Paukenschlag im Untreueprozess in Hof: Zeugen aus Unternehmensbuchhaltung widersprechen der Anklage HOF/BINDLACH Schaden für NKD steht in Frage

Von Manfred Scherer
Überraschung im Prozess um Millionenuntrgeue bei der NKD: Am Mittwoch, den 30. April entlastete ein wichtiger Zeuge die Angeklagten, indem, er aussage, der NKD sei durch die Überweisung von 3,7 Millionen Euro kein Schaden entstanden. Ohne Schaden gäbe es keine UNtreuehandlung. Foto: red Foto: red

Steht die Untreue-Anklage im NKD-Prozess auf tönernen Füßen? Am sechsten Verhandlungstag im Prozess gegen Ex-Geschäftsführer Michael Krause und gegen den damaligen Prokuristen Uwe K. sagte in Hof der ehemalige stellvertretende kaufmännische Leiter der NKD aus: Der NKD in Bindlach sei durch die von der Anklage als Untreue angeklagten Überweisungen in Höhe von insgesamt 3,7 Millionen Euro kein Schaden entstanden.

 
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Der Kanonendonner war verhallt, der Pulverdampf verflogen: Nachdem es am Dienstag im Prozess um die Millionenuntreue zum Eklat um angebliche Bestechungsversuche, um Geldwäschevorwürfe gegen Krauses Hauptverteidiger Volker Beermann und zu Empörung über Abhörmaßnahmen der Staatsanwaltschaft gegen Beermann gekommen war, ging es am Mittwoch beim sechsten Prozesstag geradezu ruhig zu. Und doch glaubt die Verteidigung nach der Vernehmung von Zeugen aus der NKD-Buchhaltung: Die Anklage hat keine Grundlage mehr, denn – wo kein Schaden, da keine Untreue.

Tobias Liebau, einer der weiteren Verteidiger Krauses, erklärte auf Nachfrage, dass die Aussage des ehemaligen stellvertretenden kaufmännischen Leiters die Angeklagten entlastet habe: Der NKD sei kein Schaden entstanden, weil durch die Zahlungen an die Hongkong-Tochter Sunfortune gleichzeitig Verbindlichkeiten gegenüber der Tochterfirma beglichen worden seien. Die Konstruktion eines „durchlaufenden Postens“ durch die Anklage habe der Zeuge als eindeutig falsch bezeichnet. Liebau: „Der Bundesgerichtshof sagt zum Tatbestand der Untreue eindeutig, dass der dafür notwendige Schaden durch eine Saldierung der Vermögenslage vor und nach der in Frage stehenden Untreuehandlung festgestellt werden muss. Der Zeuge hat meiner Meinung nach eindeutig gesagt, dass bei der NKD nach den Zahlungen an die Zarando bilanztechnisch keine Änderung des Vermögens festzustellen war. Für die Verteidigung fällt damit der dringende Tatverdacht weg.“

Wie berichtet, legt die Staatsanwaltschaft den Angeklagten schwere Untreue zur Last. Zwischen dem 19. April und dem 24. Oktober wurden vom NKD-Konto in vier Tranchen insgesamt 3,7 Millionen Euro an die NKD-Tochter Sunfortune in Hongkong überwiesen. Die Sunfortune ist die Einkaufsplattform der NKD für das Asiengeschäft. Von dort soll das Geld an die Beratungsfirma Zarando in Zypern weitertransferiert worden sein. Chef der Zarando soll ein alter Freund Krauses sein. Die Staatsanwaltschaft glaubt, dass die Zarando für die 3,7 Millionen keine Gegenleistung erbrachte. Die Behörde jagt mit Auslandsermittlungen und Durchsuchungen den 3,7 Millionen nach. Die Verteidiger tragen vor, die Zarando habe für das Geld Preislisten über günstigere Einkaufspreise bei Herstellern in Asien beschafft. Mit der Liste seien die eigenen Einkaufspreise gedrückt und der Firmengewinn gesteigert worden.

Drei der vier in Rede stehenden Überweisungen löste ein Buchhalter aus, der als Diplom-Kaufmann bei der NKD für die Liquiditätssteuerung verantwortlich. Er bestätigte den Verwendungszweck: Die Überweisungen wurden für die Begleichung von Provisionsforderungen der NKD-Tochter in Hongkong angewiesen. Die Befragung dieses Zeugen erbrachte allerlei Merkwürdigkeiten, die im Prozess mitschwingen: So wurde klar, dass die NKD nach der Entlassung Krauses als Geschäftsführer im Frühjahr 2013 „interne Ermittlungen“ anstellte. Das offensichtliche Ziel: Nach Möglichkeit das Geld im Wege des Schadenersatzes bei Zivilgerichten einklagen. Das könnte auch der Hintergrund sein, warum ein Anwalt als Prozessbeobachter der NKD im Untreuprozess mitschreibt. Den in der Buchhaltung für die Zahlungen verantwortlichen Zeugen wurde möglicher Regress angekündigt, weshalb die meisten dieser Zeugen im Prozess mit anwaltlichem Beistand auftraten. Die Zeugen hatten zum Teil durch Anwälte der NKD vorformulierte eidesstattliche Versicherungen unterschrieben, die nach Ansicht der Verteidigung auch dazu genutzt worden waren, im Vorverfahren Vermögen von Ex-Geschäftsführer Krauses in Höhe von rund vier Millionen Euro auf Eis zu legen. Sollte beim Landgericht in Hof ein Schaden bejaht werden und ein Schuldspruch erfolgen, könnte die NKD versuchen, sich auf einer solchen Grundlage an Krauses Vermögen schadlos zu halten.

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