Risse, Staub und Wagners Nachlass

Von Susanne Will

Ein Blick ins Innere des Gebäudes des alten Stadtbauhofes zeigt: Um dort das Stadtarchiv unterzubringen, muss viel getan werden.

 
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Stefan Bouillon steht im matschigen Wintergras und schaut skeptisch. Sein Blick geht zum Fenster im ersten Stock. Der Sims neigt sich gefährlich, ein dicker Riss zieht sich bis zum Fundament. Bouillon ist der Chef des Hochbauamtes, er steht vor dem ehemaligen Stadtbauhof, in den eventuell das Stadtarchiv einziehen soll. „Dieser Teil des Gebäudes steht auf ,Bayreuther Schlick‘“, so bezeichnet er das Schwemmgebiet des Roten Mains. Und der schlickige Untergrund hat dafür gesorgt, dass sich der linke Kopfbau gesenkt hat. Und zwar ordentlich. Die Sanierung ist unumgänglich. Bouillon ist nicht nur Dienststellenleiter, er ist auch Architekt. Dem Architekten in ihm macht der Zustand des Gebäudes Sorgen, „doch unser Statiker ist guter Dinge, dass es noch nicht einsturzgefährdet ist“. Dem Kurier gewährt er einen Blick ins Innere des Baus aus den 1930er Jahren.

Von außen macht das Gebäude einen imposanten Eindruck. Drinnen riecht es nach Hund und Sorgen. Der Putz ist abgeblättert, in den Etagen führen alte, schwere Türen mit Glasscheiben in Wohnungen, die nach wie vor vermietet sind. Ob an den Reservistenbund, die Schlaraffen (der Kurier berichtete) oder Menschen mit eher geringem Einkommen. „Wir müssen hier sanieren, unbedingt. Wenn wir das tun, kann hier keiner mehr wohnen“, sagt Bouillon. Da müsse eine Lösung her.

Investition: Sechs Millionen Euro

Der Fachmann erklärt: Der linke Teil des Gebäudes Ecke Bad- und Romanstraße steht auf Eichenpfählen, die mittlerweile verrottet sind. Hier müssten Löcher neu und mehrere Meter tief in den Grund gebohrt und mit Beton ausgegossen werden. Der Untergrund im Mittelteil, in dem die Garagen liegen, sei einigermaßen akzeptabel, der rechte Teil stünde stabil auf einer Sandsteinplatte. Zwei Millionen Euro würde eine Sanierung kosten. Sechs Millionen Euro, wenn aus dem Gebäude das Stadtarchiv werden würde.

Die Pläne sind noch rudimentär, es gibt nur eine grobe Struktur. Im linken Teil könnte ein Zeitungsarchiv untergebracht werden. Um im Mittelteil schwere Rollregale aufzustellen, müsste dieses Gebäudestück entkernt und mit Stahlbeton stabilisiert werden, um eine neue Statik zu erreichen. Zur rechten Seite hin würde das Erdgeschoss auch für die Öffentlichkeit zugänglich, es könnten dort beispielsweise Ausstellungen gezeigt werden. Darüber hätte ein Büro Platz. Stefan Bouillon schätzt die Bauzeit auf eineinhalb bis zwei Jahre.

Hier hängt noch Horst Köhler

Bouillon kämpft sich mit einem dicken Schlüsselbund durch die Etagen im linken Teil des Baus. Die Wohnungen sind teils bewohnt, teils wurden sie angemietet, um Dinge einzulagern: Stühle beispielsweise. Wohnlich ist hier nichts: An der einen, bemalten Wand hängt noch ein gerahmtes Foto von Horst Köhler, als der noch Bundespräsident war (2004-2010). Hier nach einem Energieausweis zu fragen, wäre albern: Die Kälte an den Fenstern, die oft nur einfach verglast sind, ist spürbar. Bouillon: „Wohnlich muss es hier ja auch nicht werden, wenn es ein Archiv werden soll“, außerdem müssten dann die Räume sowieso belüftet werden. Auf den Nachtspeicheröfen liegt Staub, die Risse ziehen sich auch im Inneren der Räume weiter. Die Lichtschalter und Klingeln sind aus Bakelit, auch die Elektronik müsste auf einen zeitgemäßen Stand gebracht werden.

Im Keller zeigt sich ein weiteres Problem: Feuchtigkeit. Sie drückt aus dem Boden, zieht in den Stein und hat den Putz zum Platzen gebracht. Immerhin: Schimmel ist keiner zu sehen. Das würde man trocken kriegen, da ist Bouillon zuversichtlich. Und ohnehin würden im Keller keine Dokumente eingelagert. Das Dach hingegen ist trocken. Die Balkenkonstruktion auf dem staubigen Dachboden, die dem Haus sein charakteristisches Aussehen gibt, ist wohl für jeden Architekten ein Highlight, auch Bouillon bewundert die Struktur der Bretter und Balken.

Auch Wagner soll Platz haben

Auch ein unverwechselbares Merkmal des Gebäudes: die Garagentore, die sich über den kompletten Mittelteil ziehen. Die würden zunächst zugemauert werden, um dahinter mehr Archivplatz und auch Leseräume zu gewinnen – von außen aber würden wieder Garagentore montiert werden, reine Kulisse, wie in einem Western-Dorf. Drüber hätte das Rollregallager Platz.

Die Planungen stehen am Anfang. Und eine weitere Unsicherheit wäre da auch noch: Es ist auch angedacht, den Wagner-Nachlass hier unterzubringen. „Doch das ist wie eine Art Black Box – es weiß niemand, aus was der besteht.“ Und wie viel Platz der brauchen wird.

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