Ein 75-jähriger Arzt erstreitet sich vor dem Verwaltungsgericht das Recht, wieder Patienten behandeln zu dürfen Psychiater muss zum Psychiater

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Vor dem Verwaltungsgericht erreichte der Facharzt für Psychiatrie, dass er wieder arbeiten darf. Symbolfoto: Archiv Foto: red

Die dritte Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Bayreuth brachte den Durchbruch: Ein 75-jähriger Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie mit Wohnsitz im Landkreis Kulmbach und einer Praxis im Landkreis Wunsiedel darf künftig wieder Patienten behandeln. Derzeit ruht seine Approbation, also die gesetzliche Behandlungserlaubnis, weil die Regierungen von Oberfranken und Unterfranken davon ausgingen, dass der Arzt selbst psychisch krank ist.

 
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Der Psychiater profitierte davon, dass die ihn begutachtenden Ärzte zu verschiedenen Befunden gekommen waren. Ein Bayreuther Amtsarzt hatte dem 75-Jährigen eine Persönlichkeitsstörung bescheinigt, die ein weiteres Wirken als Arzt ausschließen. Darauf setzte seine Anwältin Doris Benker-Roth eine erneute Begutachtung durch. Die vom Verwaltungsgericht beauftragte Psychiaterin stellte nun aber fest, dass der Kollege unter einer bipolaren Störung leidet, allgemein besser unter manisch-depressiver Störung bekannt. Weil die Verwaltungsbehörden ihren Bescheid zum Ruhen der Approbation auf das Attest des Amtsarztes gestützt hatten, war die sachliche Grundlage hierfür dahin. Ohne große weitere Diskussion kassierten die Richter den Bescheid ein.

Manische Phasen

Trotzdem muss der Arzt, der unbedingt noch ein paar Jahre arbeiten möchte, gegen seine eigene Krankheit etwas tun. Wie die Gutachterin Dr. Susanne Lausch, ärztliche Direktorin des Bezirkskrankenhauses Straubing, darlegte, sind es vor allem die manischen Phasen der bipolaren Störung, die den 75-Jährigen zur Gefahr für seine Umwelt und seine Patienten werden lassen. In diesen Phasen neige er dazu, seine Fähigkeiten und Kompetenzen zu überschätzen sowie Regeln zu überschreiten. Eine solche Phase muss es auch gewesen sei, die ihm den ganzen Ärger eingetragen hatte. Im Sommer 2014 wollte er an seinem damaligen Wohnort Bad Berneck einen Nachbarschaftsstreit dadurch lösen, indem er in einem Brief an die Polizei die sofortige Einweisung des Nachbarn in die Psychiatrie forderte.

Ratlose Polizeibeamte

Dabei stützte er sich ausdrücklich auf seine Autorität als „Psychiater und Verkehrsmediziner“. Als die Polizei vor Ort erschien, gab er sich als behandelnder Arzt des Nachbarn aus und beschimpfte diesen wüst. Die ratlosen Streifenbeamten holten schließlich noch einen weitere Arzt herbei, der seinen Kollegen ins Bezirkskrankenhaus Bayreuth einwies, wo man ihn eine Nacht lang behielt.

In einer manischen Phase dürfte er auch gewesen sein, als er sich ein Jahr später auf Druck der Aufsichtsbehörden dem Bayreuther Amtsarzt zur Begutachtung vorstellte. Der schrieb später, dass er den Redeschwall des damals 74-Jährigen kaum bändigen konnte. Allerdings sei dieser auch kaum bei der Sache zu halten gewesen.

Richter erlebten einen aufgekratzten Mann

Außerordentlich aufgekratzt hatten ihn auch die Richter und die Zuschauer der beiden vorausgegangenen Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht erlebt. So hatte er dem Bayreuther Amtsarzt „Neid und Minderbegabung“ unterstellt. In einer Verhandlungspause, in der ihn seine Anwältin Doris Benker-Roth nicht unter Kontrolle hatte, fragte er die Vertreter der Regierung, aus welchen „Studentenhandbüchern“ sie „ihre schlechten Schriftsätze zusammen stellen“. Einem Juristen der Regierung von Oberfranken empfahl er, „mal wieder zum Friseur zu gehen“.

Ratschlag der Richterin

Vorsitzende Richter Angelika Janßen riet dem Arzt dringend, seine Versprechen auch einzuhalten. Nur so könne er in seine letzten Berufsjahre unbehelligt absolvieren. Bei neuerlichen Vorkommnissen und Übergriffen dürfte die Aufsichtsbehörde umgehend die Approbation wieder ruhen lassen oder gar entziehen – dann eben mit einer anderen Diagnose.

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