Richter schickt Stammkundin in den Knast

Von Moritz Kircher
Symbolfoto: Archiv Foto: red

Ausraster, Beschimpfungen, Kleinkriminalität - so manche Anklage, die vor dem Amtsgericht verhandelt wird, liest sich wie das Drehbuch einer Reality-Soap im Privatfernsehen. Im Fall einer 35-jährigen Bayreutherin sind der Richter und die Angeklagte fast schon so etwas, wie alte Bekannte.

 
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Zweimal hat die Angeklagte bereits vor Richter David Baasch gesessen. Bei ihrem dritten "Besuch" bleibt ihm nichts anderes übrig, als die Frau, die ohnehin gerade eine kurze Haftstrafe verbüßt, für eine erneute Beleidigung für zwei Monate hinter Gitter zu schicken. Und der Termin für die Verhandlung einer weiteren Anklage steht schon fest.

Alles, was ein Kleinkrimineller auf dem Kerbholz haben kann

Als der Richter vor der Urteilsverkündung die Vorstrafen der Angeklagten vorträgt, liest sich das wie eine Auflistung sämtlicher Delikte, die ein Kleinkrimineller auf dem Kerbholz haben kann: Diebstahl, Betrug, vorsätzliche Körperverletzung, gefährliche Körperverletzung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. "Das war die Zeit, in der sie mir die Kinder weggenommen haben", erklärt die Angeklagte, die zweifache Mutter ist. "Da stand ich völlig neben mir." Auch Alkohol sei damals im Spiel gewesen.

Wer die schmächtige Frau sieht, die da in Fußfesseln auf der Anklagebank sitzt, mag ihr das alles gar nicht zutrauen. Und doch scheint sie bei den Justizbeamten keine Unbekannte zu sein. "Und, war sie brav?", fragt der Gerichtsdiener seinen Kollegen von der Polizei, als der die Angeklagte in den Gerichtssaal führt. Der Kollege nickt und lacht. Vor dem Richter nimmt sich die Frau zusammen. Aber ihre aufbrausende Art kann sie auf der Anklagebank nicht ganz unterdrücken.

Nachbar beklaut, während er in der Psychiatrie war?

Diesmal wird ihr unter anderem zur Last gelegt, dass sie zwei Fahrkartenkontrolleure der Stadtwerke beleidigt haben soll. Die Angeklagte hat Glück, die Anzeige erfolgte zu spät und musste deshalb fallen gelassen werden. Auch dass sie einem Bekannten geholfen haben soll, den Fernseher ihres Nachbarn zu stehlen, kann ihr nicht nachgewiesen werden.

Ebenfalls nicht, dass sie einem Bekannten mit einem Zweitschlüssel Zugang zur Nachbarwohnung verschafft haben soll. Der Nachbar war zwar im Zeugenstand, befand sich aber zum Zeitpunkt, als sein Fernseher verschwand, zur Behandlung einer psychischen Erkrankung im Bezirkskrankenhaus.

Streit wegen Pornos auf dem Handy

Die Angeklagte wird schließlich dafür verknackt, dass sie einen Polizisten bleidigt hat. "Wichser" und "Pisser" soll sie ihn geschimpft haben. Die Polizei war gerufen worden, als sie sich eines Morgens lautstark mit ihrem 16-jährigen Sohn in der Wohnung gestritten hatte. Da, so sagt sie vor Gericht aus, hatte sie auf dessen Handy pornografisches Material gefunden.

Sie spricht von einer Gruppe, die sich "Badmasterboys" nennt und Fetischfilmchen dreht. "Da geht es um Kindesmisshandlung", sagt die Angeklagte vor Gericht. Das habe sie auch der Polizei klarzumachen versucht.

"Mir ist klar, dass ich mit einer Haftstrafe zu rechnen habe."

Und als sie dem Polizisten den Zugang zur Wohnung verwehrte, weil sie "erstmal eine Zigarette rauchen und einen Kaffee trinken" wollte, "um runterzukommen", habe der Beamte sie an den Türrahmen gedrückt und sich gewaltsam Zugang zur Wohnung verschafft. Da sei es dann zu den Beleidigungen gekommen.

"Es sieht nicht gut aus für Sie", sagte Richter David Baasch schon vor der Urteilsverkündung. Und die Angeklagte antwortet: "Mir ist klar, dass ich mit einer Haftstrafe zu rechnen habe." Baasch folgt schließlich dem Antrag der Staatsanwaltschaft und verurteilt die Frau zu zwei Monaten. Die nächste Anklage gegen die 35-Jährige wegen Beleidigung liegt schon beim Richter auf dem Tisch.

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