Helmbrechtser Medizintechnikhersteller investiert 27 Millionen Dollar Raumedic eröffnet Werk in den USA

Michael Stellwag ist Finanzchef bei Raumedic, dem Helmbrechtser Hersteller von Medizinbedarf. Foto: red Foto: red

Der oberfränkische Medizintechnikhersteller Raumedic mit Stammsitz in Helmbrechts eröffnet am Freitag offiziell sein neues Werk in den USA. In das Entwicklungs- und Produktionszentrum in Mills River (North Carolina) mit zunächst 56 Beschäftigten wurden rund 27 Millionen Dollar investiert. In dem zweistöckigen Bau mit einer Gesamtfläche von 5600 Quadratmetern arbeiten Spezialisten aus den Bereichen Engineering, Forschung und Entwicklung, Reinraumproduktion, Qualitätsmanagement, Logistik, Marketing, Vertrieb und Verwaltung. Die Zahl der Mitarbeiter soll in den nächsten Monaten wachsen. Wir sprachen mit Raumedic-Finanzchef Michael Stellwag über das neue US-Werk.

 
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Raumedic geht in die USA. Warum?
Michael Stellwag: Seit über zehn Jahren werden unsere Produkte in den USA durch unsere Raumedic Inc. vertrieben. Mit der Entscheidung, in North Carolina das neue US-Headquarter zu bauen, bietet Raumedic ihren nordamerikanischen Kunden ein modernstes Servicezentrum vor Ort. Damit stellen wir die Weichen für eine weitere positive Unternehmensentwicklung auf dem größten und innovativsten Medizinmarkt der Welt. Unsere Philosophie, nah am Kunden und dessen Wünschen zu sein, können wir so mit Leben erfüllen.

Was wird im US-Werk produziert?
Stellwag: Polymerbasierte Produkte für die Medizintechnik und Pharmazie. Dies betrifft extrudierte und spritzgegossene Teile für medizinische Einwegprodukte, komplexe Kathetersysteme oder Medikamentenapplikationssysteme für verschiedene pharmazeutische Darreichungsformen.

Für wen?
Stellwag: In erster Linie werden von Mills River aus natürlich die Kunden im nordamerikanischen Raum bedient. Aber diese haben wiederum Niederlassungen in der ganzen Welt, die auch von dort aus beliefert werden können. Unser Ziel besteht in der gegenseitigen Angleichung der Fertigungsmöglichkeiten beiderseits des Atlantiks.

Hat der US-Standort Auswirkungen auf die Basis Helmbrechts?
Stellwag: Der US-Standort wird Raumedic helfen, insgesamt weiter zu wachsen. Indem wir Zug um Zug an beiden Standorten vergleichbare Fertigungsmöglichkeiten schaffen, erhöhen wir unsere Nähe zum Kunden und gleichzeitig unsere Flexibilität in der Fertigung. Wir sind überzeugt, dass wir damit mittel- und langfristig Wachstumschancen für beide Standorte haben werden. Dies spiegelt sich auch in dem Ausbau wieder, den wir gleichzeitig für 26 Millionen Euro in Helmbrechts vorgenommen haben. So entstehen zwei Kompetenzzentren, die in der Lage sind, polymere Lösungen für unsere Kunden in der Medizintechnik und Pharmazie anzubieten.

Sie sind nun öfter in den USA?
Stellwag: Natürlich erfordert ein neuer Standort eine erhöhte Reisetätigkeit meinerseits. Aber nicht nur von mir. Gerade in der Aufbau- und Anlaufphase sind Mitarbeiter aus Deutschland in den USA vor Ort und umgekehrt. Unser Ziel ist ganz klar eine Vergleichbarkeit der Standorte im Interesse einer flexiblen Belieferung unserer oft weltweit vertretenen Kunden. Neben den Aufenthalten im Werk sind damit auch gemeinsame Besuche unserer Kunden verbunden.

Wie wurden sie als Investor vor Ort aufgenommen?
Stellwag: Wir wurden in USA sehr freundlich aufgenommen. Deutsche Investoren sind in den USA gerne gesehen, insbesondere in so zukunftsträchtigen Branchen wie der Medizintechnik. Das gilt nicht nur für kommunale oder föderale Ansprechpartner, sondern auch für potenzielle neue Mitarbeiter.

Das Investitionsklima in den USA ist gut?
Stellwag: Ja, das Investitionsklima ist ausgezeichnet. Die USA bleiben weiterhin ein bevorzugter Investitionsstandort für Firmen aus aller Welt. Für den seit über sechs Jahren andauernden Wirtschaftsaufschwung ist auch aktuell noch kein Ende abzusehen. Deutsche Unternehmen machen sich die Standortvorteile zunutze und sind hinsichtlich der im Land geschaffenen Arbeitsplätze die Nummer drei der ausländischen Investoren.

Die größten Unterschiede zu Deutschland?
Stellwag: In Amerika ist vieles anders, gerade auch die Mentalität. Meiner Erfahrung nach sind Amerikaner oft optimistischer, aber auch offener und lockerer als Deutsche. Zudem sind sie stolz auf Ihr Land und zeigen dies auch.

Wird der Umsatz von Raumedic 2016 weiter steigen?
Stellwag: Auch 2016 wird unser Umsatz um rund zehn Prozent steigen.

Und soll in fünf Jahren wie hoch sein?
Stellwag: Wir schreiben uns auch für die Zukunft ein jährliches Wachstum von etwa zehn Prozent auf die Fahnen. Dazu gehen wir unseren Weg der Internationalisierung konsequent weiter. Dies stärkt auch unsere Position und unsere Arbeitsplätze hier in Deutschland.

Mit dann wie viel Beschäftigten?
Stellwag: Wir haben die Anzahl der Beschäftigten seit unsere Ausgründung aus der Rehau AG + Co. im Jahr 2004 von 240 auf aktuell fast 700 beinahe verdreifacht. Und wir wollen mit unseren Plänen auch für weitere Beschäftigung sorgen. Aber Wachstum fällt nicht vom Himmel, sondern muss durch kreative, motivierte Mitarbeiter geschaffen werden.

Gibt es auch in Helmbrechts neue Jobs?
Stellwag: Ja, momentan haben wir hier über 40 offene Stellen. Die Palette reicht dabei vom Verfahrensmechaniker, über Qualitätsexperten, Personalreferenten, Logistiker und Produktmanager in der Entwicklung wie im Marketing. Auch für Berufseinsteiger und solche, die es erst noch werden wollen, gibt es Möglichkeiten und Karrierechancen.

Das Gespräch führte Roland Töpfer

Das Unternehmen

Raumedic stellt Schläuche, Formteile, Katheter sowie Baugruppen und Systeme für die medizintechnische und pharmazeutische Industrie her. An insgesamt vier Produktionsstandorten in Deutschland und in den USA verarbeitet das Unternehmen thermoplastische Polymere und Silikone in medizinischer Qualität. Darüber hinaus entwickelt und produziert das Unternehmen für Neuromonitoring, Urologie und Traumatologie Druckmesssysteme mit Mikrochiptechnologie. In Helmbrechts beschäftigt Raumedic knapp 500 Mitarbeiter, weltweit sind es fast 700. Der Umsatz soll dieses Jahr auf über 100 Millionen Euro steigen. ⋌töp

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