Bürger entscheiden jetzt selbst, ob sie ihre großen Bäume fällen oder nicht – Bund Naturschutz schockiert Räte sägen Baumschutz ab

Von Heike Hampl

Sie fällt. Der Eckersdorfer Gemeinderat hat die Baumschutzverordnung abgeschafft. Die Bürger dürfen nun selbst entscheiden, ob sie einen Baum in ihrem Garten fällen oder nicht. Der Bund Naturschutz wusste davon nichts. Und ärgert sich.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

„Das ist schockierend“, sagt August Freymüller dazu, dass der Eckersdorfer Gemeinderat am Dienstagabend die Baumschutzverordnung abgeschafft hat. Freymüller ist Vorsitzender der Ortsgruppe des Bund Naturschutz’. „Das ist eine Nacht- und Nebelaktion, von der wir nichts wussten“, sagt er. Peter Ille von der Kreisgruppe versteht die Entscheidung eben so wenig: „Eckersdorf war ein Vorbild für den ganzen Landkreis.“ Seit Jahren warb der Bund Naturschutz mit dem Eckersdorfer Modell, wollte andere Gemeinden davon überzeugen.

Genutzt hat das nichts. Eckersdorf ist die einzige der 33 Gemeinden im Landkreis, die eine solche Verordnung hatte. Nur die Stadt Bayreuth verfügt über eine. Die Eckersdorfer Verordnung galt für Bäume mit mehr als 90 Zentimetern Umfang. In jedem Fall entschied der Bauausschuss darüber: fällen oder stehenlassen.

"Die Bürger sind mündig"

„Die Bürger sind mündig genug, das selbst zu entscheiden“, sagt Claus-Dieter Vogel (CSU). Er war einer von 13 Gemeinderäten, die die Verordnung abschaffen wollten. Neun stimmten dafür, sie zu behalten. „Anderswo im Landkreis gibt es auch keinen Kahlschlag – ohne Verordnung“, sagt er.

Die SPD-Fraktion im Gemeinderat war anderer Meinung. „Wir wollten weiter Einfluss haben, damit nicht alles einfach abgeholzt werden kann“, sagt Reinhard Schmidt. Ihn schmerzt der Beschluss. Aber als Demokrat, sagt er, akzeptiert er es eben.

Von dem Beschluss profitieren Menschen wie Erika Hince. Die Wirtin des Lokals Am Park will zwei Bäume fällen: eine Linde und eine Kastanie. Die Bäume prägen ihren Biergarten – aber sie zerstören die Sandsteinmauer am Gehweg. Die droht jetzt einzustürzen. „Diese Verantwortung will ich nicht übernehmen“, sagt Erika Hince. Sie will neue Bäume pflanzen, wenn die alten weg sind.

Gemeinderäte weisen Gerüchte zurück

Die Entscheidung nützt auch Grundstücksbesitzern in der Brunnenwiese. Dort stehen einige alte Eichen. Manche davon schützt der Bebauungsplan. Andere nicht. „Die werden sicher fallen“, sagt SPD-Gemeinderat Schmidt. Unter den betroffenen Grundstücksbesitzern sind auch Verwandte von Gemeinderatsmitgliedern: der Vater von Gerald Parchent (CSU) und der Sohn von Karl Pensky (FWG). Beide stimmten dafür, den Schutz der Bäume aufzuheben. Gerüchte, sie hätten aus Eigennutz gehandelt, weisen sie weit von sich: „Das hat damit überhaupt nichts zu tun“, sagt Parchent. Für einen der beiden Bäume seines Vaters hatte der Bauausschuss ohnehin schon grünes Licht gegeben. „Ich komme aus der Landwirtschaft. Sie können mir glauben, dass mir Bäume und die Natur wichtig sind“, sagt er. Und: „Wenn es um Bauplätze geht, kann es schon sein, dass ein Baum mal weg muss.“

Der Baum von Penskys Sohn ist schadhaft. „Es gibt ein Gutachten, das bestätigt, dass er weg muss“, sagt der Gemeinderat. Er habe sich im Vorfeld ganz bewusst nicht an den Diskussionen zum Thema beteiligt. „Damit solche Gerüchte überhaupt nicht aufkommen“, sagt er. „Mir geht es um die Freiheit der Eckersdorfer Bürger.“

Info: Auch ohne Baumschutzverordnung gilt das Naturschutzrecht. Ist ein Baum ein Naturdenkmal oder steht er im Landschaftsschutzgebiet, müssen Bürger sich vor dem Fällen an die untere Naturschutzbehörde im Landratsamt wenden.