Gerhard Wiens aus Ottobrunn bei München ist derzeit ein viel gefragter Mann. Landauf, landab hält der Fachmann für Erschließungsrecht und ehemalige Verwaltungsrichter seinen Vortrag über die Straßenausbaubeitragssatzung (SABS). Auch in der Region war er schon wiederholt, und nun auch in Goldkronach, wo er rund 100 Zuhörern und dem Stadtrat insbesondere die Unterschiede zwischen den einmaligen Beiträgen und den wiederkehrenden erklärte. Und der Frage nachging, ob im Ernstfall wirklich Menschen „unter der Brücke schlafen müssen“, wenn sie sich die Beiträge nicht leisten können, wie alarmistische und oft fehlerbehaftete Medienberichte nahelegen. Wiens’ klare Aussage: „Aus seinem Haus muss niemand raus.“ Es gebe Billigkeitsregelungen, die Ratenzahlungen, Stundung und im Extremfall auch einen Erlass des Beitrags ermöglichen. Entscheiden könne das der Stadtrat. Wichtig dabei: Wird ein Beitrag erlassen, wird der nicht auf die anderen Beitragszahler umgelegt. Der Ausfall geht zulasten der Kommune. Wiens: „Wegen möglicher Härtefälle brauchen wir keine wiederkehrenden Beiträge.“
Wie bei der Krankenversicherung
Wiens ging ausführlich auf die rechtlichen wie politische Risiken der wiederkehrenden Beiträge ein. Der Geldbetrag, der bezahlt werden muss, ist auch bei den wiederkehrenden Beiträgen der gleiche. Er wird nur auf mehr Schultern verteilt. Das geht so: Die Kommune muss eine „Einheit“ von mehreren Straßen bilden, die zusammenhängen. Bis zu fünf Jahre lang kann sie jährlich einen relativ niedrigen Beitrag von jedem Grundeigentümer innerhalb dieser Einheit verlangen. Wenn innerhalb der fünf Jahre nur eine Straße innerhalb der Einheit saniert wurde, dann gehören die Anlieger dieser Straße zu den Gewinnern. Weil die Anlieger der anderen, nicht sanierten Straßen innerhalb der Einheit mitbezahlt haben. „Wiederkehrende Beiträge sind wie eine Krankenversicherung: Jeder zahlt sie, egal, ob er krank wird oder gesund bleibt und die Versicherung nicht in Anspruch nimmt.“ Dies müsse man den Bürgern politisch vermitteln. Ebenso besteht die Möglichkeit, dass es von Einheit zu Einheit sehr unterschiedliche Beiträge geben könnte: „Das müssen Sie dann politisch vertreten“, so Wiens in Richtung Stadtrat. Wiens ging ausführlich auf die rechtlichen und verwaltungstechnischen Fallstricke der wiederkehrenden Beiträge ein, die aufwändiger seien und absolut fehlerfreie Arbeit der Verwaltung verlangen. Und riet, vor einer Entscheidung für wiederkehrende Beiträge die Sache fiktiv durchzurechnen.
Straßenausbaubeiträge werden in fast allen Bundsländern und Stadtstaaaten erhoben, außer in Berlin, Hamburg und Baden-Württemberg. In sechs Ländern, darunter Bayern, gibt es die Möglichkeit der wiederkehrenden Beiträge.