Die Hähnchen bleiben in den Schlagzeilen. Erst kam die Vogelgrippe und als Folge die Stallpflicht für Nutztiere. In Mannsflur regen sich Anwohner über den geplanten Legehennenstall auf. Und jetzt steht das Thema Geflügel ein weiteres Mal im Blickpunkt. Denn im Raum Kulmbach entsteht der erste Bio-Geflügelschlachthof Nordbayerns.
„Wir wollen einen transparenten Geflügelschlachthof mit hohem Tierwohlstandard für Nordbayern realisieren“, kündigen die Öko-Modellregion und die LVÖ an. Ziel ist es, den regionalen ökologischen Landbau für Erzeuger und Verarbeiterbetriebe zu stärken und Absatzmöglichkeiten für die heimischen Landwirte zu schaffen. Noch nicht bekannt sind Details wie beispielsweise der genaue Ort des Schlachthofs. Das Projekt soll dazu beitragen, dass mehr regionale Bio-Lebensmittel auf den Markt kommen. Denn die Nachfrage der Kunden nach Geflügel aus ökologischer Produktion wächst ständig an.
Ein wesentlicher Punkt sind die Transportwege. Derzeit müssen heimische Geflügel- und Eiererzeuger ihre Tiere zu den Schlachthöfen viele Hundert Kilometer durch die Republik fahren. Fränkische Bio-Hühner werden bis nach Holland gebracht, um sie schlachten zu lassen. Danach verarbeiten Lebensmittelhersteller das hochwertige Geflügel weiter. Diese weiten Wege könnten den Tieren künftig erspart bleiben.
Ein Schlachthof, der sich auf Geflügel spezialisiert, braucht große Kapazitäten, teilt das Amt für Landwirtschaft mit. Denn Tausende Tiere eines Legehennenstalls werden üblicherweise auf einen Schlag geschlachtet.
Im Landkreis Kulmbach stehen die Initiatoren kurz vor der Verwirklichung ihrer Vision, teilt die Öko-Modellregion Nürnberg mit. Der Bedarf nach regional geschlachtetem und zerlegtem Bio-Geflügel sei groß. Nicht nur ökologische und regionale Produkte liegen im Verbrauchertrend. Auch das Thema Tierwohl rücke stärker ins Bewusstsein der Kunden.
„In Nordbayern gibt es derzeit keine Möglichkeit für landwirtschaftliche Betriebe, Öko-Geflügel zu schlachten und zu vermarkten“, heißt es von Seiten der Initiatoren. Es fehle weiterhin eine Abnahmesicherheit für Mastgeflügel und Suppenhennen. Die Interessengemeinschaft für den neuen Bio-Schlachthof arbeite seit mehr als einem Jahr an der Umsetzung. Es wurden viele Gespräche mit vergleichbaren Unternehmen und Genossenschaften geführt. Entstanden sei ein stabiles und schlüssiges Konzept. „Die Schlachterei soll im Landkreis Kulmbach entstehen, da dieser Standort verkehrsgünstig angebunden ist. Jetzt gilt es, die Rechtsform des Unternehmens zu bestimmen, die Finanzierung auf die Beine zu stellen und ein tragbares Geschäftsmodell umzusetzen.“
Der Plan sieht vor, dass sich möglichst viele Produzenten in einer Erzeugergemeinschaft zusammenschließen, damit die Schlachterei regelmäßig beliefert wird und ausgelastet ist. „Geschlachtet werden sollen Hähnchen, Suppenhennen, eventuell Puten und Saisongeflügel wie Enten und Gänse“, heißt es. Start soll in gut einem Jahr Ende 2017 sein.
Einen hohen Stellenwert für das Gemeinschaftsprojekt habe die moderne und besonders tiergerechte Schlachtung. Mit einer Geflügelschlachterei in Nordbayern würde vielen landwirtschaftlichen Betrieben in der Region die Möglichkeit offen stehen, in die Biogeflügelhaltung einzusteigen, sagen die Planer. „Auch der Umbau von vorhandenen Gebäuden und der Einstieg in die Bio-Geflügelfleischerzeugung mit moderatem Kapital werden möglich.“ Die Geflügelhaltung sei sowohl ein interessanter Betriebszweig für bestehende Biobetriebe als auch für umstellungswillige, konventionelle Landwirte.
Und für mehr Direktvermarktung von Öko-Geflügelfleisch in Hofläden wären die Weichen ebenfalls gestellt. Weil die Tiere artgerecht gehalten werden, entspreche die Biogeflügelhaltung den Vorstellungen vieler Verbraucher.