Prozess gegen organisierte Ladendiebe

Von Manfred Scherer
Foto: Britta Pedersen dpa/Archiv Foto: red

Diese Bande jagte die Polizei mit dem Hubschrauber durch die Lande. Und den vier Osteuropäern hat die Justiz nun nach knapp acht Monaten Untersuchungshaft eine kostenfreie Lehrstunde darin gegeben, wie in Deutschland idealerweise mit dem Eigentum anderer umzugehen ist.

 
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Der Beamte der Asservatenkammer der Justizbehörden kam dreimal in den Schöffengerichtssaal. Einmal brachte er einen Umschlag mit Geldbörsen darin. Einmal einen Straßenanzug. Und einmal eine Baseballkappe.

Die Rückgabe von beschlagnahmten Gegenständen stand an nach einem für einen Prozess gegen vier des schweren Bandendiebstahls angeklagte Männer kurzen Strafverfahrens: Ein 30-jähriger Tschetschene, ein 31-jähriger Moldawier, ein 25-jähriger Turkmene und ein 22-jähriger Russe hatten Geständnisse abgelegt und durch die Bank beteuert:

„Das kommt nie wieder vor.“

„Die U-Haft hat mir gereicht.“

„Ich will meine Mutter pflegen.“

Gedacht hatten sich die Angeklagten wohl in Wahrheit: „Bloß raus hier.“

Anfang Juli vergangenen Jahres kamen die vier Männer nach Bayreuth. Erst waren drei von ihnen in einer Parfümerie im Rotmaincenter, danach im Müller-Markt. In der Parfümerie erbeuteten sie Waren im Wert von rund 300 Euro, im Müller Markt waren sie weit erfolgreicher: 41 Parfüms im Wert von 2500 Euro schummelten sie mit Hilfe von mit Alufolien präparierten Taschen an den Kassen vorbei. Doch sie wurden gesehen und die für ihre erfolgreichen Fahndungsmaßnahmen in solchen Fällen bekannten Bayreuther Streifenpolizisten waren ihnen schnell auf den Fersen.

Verkehrspolizist erkennt Geflüchtete

Der Tschetschene war der Fluchtfahrer und fuhr auf die Autobahn. Dort wurde der VW Golf des Quartetts gestoppt, zwei Diebe wurden sofort geschnappt, während die beiden anderen zu Fuß flüchten konnten. Lange konnten sie sich darüber nicht freuen, denn als sie kurze Zeit später wieder einmal in einem Auto an Bayreuth vorbeikamen, erkannte sie ein Beamter der Verkehrspolizei und schnappte sie.

Der kurze Prozess wurde durch einen zulässigen Deal zwischen Staatsanwalt Roland Köhler, dem Schöffengericht und den Verteidigern möglich: Für Geständnisse stellte die Justiz Bewährungsstrafen für drei der Angeklagten in Aussicht. Der 25-jährige Turkmene durfte darauf nicht hoffen, denn er hatte die Taten unter offener Bewährung begangen. Dennoch gestanden alle Angeklagten die Beutezüge in Bayreuth und ähnliche Taten in Pegnitz, in Nürnberg und in Neustadt an der Aisch. Und sie gestanden, dass das bandenmäßige Vorgehen von vorneherein von allen so gewollt und abgesprochen war.

Dreimal Bewährung, einmal Haft

So sprach das Schöffengericht drei Bewährungsstrafen in Höhe von knapp unter zwei Jahren für den Moldawier, den Tschetschenen und den Russen aus. Der Turkmene bekam zweieinhalb Jahre Haft aufgebrummt.

Der Moldawier, ein Schafhirte und Analphabet, bekam seinen Anzug zurück, ansonsten hätte er nach den Worten seines Anwalt Stephan Schultheis seiner Entlassung aus der U-Haft nichts anzuziehen.

Die vier Geldbörsen wurden anhand von Ausweisdokumenten und Mitgliedskarten ihren Eigentümern zugeordnet: Der Gerichtsvorsitzende Torsten Meyer ließ seine Protokollführerin peinlich genau notieren, in welcher Börse welcher Inhalt war. In der Börse des Turkmenen fanden sich 50 Euro und die Visitenkarten von Strafverteidigern.

Wem die Baseballkappe gehörte? Auf diese Frage hin hob der Fluchtfahrer die Hand.

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