Rote Karte gegen Fremdenhass

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Auf dem Podium (von links): Thomas Gambke (Die Grünen), Silke Launert (CSU), Moderator Niklas Wenzel, Moderatorin Anja-Maria Meister, Uli Grötsch (SPD), Konstantin Kuhle (FDP), Alexander Gauland (AfD). Foto: Peter Kolb Foto: red

Was erwartet die Studenten nach der Bundestagswahl im September? Wie sieht es mit Studiengebühren aus? Welche Visionen haben die Parteien für Europa? Um solche und andere Fragen ging es am Donnerstagabend im Audimax der Uni Bayreuth bei einer Diskussion, zu der das Studierendenparlament Vertreter aller relevanten Parteien geladen hatte.

 
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Kurz nach 18 Uhr betrat Alexander Gauland das Audimax-Gebäude der Uni Bayreuth durch einen Seiteneingang. Zu diesem Zeitpunkt, also knapp eine halbe Stunde vor Beginn der Podiumsdiskussion der Reihe „Bayreuther Debatten reloaded“, am Donnerstagabend hatten bereits die ersten Studenten im Saal Platz genommen. Mitglieder der Gruppe Rote Karte, ein Zusammenschluss aus unabhängigen Studierenden, verteilten rote Zettel mit der Aufschrift: „Wir zeigen Islamophobie, Sexismus, Rassismus, Homophobie und Fremdenhass die Rote Karte.“ Von den Organisatoren der Veranstaltung waren Sätze zu hören wie: „Es darf nicht geklebt werden“ oder „Wir haben keine Flyergenehmigung“. Einige Studenten diskutierten die Fragen: Was passiert, wenn ich ein Plakat hochhalte? Dürfen die mich dann rausschmeißen? „Wenn Du störst, schon“, erklärte daraufhin ein Jura-Student und ließ eine kurze Abhandlung zum Thema Hausarrest folgen.

Lange Schlange

Als dies geschah, war die Schlange am Haupteingang noch recht lang. Die Besucher hatten sich vorab registrieren lassen müssen. Sicherheitskräfte standen bereit. Es sollte ein ruhiger Abend für sie werden.

Dass sich der Beginn der Diskussion im Saal verzögerte, lag aber nicht nur an den Einlasskontrollen, sondern auch daran, dass zunächst Roland Fink als Mitorganisator vom Studierendenparlament das Wort ergriffen hatte. Fast 20 Minuten sprach er über Grundsätzliches wie die Pflicht mündiger Bürger oder den Streit als Grundlage der Demokratie, was die bereits hinter ihm sitzenden Kandidaten und Moderatoren durchaus als Unhöflichkeit hätten empfinden können. Schließlich war man ja deretwegen gekommen.

Fünf Kandidaten, zwei Moderatoren

Auf der Bühne war AfD-Spitzenkandidat Alexander Gauland nur einer von fünf Kandidaten und zwei Moderatoren. Mit dabei waren: die oberfränkische CSU-Bundestagsabgeordnete Silke Launert, der Vorsitzende der Jungen Liberalen, Konstantin Kuhle, der Grünen-Bundestagsabgeordnete Thomas Gambke und der SPD-Bundestagsabgeordnete Uli Grötsch. Der Kandidat der Linken hatte krankheitsbedingt abgesagt. Es moderierten Uni-Pressesprecherin Anja-Maria Meister und Niclas Wenzel, Vorsitzender des Studierendenparlaments. Und doch war dem Afd-Vize das besondere Interesse vieler Besucher sicher. Ohne ihn hätte es die roten Karten nicht gegeben. Und auch die Handvoll AfD-Mitglieder, die rechts oben im Saal saßen, hätten ohne Gauland diesen Abend vermutlich ganz anders zugebracht.

