SABS: Der Widerstand bröckelt

Von Andreas Gewinner
Straßensanierung in der Stadt Goldkronach: Muss der Anlieger löhnen oder nicht? Wenn es nach Bürgermeister Bär geht, nicht. Foto: Archiv/Klaus Gottfried Foto: red

Die Rolle des Rebellen beim Thema Straßenausbaubeitragssatzung (SABS) spielt derzeit am ehesten Goldkronach, nachdem Hauptrebell Glashütten sich ins scheinbar Unvermeidliche gefügt hat. Die Goldkronacher haben eine vom Landratsamt gesetzte Frist verstreichen lassen. Doch ewig wird das nicht folgenlos bleiben.

 
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Bis Ende 2016 hätte der Goldkronacher Stadtrat zumindest eine Absichtserklärung abgeben müssen, die SABS einzuführen. Doch im Dezember beschloss der Stadtrat, diese Frist verstreichen zu lassen und an seinem Zeitplan festzuhalten. Nämlich am 21. Februar eine kombinierte Stadtratssitzung und Informationsveranstaltung (siehe unten) zum Thema mit einem Fachmann abzuhalten und dann in einer der folgenden Sitzungen zu entscheiden.

So geht das nicht

Gernot Geyer, Chef der Kommunalaufsicht im Landratsamt, sagt auf Nachfrage zu der verstrichenen Frist: „Wir werden das dauerhaft nicht akzeptieren.“ Man wolle ausdrücklich nicht der Polizist im Landkreis sein, „aber der Stadtrat Goldkronach muss akzeptierten, dass er nicht über dem Gesetz steht.“ Ob die SABS zum 1. April, Juli oder August komme, seit zweitrangig, „jedenfalls wird sich das Landratsamt nicht nach den Vorgaben des Stadtrats Goldkronach richten“, machte Geyer deutlich.

Aktuell ist Goldkronach noch eine von drei Kommunen im Landkreis, die weder eine SABS noch eine Absichtserklärung abgegeben haben, aber in der Pflicht sind, dies zu tun. 21 Kommunen haben die SABS beschlossen. Und vier von den 33 Städten und Gemeinden im Landkreis brauchen keine SABS. Das sind Hummeltal, Mistelbach, Gesees und Prebitz. Weil sie aktuell entweder keine oder sehr geringe Schulden haben, und weil sie Investitionen ohne Kredite machen können.

Am besten nie anwenden

Goldkronachs Bürgermeister Holger Bärs oberstes Ziel bleibt: Auch wenn die SABS in Goldkronach kommt, dass sie nie zur Anwendung kommt. Vieles beim Thema Straßen sei abgearbeitet, und für die Zukunft sei keine Straße akut, wo eine SABS Anwendung finden müsste, also wo eine Straße von Grund auf saniert und nicht nur repariert werden müsste.

Nach dem Vortrag sagt Bär: „Es war richtig, mal neutrale Informationen von einem Fachmann zu bekommen. Jetzt müssen wir erst mal die Informationen verarbeiten und die Sache durchrechnen. Der Vortrag hat gezeigt, dass die Variante mit den wiederkehrenden Beiträgen nicht die Musterlösung ist, die alles einfacher macht. Meine Meinung zur SABS hat sich nicht geändert. Ich sehe aber auch den Zwang.“

Gerhard Wiens aus Ottobrunn bei München ist derzeit ein viel gefragter Mann. Landauf, landab hält der Fachmann für Erschließungsrecht und ehemalige Verwaltungsrichter seinen Vortrag über die Straßenausbaubeitragssatzung (SABS). Auch in der Region war er schon wiederholt, und nun auch in Goldkronach, wo er rund 100 Zuhörern und dem Stadtrat insbesondere die Unterschiede zwischen den einmaligen Beiträgen und den wiederkehrenden erklärte. Und der Frage nachging, ob im Ernstfall wirklich Menschen „unter der Brücke schlafen müssen“, wenn sie sich die Beiträge nicht leisten können, wie alarmistische und oft fehlerbehaftete Medienberichte nahelegen. Wiens’ klare Aussage: „Aus seinem Haus muss niemand raus.“ Es gebe Billigkeitsregelungen, die Ratenzahlungen, Stundung und im Extremfall auch einen Erlass des Beitrags ermöglichen. Entscheiden könne das der Stadtrat. Wichtig dabei: Wird ein Beitrag erlassen, wird der nicht auf die anderen Beitragszahler umgelegt. Der Ausfall geht zulasten der Kommune. Wiens: „Wegen möglicher Härtefälle brauchen wir keine wiederkehrenden Beiträge.“

Wie bei der Krankenversicherung

Wiens ging ausführlich auf die rechtlichen wie politische Risiken der wiederkehrenden Beiträge ein. Der Geldbetrag, der bezahlt werden muss, ist auch bei den wiederkehrenden Beiträgen der gleiche. Er wird nur auf mehr Schultern verteilt. Das geht so: Die Kommune muss eine „Einheit“ von mehreren Straßen bilden, die zusammenhängen. Bis zu fünf Jahre lang kann sie jährlich einen relativ niedrigen Beitrag von jedem Grundeigentümer innerhalb dieser Einheit verlangen. Wenn innerhalb der fünf Jahre nur eine Straße innerhalb der Einheit saniert wurde, dann gehören die Anlieger dieser Straße zu den Gewinnern. Weil die Anlieger der anderen, nicht sanierten Straßen innerhalb der Einheit mitbezahlt haben. „Wiederkehrende Beiträge sind wie eine Krankenversicherung: Jeder zahlt sie, egal, ob er krank wird oder gesund bleibt und die Versicherung nicht in Anspruch nimmt.“ Dies müsse man den Bürgern politisch vermitteln. Ebenso besteht die Möglichkeit, dass es von Einheit zu Einheit sehr unterschiedliche Beiträge geben könnte: „Das müssen Sie dann politisch vertreten“, so Wiens in Richtung Stadtrat. Wiens ging ausführlich auf die rechtlichen und verwaltungstechnischen Fallstricke der wiederkehrenden Beiträge ein, die aufwändiger seien und absolut fehlerfreie Arbeit der Verwaltung verlangen. Und riet, vor einer Entscheidung für wiederkehrende Beiträge die Sache fiktiv durchzurechnen.

Straßenausbaubeiträge werden in fast allen Bundsländern und Stadtstaaaten erhoben, außer in Berlin, Hamburg und Baden-Württemberg. In sechs Ländern, darunter Bayern, gibt es die Möglichkeit der wiederkehrenden Beiträge.

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