bei den großen Herstellern nach modischen Gesichtspunkten konfigurieren und bestellen. Damit ist noch nichts über die Passform gesagt. Und es gibt Internet-Angebote für Einlegesohlen, die auf Sie zugeschnitten sind – da werden meist Trittschäume verwendet. Im orthopädischen Bereich hört Individualität meist dort auf, wo die Krankenkasse nicht mehr zahlt.“ Die neuen technischen Möglichkeiten setzen das herkömmliche Schuhmacherhandwerk unter Druck: „Dabei ist noch gar nicht sicher, dass diese Individualisierungsstrategien tatsächlich zu optimal passenden Schuhen führen.“

Auf der Suche nach Wegen, die Digitalisierung für das heimische Gewerbe nutzbar zu machen, holten die Ingenieure Spezialisten aus dem Handwerk, aus der 3D-Druckbranche und aus dem Softwarebereich ins Boot: So entstand das „Footware Innovation Network“, dem inzwischen sieben Unternehmen und die Universität Bayreuth angehören. Ziel war es, Handwerkern mit überschaubarem finanziellen Aufwand den Weg in die Moderne zu öffnen. Einer der Netzwerker bei Fraunhofer ist Fabian Joas. Er sagt: „Unser Ziel ist es, individuelle Produkte in der Stückzahl eins herzustellen.“ Einfach ausgedrückt: Maßanfertigung zu deutlich günstigeren Preisen als bisher.

Das Augenmerk der Wissenschaftler gilt dabei den kleinen fränkischen Betrieben, die zwar Kundenwünsche erfüllen wollen, aber den Massenherstellern nichts entgegenzusetzen haben. Joas: „Wir wollen den Herstellungsprozess von Maßschuhen deutlich verkürzen.“

Dazu sollen die Schuhmacher künftig 3D-Scanner einsetzen, die alle Einzelheiten des Fußes aufzeichnen. Per 3D-Drucker können dann Teile des Schuhs oder gleich der ganze Schuh produziert werden. Einige der dafür in Frage kommenden Materialien sind so neu, dass der Kurier sie zwar sehen und anfassen, aber nicht fotografieren darf.

Rosemannn: „Denkbar ist die Weiterentwicklung des Schuhs zu individuell angepassten High-Tech-Produkten.“ Der Ingenieur nennt Beispiele: Sensoren im Schuh, die Diabetiker überwachen und Alarm schlagen, wenn der Fuß schlecht durchblutet wird. Eine andere Idee, die bereits am Markt etabliert ist, sind virtuelle Pedale – Arbeitsschuhe werden mit Sendern ausgestattet, die die Maschinenbedienung per Fußtipp erlauben.

Fabian Joas sagt, dass die Idee bei den Netzwerkpartnern grundsätzlich gut ankomme. Zwar gebe es auch gewisse Vorbehalte, doch würden Schnelligkeit und Wirtschaftlichkeit auch Zweifler überzeugen: „Der Schuh könnte mit diesem Konzept einen deutlichen Mehrwert liefern.“ Bernd Rosemann ergänzt: „Im Orthopädiefachhandwerk verfügen wir über ausgewiesene Spezialisten, die heute schon die Kundenwünsche besonders ernst nehmen. Mit unserem Digitalisierungskonzept würde ihre Konkurrenzfähigkeit deutlich gesteigert.“ Wobei er Wert darauf legt, dass das Konzept nicht nur im Bereich der „Gesundheitsschuhe“ funktioniert, sondern auch bei Arbeits- und Sportschuhen sowie bei modischen Schuhen.

Die Wissenschaftler suchen derzeit weitere Unternehmen, die im Netzwerk mitmachen wollen. Bei der Hannovermesse in wenigen Wochen werden Joas und Rosemann ihr Konzept an einem eigenen Stand präsentieren. Ihr Ziel: „Es wäre wunderbar, wenn es uns gelänge, die Wertschöpfung in der Region zu halten.“

Info: Die Fraunhofer-Projektgruppe Prozessinnovation beschäftigt sich mit nachhaltiger Produktionstechnik und Steigerung der Effizienz in produzierenden Unternehmen. Ein 40-köpfiges Wissenschaftlerteam arbeitet dabei eng mit Unternehmen in der Region zusammen.

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