Gauland im Fokus

Stand der AfD-Kandidat also zurecht im Fokus? Roland Fink hatte es so formuliert: „Es ist selbstverständlich, dass wir das gesamte demokratische Meinungsspektrum abbilden wollen.“ Und: „Die AfD beweist, dass sie nichts von Substanz zu bieten hat.“ Um schließlich diejenigen, die der Einladung Gaulands kritisch gegenüber standen, direkt anzusprechen: „Wovor habt Ihr denn Angst?“ Jedenfalls absolvierte Gauland seinen Auftritt mit großer Gelassenheit. Nichts konnte ihn aus der Ruhe bringen. Für einen ersten größeren Pegelausschlag im Auditorium sorgte er mit dem Satz: „Wir wollen nicht die Grenzen für Studenten schließen, wir wollen die Grenzen für Flüchtlinge schließen.“ Worauf der wohl kalkuliert gesetzte Parallelismus sogleich seine Wirkung entfaltete. Die roten Karten wurden gezückt. Was mehrmals an diesem Abend der Fall war.

Rote Karte für Launert

Vermutlich hätte sich Silke Launert nicht träumen lassen, dass der farbig-stumme Protest in Form der roten Karten auch sie treffen könnte. Zu jenem Zeitpunkt ging es um die Frage nach der Ehe für alle. Da sei die CSU doch recht nahe an der AfD, hieß es auf dem Podium. Fraglos eine undankbare Aufgabe für Launert, hierauf eine schlaue Antwort zu finden. So lavierte sie sich ein wenig durch die Thematik, um dann kund zu tun, dass sie schon offen dafür sei, aber ihre Partei halt noch nicht so ganz. An einer ähnlich verlaufenen Stelle der Diskussion und angesichts eines vergleichbaren Antwortmusters, musste sich Launert daraufhin von Anja-Maria Meister den Kommentar gefallen lassen: „Die CSU überfordert die Menschen, weil sie immer dafür und dagegen ist.“ Großes Gelächter im Saal. Daumen hoch für die Moderatorin. Auch die übrigen Kandidaten hatten Gelegenheit, sich entsprechend in Szene zu setzen. Als der eloquenteste von allen stach der Vorsitzende der Jungen Liberalen heraus. Aufgewachsen in einem Dorf mit Bushaltestelle und Telefonzelle, wusste er doch zu allem etwas und meist viel Kluges zu sagen. Mit am imponierendsten geriet sein flammendes Plädoyer für Europa, das die Forderung enthielt: „Wir sollten dringend eine Flüchtlingsunion schaffen.“

Nicht weniger vehement und vorgetragen mit bayerisch-kerniger Dialektfärbung legte sich Uli Grötsch (SPD) für die europäische Sache ins Zeug, forderte eine gemeinsame europäische Außenpolitik und, dass wir „als ein einmaliger Raum in der Welt wirken“.

Studentische Themen

Natürlich ging es bei der Diskussion an der Uni auch um studentische Themen wie Studiengebühren, Bologna und die Frage, wie die Parteien junge Akademiker bei Unternehmensgründungen unterstützen würden. Thomas Gambke von den Grünen machte keinen Hehl aus seiner Abneigung für die einstigen, studienzeitverkürzenden Bologna-Reformen. Sein Credo: „Jeder Student sollte ein Semester in einem anderen Land studiert haben.“

Da zückte niemand die Rote Karte.

Info:

Wie halten es die Parteien mit Studiengebühren?

Laut Konstantin Kuhle (FDP) sollte jede Hochschule selbst entscheiden, ob sie Studiengebühren erheben will.

Uli Grötsch (SPD) hält Studiengebühren für falsch. Es sei eine staatliche Aufgabe, für Verbesserungen an den Universitäten zu sorgen.

Dass Studenten wieder mehr über den eigenen Tellerrand schauen müssen, fordert Thomas Gambke (Grüne). Studiengebühren seien dafür hinderlich.

Silke Launert musste einräumen, dass sich die CSU schon einmal die Finger beim Thema Studiengebühren verbrannte hatte. Diesen Fehler wolle man kein zweites Mal machen.

Alexander Gauland (AfD) forderte eine Strafgebühr für Studenten in höheren Semestern.

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