Erst wird über Lärmbelästigung gestritten, dann erteilt der Bauausschuss grünes Licht Reichshof: Auf dem Weg zur Kulturbühne

Von Thorsten Gütling
Früher war es das Kino der Stadt, dann stand es Jahrzehnte lang leer und verfiel. Jetzt will ein Verein das Reichshof wiederbeleben. Die Grünen im Stadtrat fordern aber, dass dabei Rücksicht auf die Nachbarn genommen wird.Foto: Andreas Harbach Foto: red

Eine Wiederbelebung des Reichshofkinos wäre ein Bereicherung für die Innenstadt. Soweit sind sich die Fraktionen im Bauausschuss einig. Gestritten wir aber trotzdem und zwar über den Lärm, der dann nachts am Marktplatz einzug halten könnte. Und zwar so heftig, dass ein Tierarzt und ein Metzger am Ende von einem Trauerspiel sprechen und von einer Stadt, die immer spießiger werde.

 
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Vergangenes Jahr hat es der Verein Bayreuth Event und Festival schon vorgemacht. Ein paar Mal wurden die lange verschlossenen Türen des alten Kinos aufgesperrt – für Konzerte und Kabarett. Das soll künftig regelmäßig passieren. Deshalb haben die Vereinsmitglieder, an deren Spitze der CSU-Stadtrat Christian Wedlich steht, einen Bauantrag eingereicht. Der Kinosaal samt Balkon sollen wieder bestuhlt werden und 575 Zuschauer sollen Platz finden. Ein Lastenaufzug soll im Hinterhof gebaut werden um schweres Gerät auf die Bühne zu bekommen. Für Künstler sollen drei Container her, die als Umkleideräume dienen.

Schallgutachter sieht keine Probleme

Die Stadtverwaltung hat daraufhin prüfen lassen, ob das überhaupt möglich ist. Eine Bayreuther Ingenieurgesellschaft kommt in einem Schallschutzgutachten zu dem Schluss: Das Reichshof könnte täglich bis 22 Uhr mit einer Lautstärke bis 95 Dezibel bespielt werden. Danach müsste die Laustärke auf 80 Dezibel reduziert werden und die Veranstaltungen um 24 Uhr enden. Zehn mal im Jahr dürfte davon eine Ausnahme gemacht werden und die Lautstärke von 95 Dezibel bis Mitternacht anhalten.

So laut wie ein Lastwagen

80 Dezibel, das ist so laut wie ein Telefon das läutet, aber auch so laut wie ein Presslufthammer. 90 Dezibel laut ist es, wenn ein Lastwagen vorbei fährt. Vier Nachbarn des Reichshof haben die Baupläne daher nicht unterzeichnet. Grund genug für die Grünen im Stadtrat, zu fordern, dass der künftige Betreiber in den Lärmschutz investieren soll. Noch dazu, wo das Reichshof in Konkurrenz zur Stadthalle stehe. dort wiederum habe die Stadt selbst viel Geld in die Hand genommen, um mit den Anwohnern nicht aneinander zu geraten. Stefan Schlags prophezeit: „Wir werden eine Menge Streit bekommen“ und spricht von einer „Privilegierung bestimmter Leute“.

Es müsste ein Signal geben

Mit dieser Meinung stehen die Grünen aber weitgehend alleine da. Zwar spricht auch FDP-Stadtrat Stephan Huttner davon, einen Kompromiss mit den Anwohnern finden zu wollen. Und Ernst-Rüdiger Kettel (BG) gibt zu bedenken: „Welche Musikgruppe bekommt man so in den Griff, dass es um 22 Uhr ruhiger wird?“ Es müsse ein Signal geben, dass aus dem Reichshof nicht eines Tages eine Disko werde.

Das Korsett enger ziehen

Wie bei den Fraktionen von CSU, SPD und Junges Bayreuth überwiegt aber auch bei FDP und BG die Freude darüber, dass es mit dem Leerstand an prominenter Stelle bald vorbei sein könnte. Stefan Schuh (Junges Bayreuth) sagt: „Klar könnten wir dem Betreiber das Korsett enger ziehen, die Frage ist aber: Sollten wir das tun ?“

Der Verein als künftiger Preisträger

Helmut Zartner (FDP) geht sogar so weit: „Sollten uns einmal die Preisträger für den Kulturpreis ausgehen, dieser Verein hätte es verdient.“ Und er spricht von „kindischen und spießigen Hindernissen“, die die Grünen dem Betreiber vorsetzen würden. Der Tierarzt sagt: „Sonst gehen in Bayreuth um 19 Uhr die Lichter aus. Unsere spießige Stadt wird immer veralteter.“ Eine „unsägliche“ Behauptung, hält Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe dagegen. „Ich gehe davon aus, dass sie um 22 Uhr in Bayreuth nicht mehr unterwegs sind.“ Ein Trauerspiel nennt schließlich Helmut Parzen (CSU) die Diskussion. Ein „zartes Pflänzchen“ werde einmal mehr kaputt geredet. „In dieser Stadt kommst du einfach nicht weiter. Da können wir uns eingraben.“

Die Grünen sind dagegen

Ganz so weit kommt es dann nicht. Gegen zwei Stimmen der Grünen spricht sich der Bauausschuss dafür aus, dem Verein eine Baugenehmigung zu erteilen. Christian Wedlich, der die Diskussion von den Zuschauerrängen aus mitverfolgt hat, sagt: „Wir bekommen keinen Bonus. Unser Projekt wird bewertet, wie rechtlich üblich“, sagt er.

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