Eilmeldung

Reicht ein Job in der JVA nicht zum Leben?

Von Moritz Kircher
Jeder sechste Mitarbeiter im Bayreuther Gefängnis geht einer Nebentätigkeit nach. Archivfoto: Andreas Harbach Foto: red

Tagsüber unter Einsatz der eigenen Gesundheit Schwerverbrecher bewachen und abends oder nachts noch einen Nebenjob machen, weil das Geld zum Leben nicht reicht: So liest sich eine aktuelle Meldung, wonach jeder fünfte Beamte oder Angestellte im bayerischen Justizvollzug einen Nebenjob hat. Eine Nachfrage im Bayreuther Gefängnis ergibt allerdings ein differenziertes Bild.

 
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Es stimmt. Auch in der Bayreuther Justizvollzugsanstalt gehen viele Beamte und Angestellte einer Nebenbeschäftigung nach. Im Gefängnis gibt es einen Vollzugs-, Werk-, Krankenpflegedienst, es arbeiten dort Psychologen, Sozialarbeiter, Ärzte, Seelsorger, Lehrer und Verwaltungsangestellte. 360 Menschen insgesamt. Und von denen haben aktuell 61 eine Nebentätigkeit gemeldet – jeder sechste also. Maria Anna Kerscher, die stellvertretende Leiterin der JVA, bestätigt die Zahl, die dieser Tage von der Deutschen Presseagentur (dpa) verbreitet wurde.

Die wenigsten sind auf das Geld angewiesen

In dem dpa-Bericht steht aber noch mehr. Von vielen Überstunden und schlechter Bezahlung in bayerischen Gefängnissen ist die Rede. "Die wenigsten gehen aus Spaß an der Freude neben dem Vollzeitjob noch einer Nebentätigkeit nach, vor allem angesichts der angehäuften Überstunden", wird der SPD-Justizexperte Klaus Adelt in dem Bericht zitiert. Er fordert eine Reaktion der Staatsregierung.

Aber ist die Situation der Beamten und Angestellten hinter den Gefängnismauern wirklich so prekär, dass viele auf einen Zuverdienst angewiesen sind? "Es sind die allerwenigsten, die einen Nebenjob im eigentlichen Sinne ausüben", sagt die stellvertretende Anstaltsleiterin Maria Anna Kerscher. Also solche, die eine Nebentätigkeit nur deshalb machen, weil sie auf das Geld angewiesen sind.

Vielfältige Gründe für eine Nebentätigkeit

"Zu den Hintergründen müsste man jeden einzelnen befragen", sagt Kerscher. "Da hat sicher jeder seine eigene Motivation." Sie sagt jedoch, dass einige Nebentätigkeiten eher familiäre Gründe haben, auf ein Hobby zurückzuführen sind oder auch mit der hauptberuflichen Tätigkeit im Gefängnis zusammenhängen. So führten einige Angestellte noch einen landwirtschaftlichen Betrieb als Nebenerwerb, der melde- aber nicht genehmigungspflichtig sei.

Es gebe im Gefängnis beschäftigte Handwerker, die an der Meisterschule der Handwerkskammer unterrichten. Hinzu kommen Gefängnismitarbeiter, die Kurse an der Volkshochschule geben oder Übungsleiter in Sportvereinen sind. Und nicht zuletzt lehrten einige Mitarbeiter an der bayerischen Justizvollzugsakademie in Straubing. All diese Nebenjobs muss die JVA als Hauptarbeitgeber genehmigen.

Bezahlung in Bayern besser als in anderen Bundesländern

Die stellvertretende Anstaltsleiterin schließt nicht aus, dass der ein oder andere auch auf den Zuverdienst angewiesen ist. "Das hängt dann von den persönlichen Verhältnissen oder vom Lebensstil ab", sagt sie. Ob die Bezahlung zu schlecht sei? "JVA-Beamte werden in Bayern besser bezahlt als in anderen Bundesländern", sagt Kerscher.

Das Einstiegsgehalt im allgemeinen Vollzugsdienst liege bei rund 2370 Euro brutto. Dazu kommen gegebenenfalls Familienzuschläge und die sogenannte Gitterzulage von knapp 152 Euro, die jeder bekommt - dafür, dass man sich den allgemeinen Gefahren des Justizvollzuges aussetzt.

Die Zahl der Überstunden sinkt

"Wir brauchen mehr Personal und Personal, das besser bezahlt wird", fordert SPD-Mann Adelt für den bayerischen Justizvollzug. Es gebe zu viele Überstunden. Maria Anna Kerscher kann nur für die JVA-Bayreuth sprechen. Dort habe jeder Bedienstete aktuell rund zehn Tage an Überstunden auf dem Zeitkonto. Tendenz in der jüngeren Vergangenheit eher fallend.

Die Lage habe sich durch mehr Personal entspannt. "Es hat sich gebessert, aber es ist noch nicht optimal", sagt die stellvertretende Gefängnisleiterin. In einem stimmt sie Adelt voll zu: "Gegen die Forderung einer besseren Bezahlung im Justizvollzug ist natürlich nichts zu sagen."

(Änderung am 9. Januar: In der ersten Version des Artikel stand, dass jeder Bedienstete in der JVA aktuell rund zehn Überstunden auf dem Zeitkonto habe. Das stimmte so nicht. Es sind im Schnitt zehn Tage an Überstunden.)

 

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